„Wie Schwerverbrecher“

Kindergarten schwärzt Gesichter wegen Datenschutz!

Ausland
02.08.2018 11:30

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) treibt kuriose Blüten: So hat ein Kindergarten in Deutschland jetzt die Fotos der Kinder in einer Jahresabschlussmappe geschwärzt - auch die Erzieherinnen sind nicht mehr zu erkennen. Selbst der Heilige St. Nikolaus, auf dessen Schoß die Kinder für Aufnahmen sitzen, wurde mit einem schwarzen Balken vor den Augen versehen. „Die sehen aus wie Schwerverbrecher“, reagierten die Eltern mit Unverständnis.

Auch hierzulande sind sie ein fester Bestandteil vieler Kindergärten: Jährliche Fotoalben, die Kinder und Eltern später an die Zeit in der Betreuung, vor allem an Freunde und die Highlights des Kindergartenjahres, erinnern sollen. Werden solche Alben heute vom Kindergarten auch online zur Verfügung gestellt, fehlen oftmals Aufnahmen, auf denen Gesichter anderer Minderjähriger zu erkennen sind - oder diese werden für die digitalen Kopien unkenntlich gemacht.

Die Kindertagesstätte St. Katharina in Dormhagen in Nordrhein-Westfalen hat die Angst, gegen die verschärften Datenschutz-Regelungen zu verstoßen, aber zu einer fragwürdigen Vorgehensweise getrieben. Denn auf den Fotos, liebevoll mit handschriftlichen Eintragungen versehen, in der aktuellen Abschlussmappe wurden sämtliche Gesichter außer jenes des Kindes, für das die Mappe bestimmt ist, mit Edding geschwärzt: egal ob Kinder und Erzieherinnen im Theater oder am Spielplatz - und sogar der Nikolo, der die Kinder in der Weihnachtszeit besuchte, viel der Zensur zum Opfer.

Empörte Mutter: „Das ist unfassbar“
„Das ist unfassbar. Als ich die Mappe zum ersten Mal durchblätterte, hatte ich einen Kloß im Hals! Alle Gesichter sind mit einem dicken Stift übermalt, in der anderen Gruppe wurden sogar Balken über die Augen gemacht. Die sehen aus wie Schwerverbrecher“, empörte sich die Mutter eines betroffenen Kindes gegenüber der „Bild“-Zeitung über die Vorgehensweise. Sie und viele anderen Eltern können nicht verstehen, warum die Erinnerungsfotos an die Kindergartenzeit so verunstaltet wurden.

Die Unklarheiten des seit 25. Mai 2018 geltenden neuen Gesetze mit dem sperrigen Namen EU-Datenschutzgrundverordnung hatten die Betreiber des Kindergartens dermaßen verunsichert, dass sie sich kurzerhand zu der fragwürdigen Bilder-Zensur entschieden. Und sie sind nicht allein, wie deutsche Medien berichten.

Kindergartenleiterin: „Ein hochsensibles Thema“
Viele Einrichtungen, so auch Kindertagesstätten, seien aufgrund der DSGVO nicht sicher, wie sie mit Bildern umgehen sollen, die sie zu Dokumentationszwecken oder als Erinnerung machen lassen. „Es ist juristisch ein hochsensibles Thema“, wird die Leiterin des Kindergartens in Dormhagen zitiert. „Ich habe nur die Weisung des Trägers befolgt.“ Sogar eine eigene Schulung habe sie als Verantwortliche erhalten.

Künftig, erzählen Eltern, wolle der Kindergarten St. Katharina die Gruppenbilder sogar komplett aus der Abschlussmappe streichen.

Hierzulande machte sich zuletzt ein Salzburger Fleischer mit einem ironischen Schild über die DSGVO lustig - und wurde damit prompt zum viralen Internet-Hit.

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