Frau Landesrätin, wie haben Sie das ORF-„Sommergespräch“ mit BZÖ-Chef Josef Bucher empfunden? Schmerzt Sie, dass eine Wiedervereinigung des dritten Lagers immer unwahrscheinlicher wird?
Barbara Rosenkranz: Die FPÖ hat den Platz der Partei des dritten Lagers alleine eingenommen, und das hat sich in diesem „Sommergespräch“ auch ganz genau gezeigt. Die selbst gewählte Position des BZÖ-Obmanns muss man ernst nehmen, er möchte auf den Spuren Guido Westerwelles von der FDP wandeln. Das braucht man gar nicht mehr groß kommentieren.
Heißt das, dass das BZÖ liberaler ist als die FPÖ?
Rosenkranz: Solch „liberale“ Projekte sind in Österreich bereits mehrfach probiert worden, und sie haben bekanntlich überhaupt nicht funktioniert.
Insbesondere kritisiert Josef Bucher den Umgangston, den die FPÖ beim Thema Ausländer pflegt. Wie sehen Sie das? Wünschen Sie sich bisweilen eine andere Wortwahl?
Rosenkranz: In Wahlkämpfen müssen die Botschaften zugespitzt formuliert werden. Selber ziehe ich einen moderaten Tonfall vor.
Bei den Landtagswahlen 2008 konnten Sie in Niederösterreich die FPÖ-Stimmen verdoppeln. Ging das nur mit moderaten Tönen?
Rosenkranz: Ich bin im Tonfall verbindlich, aber bei den Inhalten sehr klar. Wir hatten unseren Wahlkampf unter die Themen Sicherheit und Identität gestellt. Österreich muss auch das Österreich unserer Kinder bleiben.
Da Sie für klare Botschaften sind: Wie wollen Sie für mehr Sicherheit sorgen? Genügt es, mehr Beamte in den Polizeidienst aufzunehmen, oder ist die Eigenverantwortung des Bürgers gefordert?
Rosenkranz: Selbst unsere politischen Mitbewerber haben mittlerweile festgestellt, dass die Kriminalität in Österreich seit der Öffnung der Grenzen dramatisch angestiegen ist. Mein Vorschlag ist es, die Grenzkontrollen zumindest so lange wieder einzuführen, bis die 2000 Polizisten, die jetzt zusätzlich aufgenommen werden, eingeschult sind. Das wäre in ungefähr zwei Jahren. Diese Möglichkeit besteht, sie ist auch im Schengen-Abkommen vorgesehen, falls es dringende Gründe wie zum Beispiel den eklatanten Anstieg der Kriminalität gibt.
Als es zur Ratifizierung des Lissabon-Vertrages kam, waren Sie jedoch die einzige Abgeordnete, auch die einzige der FPÖ, die im Parlament dagegenstimmte. Warum konnten Sie sich in der Partei nicht durchsetzen?
Rosenkranz: Sie können sich vielleicht erinnern, dass sich wenige Wochen vor dieser Abstimmung die eingangs beschriebene Gruppe von der FPÖ abgespalten hatte und somit ein gewisses Chaos herrschte. Mittlerweile hat sich die Situation geändert, nicht nur innerhalb der Freiheitlichen. Das Urteil des deutschen Verfassungsgerichtshofes in Karlsruhe, das übrigens von allen heruntergespielt wurde, sagt klar aus, dass die EU-Verfassung Bundesstaaten und nicht einen Staatenbund schaffen würde und dass eine solche grundlegende Veränderung nach einer Volksabstimmung verlangt.
Plant die FPÖ konkrete Schritte als Konsequenz zur Debatte in unserem Nachbarstaat?
Rosenkranz: Wir werden die Klage beim Verfassungsgerichtshof einreichen, sobald der EU-Vertrag in Kraft tritt. Vorher gibt es bei uns, im Gegensatz zu Deutschland, leider keine rechtlichen Möglichkeiten.
