Gift-"Mon Chéri"

Urteil im Fall Hirtzberger noch nicht rechtskräftig

Österreich
06.02.2009 12:13
Vor einem Jahr hat der unglaubliche Kriminalfall wochenlang für Schlagzeilen gesorgt: Am 9. Februar 2008 war der Bürgermeister der Wachauer Marktgemeinde Spitz an der Donau, Hannes Hirtzberger, nach dem Verzehr einer durch Strychnin vergifteten Praline ins Koma gefallen, rang im Krankenhaus tagelang mit dem Tod und ist seitdem ein Pflegefall. Nach intensiven Ermittlungen und DNA-Untersuchungen wurde Ende Februar vergangenen Jahres der Verdächtige Helmut O. festgenommen und im Mai wegen Mordversuchs zu 20 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist aber immer noch nicht rechtskräftig - unter anderem deswegen, weil ein Geschworener bei der Verhandlung einschlief.

Die DNA des Verurteilten hatte sich auf der Grußkarte gefunden, die dem "Mon Chéri" beigelegt war, das der Bürgermeister am Tag zuvor an der Windschutzscheibe seines Wagens gefunden hatte. Die Ermittler hatten das berufliche Umfeld des Opfers durchleuchtet und stießen dabei auf den Verdächtigen, der vor mehr als einem Jahr die Umwidmung eines Weingartens in Bauland beantragt hatte, um dort ein Thermalhotel zu errichten. Da er weder die verlangten Probebohrungen durchführen habe lassen, noch einen Finanzierungsplan für das Projekt vorgelegt habe, gab es keine Genehmigung.

Urteil wegen eines schlafenden Geschworenen nicht rechtskräftig
Der - nicht geständige - Heurigenwirt und Unternehmer wurde im vergangenen Mai am Landesgericht Krems des Mordversuchs schuldig gesprochen. Das Urteil - 20 Jahre Haft - ist nach wie vor nicht rechtskräftig. Dies hat mitunter auch einen durchaus skurrilen Grund: Der Fall liegt wieder beim Landesgericht Krems, das sich nach einem Protokollberichtigungsantrag der Verteidigung mit einem schlafenden Geschworenen während des Prozesses befassen muss, wie Nikolaus Rast, der Anwalt des Verdächtigen, sagte.

Die Causa lag zunächst beim Obersten Gerichtshof (OGH), der nach dem Urteil im Mai 2008 über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft Mitte Jänner entscheiden hätte sollen. Dazu kam es aber vorerst nicht: Nach einem Protokollberichtigungsantrag der Verteidigung ist der Akt nun wieder in Krems. Geklärt werden solle, wie die Causa um den offenbar eingeschlafenen Geschworenen beim Prozess im Mai in der Niederschrift Eingang findet. Rast meinte, dies werde einige Zeit dauern, im Frühling dann der Akt wohl wieder zum OGH gehen. Erst dann könne eine Berufungsverhandlung abgehalten werden.

"Der schläft, das kann es nicht sein", habe Rast damals im Prozess angemerkt. Die Richterin habe den Geschworenen ermahnt, nun werde erläutert, welche Worte damals gefallen seien, so der Sukkus der Aussagen des Juristen.

Anwalt des Angeklagten kritisiert Laiengerichtbarkeit
Rast übte zudem Kritik an der Laiengerichtsbarkeit, die "nicht mehr zeitgemäß" sei. "Noch dazu, wo wir perfekt ausgebildete Richter haben", so der Anwalt. Acht Leute entscheiden bei einem Verbrechen wie Mord "völlig alleine" über Schuld bzw. Schuldlosigkeit des Angeklagten. Rast zog einen pointierten Vergleich aus der Medizin, in Anlehnung an die Vorgabe Einzelrichter, Schöffen- bzw. Geschworenensenat: "Sie haben Schnupfen, der Arzt alleine behandelt sie. Bei Grippe holt sich der Mediziner noch zwei Personen aus dem Volk dazu, und bei einem Herzinfarkt entscheidet nur das Volk, wie vorzugehen ist."

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