„Die Nerven verloren“

Eigene Mutter erschlagen: Einweisung für Sohn (25)

Wien
12.11.2018 12:29

Weil er seine Mutter an ihrem 65. Geburtstag unter Einfluss einer psychischen Erkrankung getötet hat, ist ein 25-Jähriger am Montag am Wiener Straflandesgericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Die Entscheidung ist bereits rechtskräftig.

Der junge Mann, der gerade die Bachelor-Prüfung seines Architekturstudiums abschloss, entwickelte einen Monat vor der Bluttat eine paranoide Schizophrenie, ließ sich jedoch nicht dagegen behandeln. Am 10. April kam er nach seinem ersten Praktikumstag nach Hause und spürte, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Der junge Mann lebte seit Jahren mit der gebürtigen Filipina allein, der Vater hatte vor Jahren die Familie verlassen. Die Frau sah in ihrem Sohn einen Partnerersatz, wie die psychiatrische Sachverständige Gabriele Wörgötter in ihrer Expertise ausführte, und belastete den jungen Mann mit all ihren Problemen. Die 65-Jährige hatte als Putzfrau wenig Geld zum Leben, ihre ganze Hoffnung setzte sie in den 25-Jährigen, der Mithilfe seines Architekturstudiums in Zukunft auch die Familie auf den Philippinen finanziell unterstützten sollte.

(Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)

„Ich wollte das nicht wahrhaben"
Einen Monat vor der Bluttat am 5. März machte sich seine psychische Erkrankung zum ersten Mal bemerkbar. Am Hauptbahnhof pöbelte er lautstark Passanten an, die schlussendlich die Polizei alarmierten. Der 25-Jährige wurde auf eine psychiatrische Abteilung eines Wiener Krankenhauses gebracht, wo paranoide Schizophrenie diagnostiziert wurde. „Ich war jahrelang gesund. Ich konnte das einfach nicht glauben. Ich wollte das nicht wahrhaben“, sagte der Betroffene zu Richter Andreas Böhm. Trotz Abraten der Ärzten verließ er das Spital, sein Vater holte ihn ab und für einen Monat wohnte er bei ihm. Die Medikamente, die ihm verschrieben wurden, setzte er aufgrund der starken Nebenwirkungen bald wieder ab. Nach einigen Wochen packte ihn aber das schlechte Gewissen der Mutter gegenüber und zog wieder zu ihr.

„Die Nerven verloren“
Am 10. April war er am Weg von seinem ersten Praktikumstag nach Hause. Bereits auf seiner Heimfahrt bildete er sich plötzlich ein, dass ihm in Guntramsdorf eine Wohnung zur Verfügung gestellt wurde und dort seine Frau auf ihn warten würde. Als er an der Tür einer wildfremden Frau anläutete, jagte ihn diese weg. „Ich hatte Paranoia, ich hab‘ Stimmen gehört, wo niemand war, Dinge gesehen, die nicht da sind; ich hab‘ fantasiert“, berichtete der 25-Jährige.

Zu Hause angekommen, verspürte der Betroffene eine innere Unruhe, habe sich krank gefühlt. Das bemerkte auch seine Mutter, die sich in Sorge auch telefonisch an seinen Vater wandte. In ihrer Besorgtheit hatte sie ihren Sohn immer wieder gefragt, was los sei. Da habe er „die Nerven verloren“ und auf den Kopf der Frau eingeschlagen und eingetreten. „Das war aber nicht mehr ich“, meinte der junge Mann. „Die Wut hat mich beherrscht.“ Die Frau starb schlussendlich an einer Luftembolie aufgrund des Schädelbasisbruches. „Ich leide noch immer darunter. Ich bin der einzige, der um sie trauert.“

Die 65-jährige Philippinerin sei mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen worden, berichtete die Polizei. (Bild: Andreas Schiel)
Die 65-jährige Philippinerin sei mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen worden, berichtete die Polizei.

Sprung aus erstem Stock
Nach der Tat rief der 25-Jährige seinen Vater an und berichtete, er habe „die Mama umgebracht“. Der Vater verständigte die Polizei. Als WEGA-Beamte am Tatort eintrafen, stand der junge Mann beim Fenster der im ersten Stock gelegenen Wohnung und schrie unverständliche Worte. Nachdem er gesprungen war, wurde er festgenommen. Er gab zu, seine Mutter getötet zu haben. Er habe sich unter Druck gesetzt gefühlt, weil sich die Filipina für ihren Sohn einen guten Job wünschte, weil damit auch die Familie in der Heimat unterstützt werden könne. 

(Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)

Ausraster in Zelle
Am Tag danach, als der 25-Jährige im Polizeianhaltezentrum auf der Roßauer Lände untergebracht war, entwickelte er erneut einen raptusartigen Zustand, erläuterte Wörgötter. Laut Staatsanwältin zog er sich nackt aus, stellte sich auf eine Bank beim Fenster und schrie unverständlich. Zuvor hatte er den Abfluss des Zellen-Waschbeckens verstopft und das Wasser aufgedreht, sodass der Zellenboden völlig überflutet war. Er meinte, er wollte die Beamten „taufen“. Als Justizwachebeamte zu Hilfe eilten, ging er auf diese los.

Zurechnungsunfähig
Aufgrund der daraufhin erneut diagnostizierten Schizophrenie war der 25-Jährige laut Wörgötter zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig und damit nicht schuldfähig. Ansonsten wären ihm Mord, Widerstand gegen die Staatsgewalt und schwere Körperverletzung vorgeworfen worden. Die Sachverständige riet zu der Einweisung in eine Anstalt. Wörgötter stellte dem jungen Mann jedoch eine besonders günstige Prognose in Aussicht, da er bisher unbescholten ist, die Erkrankung relativ schnell behandelt wurde und er auf die Behandlung nun gut ansprechen würde. Allerdings werde der Betroffene daran arbeiten müssen, wie er mit Konfliktsituation in Beziehungen in Zukunft umgehen wird müssen.

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