Sie sind seit mehr als einem Jahr Landesrätin in Niederösterreich. Können Sie mit Ihren Standpunkten bei Landeshauptmann Erwin Pröll punkten?
Rosenkranz: Der Landeshauptmann hat ein sehr gutes Gespür für die Stimmungen in der Bevölkerung und setzt dies dann auch um. Beim Thema EU-Vertrag wird er jedoch nicht von der Linie der Bundes-ÖVP abweichen können.
Würden Sie ihn lieber als Landeshauptmann von Niederösterreich oder als Bundespräsidenten sehen?
Rosenkranz: Ich gebe jetzt sicher keine Wahlempfehlung für Erwin Pröll ab.
Sind Sie allgemein der Meinung, dass es mehrere Kandidaten für das erste Amt im Staat geben sollte?
Rosenkranz: Davon bin ich überzeugt.
Wird die FPÖ einen Kandidaten unterstützen?
Rosenkranz: Ich bin absolut der Meinung, dass die FPÖ dem Wähler ein Angebot stellen sollte.
Sie wurden bereits öfter in einem solchen Fall als Kandidatin gehandelt. Wie sieht es jetzt aus, gibt es Pläne?
Rosenkranz: Ich wurde noch nicht gefragt. An sich würde ich es als gutes Zeichen werten, wenn auch einmal eine Frau dieses Amt einnimmt. Obwohl es für mich kein ausschlaggebendes Argument sein darf, dass man eine Frau dafür will.
Hat es Sie geschmerzt, dass Sie 2006 nur knapp nicht ein weiteres hohes Amt der Republik bekleiden durften, nämlich jenes der Dritten Nationalratspräsidentin?
Rosenkranz: Natürlich war es etwas enttäuschend.
Wie beurteilen Sie die Aussagen des aktuellen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf?
Rosenkranz: Ich werde ihn jetzt nicht öffentlich kritisieren. Jeder hat seinen eigenen Stil, und jeder findet auch an manchen Gruppen großen Gefallen, während es andere weniger tun.
Ihr Ehemann Horst Rosenkranz gilt politisch weitaus rechts stehender als Sie selber, öffentlich äußern Sie sich dazu jedoch nicht. Warum?
Rosenkranz: Bei uns findet die Diskussion zuhause und nicht in der Öffentlichkeit statt. Dabei kommt es durchaus vor, dass wir unterschiedliche politische Positionen vertreten.
Sie sind zehnfache Mutter. Hat sich im Laufe der vergangenen Jahre das Verständnis für die Verbindung von Beruf und Familie verändert?
Rosenkranz: Offenbar nicht, sonst würden Frauen sich für mehr Kinder entscheiden. Die Gesellschaft, die vielen schönen Fernsehsendungen propagieren die Großfamilie nicht als erstrebenswerte Perspektive.
Das Glamour-Paar Angelina Jolie und Brad Pitt zieht unter großem Interesse der Öffentlichkeit sechs Kinder groß ...
Rosenkranz: Ja, an der Hollywood-Front tut sich was. Und egal, ob Feministinnen wie Alice Schwarzer dies nun kritisieren oder es sich tatsächlich um eine Form der Eigen-PR handelt, man merkt doch, dass damit bei den Menschen ein Nerv, eine Sehnsucht nach der großen, heilen Familie getroffen wird. Junge Menschen wollen zum Großteil Kinder bekommen, heiraten und glücklich miteinander leben. Es ist Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen für die Erfüllung dieses Wunsches zu erfüllen.
Geben Sie Ihrem frisch getrennten Partei-Chef H.-C. Strache auch Beziehungstipps?
Rosenkranz: Nein, ich kann nur sagen, dass er ein sehr gutes Verhältnis zu seinen Kindern hat. Dass der Liebespartner wie in meinem Fall auch der Lebenspartner ist, dazu braucht es auch ein bisschen Glück, das ist keine Leistung.
von Nadia Weiss, Kronen Zeitung
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