Weiter verzögert
Tschechien verschiebt Behandlung von EU-Vertrag
Tschechien, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, ist das letzte Mitgliedsland, das über den Vertrag zur Verfassungsreform der Europäischen Union noch abstimmen muss. Das Haupthindernis für ein Inkrafttreten ist das Nein der Iren in einem Referendum im vergangenen Juni. Irland ist das einzige EU-Mitgliedsland, in dem die Zustimmung der Bevölkerung notwendig war und ist. Der tschechische Vizepremier Alexandr Vondra erwartet eine Abstimmung des tschechischen Parlaments über den Lissabon-Reformvertrag nun in der zweiten Februar-Hälfte. "Wir sind im Zeitplan", betonte Vondra in Straßburg. Er sei zuversichtlich, dass Tschechien die Ratifizierung des EU-Reformvertrages rechtzeitig erfolgreich abschließen werde.
Parteien komplett uneinig
Die konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS) von Premier Mirek Topolanek setzte sich am Mittwoch mit dem Antrag durch, sich frühestens am 17. Februar wieder mit dem Dokument zu befassen und erst dann darüber abzustimmen. Während die ODS ein Gesetz durchsetzen will, das garantieren würde, dass Prag nur mit Zustimmung beider Parlamentskammern Kompetenzen nach Brüssel übertragen darf, fordern die oppositionellen Kommunisten (KSCM) eine Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag. Die oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) von Jiri Paroubek und die zwei kleineren Regierungsparteien - Christdemokraten (KDU-CSL) und Grüne - wollen eine baldige Ratifizierung des Dokuments.
Opposition spricht von "Verzögerungstaktik"
Oppositionschef Paroubek warf der ODS eine "Verzögerungstaktik" vor. Topolanek warnte, dass die CSSD die volle Verantwortung zu tragen habe, sollte der Reformvertrag bei der Abstimmung scheitern. Für den Antrag, die Debatte über den Vertrag erneut zu unterbrechen, haben 115 der 196 anwesenden Abgeordneten gestimmt, vor allem aus den Reihen der Regierungsparteien. Auch die Kommunisten unterstützten den Antrag, weil sie eine Volksabstimmung über das Dokument durchsetzen wollen. Die Debatte zum EU-Reformvertrag wurde auch in den Parlamentsausschüssen noch nicht abgeschlossen. Sowohl der außenpolitische Ausschuss als auch der Ausschuss für europäische Angelegenheiten hatten die Diskussionen darüber unterbrochen.
Vaclav Klaus als letzte hohe Hürde
Unterdessen kursieren in Prag Gerüchte, wonach sich eine Gruppe von ODS-Senatoren erneut an den Verfassungsgerichtshof in Brünn wenden will, um die Vereinbarkeit des Dokuments mit der tschechischen Verfassung zu überprüfen. Dies hatte die ODS bereits 2008 getan, wobei die Verfassungsrichter keinen Widerspruch gesehen hatten. Der Ratifizierungsprozess kann in Tschechien ohnehin erst mit der Unterschrift von Staatspräsident Vaclav Klaus abgeschlossen werden. Klaus selbst ist ein heftiger Kritiker des EU-Reformvertrags und deute bereits mehrfach an, dass er das EU-Abkommen - wenn überhaupt - nicht vor einem zweiten irischen Referendum unterzeichnen werde.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.