Massaker am Golan

Ex-Soldat: „Befehl lautete: Nicht einmischen!“

Österreich
28.04.2018 17:10

Dass österreichische Blauhelme im Jahr 2012 womöglich ein Blutbad an neun syrischen Geheimpolizisten am Golan bewusst zugelassen hätten, wirbelt weiter viel Staub auf. Nun verteidigt ein ehemaliger Bundesheer-Soldat seine Kollegen vehement: „Der Befehl lautete: Nicht einmischen!“, sagte Markus H. Wenn die Blauhelme die Syrer vor einem Angriff mutmaßlicher Schmuggler gewarnt hätten, wären sie selbst „auf der Abschussliste der Bewaffneten gestanden“.

„Sie haben zu 100 Prozent korrekt gemäß unserem Auftrag gehandelt“, sagte der Steirer, der selbst ein Jahr lang am Golan im Einsatz war und die auf den von einem Whistleblower zugespielten Videoaufnahmen zu hörenden Soldaten erkannt hat, gegenüber den „Salzburger Nachrichten“. „Die Sprüche auf dem Video sind derbe und nicht korrekt, aber man muss bedenken, die Sprüche stammen von jungen Burschen, die unter Stress stehen“, so der Soldat.

Befehl per Funk vom Kommandanten
Der entscheidende Befehl sei per Funk vom Kommandanten der Kompanie gekommen und auch richtig gewesen, sagte H. „Man muss das nur weiterdenken. Die Österreicher sehen einen Hinterhalt von Schwerbewaffneten, sie warnen die syrischen Polizisten, der Hinterhalt fliegt auf. Dann wären die UN-Soldaten auf der Abschussliste der Bewaffneten gestanden“, argumentierte der Soldat. Er war bei dem Einsatz im September 2012 nicht dabei, gehörte aber jener 50-köpfigen Kompanie an, die nun ins Zwielicht geraten ist.

„Hatten keine kugelsicheren Westen“
Bei einer Warnung an die Syrer wären die Österreicher selbst im Sarg nach Hause gekommen. „Die Österreicher hatten keine kugelsicheren Westen und jeder 30 Schuss Munition. Wir waren nicht dort, um zu kämpfen, und auch nicht, um uns in den innersyrischen Konflikt einzumischen“, betonte er. Der Soldat widersprach damit der Einschätzung des Völkerrechtlers Manfred Nowak, demzufolge die Blauhelme die Pflicht gehabt hätten, die Syrer vor dem Hinterhalt zu warnen. Schlimmstenfalls könnte den Bundesheer-Soldaten eine Anklage wegen Beihilfe zum Mord drohen, weil sei den neun syrischen Geheimpolizisten „wider besseres Wissen eine falsche Auskunft gegeben“ hätten, so Nowak.

UNO und Kunasek verlangen Aufklärung
Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) setzte wegen des Vorfalls eine Untersuchungskommission ein, die ihre Tätigkeit am Samstag aufnahm. Die Vereinten Nationen reagierten ebenfalls auf das „verstörende Video“ und kündigten an, dieser Frage gemeinsam mit den österreichischen Behörden „aktiv“ nachgehen zu wollen. „Die UNO erwartet von ihren Blauhelmen, dass sie zu aller Zeit die höchsten professionellen und ethischen Standards zeigen und befolgen“, sagte ein Sprecher.

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