"120 Jahre nach Hitlers Geburt gibt es immer noch Leute, die Hitlers Gräueltaten leugnen. Das ist nicht nur traurig, sondern auch gefährlich", bemerkte Staatsanwalt Stefan Apostol in seinem Eröffnungsvortrag. Honsik sei nicht "irgendein kleiner Nazi", sondern "einer der führenden Revisionisten", ein "Geschichtsfälscher" und "Blender", dem es darum gehe, in seinen Schriften "nationalsozialistisches Gedankengut wiederaufleben zu lassen". Gerade bei "Leuten mit niederer Bildung, die arbeitslos sind", finde er damit Anklang, stellte der Staatsanwalt fest.
Gesinnungsgenossen im Gerichtssaal
Da regte sich Unmut im Auditorium, in dem auffallend viele ältere Herren in Trachtenjoppen und Lodenjacken saßen. Auch ein paar junge Männer, deren Äußeres zweifelsfrei auf eine rechtsgerichtete Gesinnung schließen ließ, hatten sich im Saal 303 eingefunden. Mit Franz Radl jun. war auch ein prominenter Vertreter jener Kreise vertreten, die Honsik mit seinen Publikationen seit Jahren maßgeblich bedient.
Vortrag einer Ballade als Verteidigungsstrategie
Er bekenne sich "nicht schuldig, weil ich immer nach meinen Überzeugungen gehandelt habe". So verantwortete sich Gerd Honsik vor dem Schwurgericht (Vorsitz: Andreas Böhm). "Die Anklage krankt an vier Punkten", betonte Honsik. Er sei weder Rassist noch Antisemit, Nationalsozialist und Holocaust-Leugner: "Herr Staatsanwalt, Sie haben es mit einem Humanisten zu tun!"
Zum Beweis für seine Schuldlosigkeit trug Honsik, der als Berufsbezeichnung Schriftsteller angab, unter anderem eine selbstverfasste Ballade vor, wobei ihn hörbar die Rührung überkam und ihm die Stimme zu versagen drohte. "Und? Was soll das jetzt?", fragte sich der vorsitzende Richter nach dem Vortrag. "Zum Beweis, dass ich kein Antisemit bin", bemerkte Honsik und ersuchte die Schriftführerin, sein Werk zum Akt zu nehmen.
Er habe "zwei volle Säcke" zu seiner Verteidigung mitgebracht, verwies der Angeklagte auf die Tragetaschen an seiner Seite. Ein Schuldspruch sei "nicht möglich", auch wenn ihn der Staatsanwalt "guantanamomäßig praktisch lebenslang festhalten" wolle.
Nach Verurteilung 1992 geflüchtet
Honsik war schon im Jahr 1992 auf Basis seines Buchs "Freispruch für Hitler?" von Wiener Geschworenen wegen Wiederbetätigung zu eineinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Statt die Strafe anzutreten, setzte er sich während des offenen Rechtsmittelverfahrens nach Spanien ab, wo er 15 Jahre unbehelligt blieb und - so der nunmehrige Vorwurf der Anklagebehörde - seinen Ruf als führender Publizist der rechtsextremen Szene festigte. Auf Basis eines Europäischen Haftbefehls wurde Honsik im August 2007 bei Malaga festgenommen und ausgeliefert.
Die Staatsanwaltschaft lastet dem mittlerweile 68-Jährigen an, während seiner Flucht in seiner Zeitschrift "Halt" und in den Büchern "Schelm und Scheusal" sowie "Der Juden Drittes Reich" einschlägiges, vom Verbotsgesetz umfasstes Gedankengut verbreitet zu haben. Inkriminierter Tatzeitraum: November 1987 bis Jänner 2003.
"Ich hatte kein Unrechtsbewusstsein"
"Ich hatte kein Unrechtsbewusstsein", versicherte Honsik auf Vorhalt der inkriminierten Ausgaben seiner Zeitschrift "Halt!", wo er etwa 1994 explizit bekräftigt hatte, er "bestreite" die Existenz von Gaskammern. Nach seiner Flucht nach Spanien habe bei ihm insofern ein "Umdenken eingesetzt, als ich Formulierungen vermieden habe, die missverständlich sein könnten". Er habe sich "der Gesetzeslage angepasst", rechtfertigte sich Honsik.
Den Staatsanwalt beeindruckte das wenig. Er bescheinigte Honsik eine "Verbrecherkarriere", zumal dieser bereits 1962 nach dem Verbotsgesetz verurteilt worden sei. "Es ist nun einmal Fakt, dass es die Gaskammern gegeben hat", bemerkte der öffentliche Ankläger. Wenn der Angeklagte anderes behaupte, "ist das wie wenn Hitler als Rotkäppchen verkleidet mit der Frau Holle Kaffee trinken gehen würde. Das sind Märchen ohne jede Grundlage".
Verteidiger: "Typischer Schauprozess"
Verteidiger Herbert Schaller ortete "einen typischen Schauprozess". Die Existenz der Gaskammern sei "keine Tatsache", sondern "nur herrschende Meinung". Honsik befinde sich "auf der Seite der anständigen Menschen, der nicht fassen kann, dass das in der Großeltern-Generation passiert sein soll, und es daher genau wissen will. Er bettelt den Staat darum, dass Sachbeweise durchgeführt werden", so der mittlerweile 87-jährige Strafverteidiger und emeritierte Rechtsanwalt.
Im Fall eines Schuldspruchs drohen Honsik bis zu 20 Jahre Haft, da die Anklagebehörde von einer "besonderen Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung" ausgeht.
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