Mitten im Asylstreit

Kurz bei Merkel in Berlin: „Der ist auch okay“

Ausland
12.06.2018 21:42

Nach seiner dreitägigen Israel-Visite ist Bundeskanzler Sebastian Kurz am Dienstag nach Deutschland weitergereist, wo er am Abend von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin empfangen worden ist. Der Kanzler platzte damit direkt in den Asylstreit zwischen Merkel und dem deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU). Zwischen den beiden scheint ein Machtkampf ausgebrochen zu sein, was die neue Asylreform betrifft. Beim Thema EU-Außengrenzschutz zeigten Merkel und Kurz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz Einigkeit: „Ich glaube, es gibt Übereinstimmung darin, den Außengrenzschutz zu verstärken“, sagte Merkel. Kurz erklärte, dass Ziel sei, illegale Migration und den Zustrom nach Europa zu stoppen.

„Wir sind immer für ordentliche europäische Lösungen“, führte Kurz weiter aus. Gleichzeitig sprach er aber auch die Maßnahmen an, die die österreichische Bundesregierung gesetzt habe, um den Zustrom zu reduzieren: Die Verstärkung der Außerlandesbringungen und die Reform der Mindestsicherung, „um als Land nicht mehr so eine Anziehungskraft zu haben“. Dass Migranten „quer durch Europa ziehen“, um dann in Schweden, Deutschland oder Österreich einen Asylantrag zu stellen, „entspricht nicht den Dublin-Regeln“, betonte Kurz. Eine starke europäische Lösung könne „nur ein funktionierender Außengrenzschutz sein. Wir müssen entscheiden, wer nach Europa kommt, nicht die Schlepper.“ Die EU-Grenzschutzagentur Frontex solle ausgebaut und in ihrem Mandat gestärkt werden.

„Erst wenn wir die Grenzen nach außen effektiv schützen können, werden wir die Grenzen nach innen wieder abbauen können“, so Kurz. Die Aufstockung der EU-Grenzschutzagentur auf 10.000 Mann müsse vor 2027 abgeschlossen werden. Frontex solle außerdem mit einem politischen Mandat ausgestattet werden, um mit Drittstaaten Kooperationen eingehen zu können. „Frontex muss aber vor allem verhindern, dass Menschen im Mittelmeer ihr Leben verlieren und sie an Außengrenzen zurückführen und versorgen“, sagte der Bundeskanzler.

Merkel betonte, es sei „wichtig, nachhaltige Lösungen“ in der Asylfrage zu haben. „Veränderungen sollten gemeinsam stattfinden. Wir brauchen aber Veränderungen“, erklärte Merkel. Sie sei dagegen, dass das Land, in dem die Flüchtlinge zuerst ankommen, die gesamte Verantwortung trage.

Europa steckt in schwieriger Situation
Einig waren sich die beiden Regierungschefs auch darüber, dass Europa gerade in einer schwierigen Situation stecke. Zudem herrsche Einigkeit darüber, dass „ Europa geeint sein muss, stark sein muss“, wie die deutsche Bundeskanzlerin betonte. Kurz erklärte, dass dies durch eine Fokussierung auf die wichtigen Fragen geschehen könne. Er bekannte sich neuerlich zur Subsidiarität.

Kurz wird am Mittwoch Seehofer treffen. Seehofer hatte die Vorstellung seines sogenannten Masterplans zur Asylpolitik am Montag kurzfristig verschoben. Hintergrund sind laut deutscher Nachrichtenagentur dpa Differenzen mit Merkel in der Frage, welche Flüchtlinge künftig an der deutschen Grenze abgewiesen werden sollen. Der Plan Seehofers sieht nach Medieninformationen vor, Migranten zurückzuweisen, die bereits in einem anderen europäischen Land als Asylsuchende aufgetreten sind. Merkel drängt hingegen auf gemeinsame europäische Lösungen. Sollte Deutschland tatsächlich verstärkt Flüchtlinge an der Grenze abweisen, wäre Österreich vermutlich am stärksten betroffen.

Seehofer hatte vor einiger Zeit auch den Integrationsgipfel mit der deutschen Kanzlerin abgesagt. Es ist das erste Mal, dass ein Innenminister nicht an einem Integrationsgipfel teilnimmt. Seehofer lässt sich von einem Staatssekretär vertreten. Die Bevorzugung eines Meinungsaustauschs mit dem österreichischen Regierungschef sorgte für weitere Spekulationen über Zerwürfnisse zwischen Seehofer und Merkel in der Flüchtlings- und Migrationspolitik.

Trotz allem beantwortete Merkel die Frage von Kurz bei der Begrüßung in Berlin, wie es ihr gehe, knapp, aber positiv: „Gut“, sagte sie. In dem Moment schrie eine Gruppe Schüler, die am Zaun des Bundeskanzleramtes standen, begeistert auf. Es handelte sich um Anhänger Merkels: Sie stimmten „Angela“-Chöre ein. Gefragt nach Kurz sagten sie: „Der ist auch okay.“ Aber: „Angela ist die beste“.

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