Reifes Alterswerk

Bob Dylan: “Together Through Life”

Musik
29.04.2009 12:53
"I don't believe in Zimmermann" hat John Lennon anno 1970 in seinem Song "God" über Bob Dylan gesungen. Würde die 1980 ermordete Beatles-Legende, die kurz vor ihrem Tod auf Demo-Tapes noch einen Dylan-Song durch den Kakao gezogen und den Gesangstil des Rockpoeten parodiert hat, noch leben und das neue Album von Robert Allen Zimmermann (so der bürgerliche Name von Dylan) kennen, sie würde ihre Meinung wohl sofort ändern - wegen "Together Through Life".
(Bild: kmm)

So heißt das inzwischen bereits 33. Studioalbum des knapp 68-jährigen Altmeister, das dieser im vergangenen Herbst unter seinem Pseudonym Jack Frost selbst produziert hat, und das jetzt bei Sony BMG erschienen ist.

Auslöser für das neue Album, so wird kolportiert, soll eine Auftragsarbeit Dylans für den Soundtrack zum neuen Kinofilm von Regisseur Olivier Dahan gewesen sein. Angeblich soll der 67-Jährige bei den Aufnahmen der Ballade "Life Is Hard" (Track 2) derart von der Muse geküsst worden sein, dass er mit seiner Tourband und Gastmusikern, darunter auch Mike Campbell, dem Gitarristen von Tom Pettys Band The Heartbreakers, gleich weitere Songs aufnahm.

Bestimmte zuletzt fast ausschließlich der Blues das musikalische Oeuvre Dylans, so gibt es auf dem sehr beschwingten "Together Through Life" neben Blues auch Cajun-Shuffle-, Soul-, Country- und Rockabilly-Einsprengsel sowie jede Menge Tex-Mex-Anklänge. Für letztere verantwortlich zeichnet Multi-Instrumentalist David Hidalgo von der Band Los Lobos, dessen fantastisches Akkordeonspiel wohl mit ein Grund ist, dass das neue Album deutlich lebensfroher klingt, als der 2006 erschienene, höchst erfolgreiche Vorgänger "Modern Times".

Mr. Zimmermann singt von der Liebe
Grundthemen der neuen Platte sind Veränderung, Romantik und die Liebe. Die zehn Songs, die Dylan zusammen mit Grateful-Dead-Songwriter Robert Hunter geschrieben hat, sind jedoch alles andere als banales Liebesgeflüster. Vielmehr verbirgt sich hinter den Texten, die diesmal etwas einfacher gehalten sind, jede Menge Spott, Sarkasmus und Ironie.

"Together Through Life" wirkt in seiner Gesamtheit ein wenig altbacken. Das beginnt bei Cover und CD, die in der Aufmachung, an alte Platten bzw. Labels aus den 50er- bzw. 60er-Jahren erinnern. Auch der Klang der akustischen Instrumente (Akkordeon, Banjo, Mandoline) sowie die Produktion – die CD klingt als sei sie vor 50 Jahren in den legendären Sun-Studios in Memphis aufgenommen worden - lässt einen unwillkürlich an alte Zeiten denken. Dass "His Bobness", der vor knapp einem halben Jahrhundert sein erstes Album veröffentlicht hat, auf den Silberling nur zehn Songs mit einer Gesamtspielzeit von etwas mehr als 46 Minuten – wie dereinst auf Langspielplatten üblich – gepackt hat, rundet diesen Eindruck ab.

Sammler müssen tief in die Tasche greifen, denn "Together Through Life" kommt in mehreren Versionen auf den Markt: Neben der einfachen CD gibt es eine erweiterte Edition mit einer Dylan-Radiosendung ("Theme Time Radio Hour") auf Bonus-CD sowie einem Interview des Meisters auf DVD, außerdem erscheint das neue Werk auf Doppel-LP.

Fazit: Ein erstaunlich beschwingtes, musikalisches und lyrisches Meisterwerk, das das US-Musikmagazin "Rolling Stone" völlig zu Recht zum Album des Monats gekürt hat.

9 von 10 Punkten

von Wilhelm Eder

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