Verbotene Gefühle

Ben Whishaw in “Wiedersehen mit Brideshead”

Kino
04.02.2009 14:35
Glaube, Liebe – und keine Hoffnung: „Wiedersehen mit Brideshead“ ist eine brillante Literaturverfilmung mit britischer Starbesetzung, die eines der spektakulärsten Herrenhäuser Englands zur wunderbar stimmigen Kulisse macht. Wenn Amor und Psyche in den freundschaftlichen Reigen dreier Menschen eingreifen, wird daraus schnell ein amouröses Verwirrspiel. Während die Nähe noch sanfte Toleranz übt, fordert die Leidenschaft eine Zweisamkeit, die nach Verrat schmeckt. Doch letztlich ist ein jeder in seiner Sehnsucht und deren Erfüllung auf sich selbst zurückgeworfen. Was bleibt, sind Momente der Nähe voll geräuschloser Erhabenheit. Und hinter den blinden Scheiben in leeren Hallen schlägt nur der zugige Wind des närrischen Schmerzes die Türen...

Brideshead: Sehnsuchtsdestination und feudaler Adelssitz der englischen Familie Marchmain in dem von Evelyn  Waugh verfassten Roman „Brideshead Revisited“, der drei Dekaden, von den 20er- bis zu den 40er-Jahren umspannt, -  ein brillantes Stück englischsprachiger Literatur, in nur vier Monaten von dem von der Army beurlaubten Waugh im Frühjahr 1944 geschrieben und 1945 veröffentlicht.

Es ist dies ein Schwanengesang auf den Zerfall der katholischen britischen Aristokratie, ein schillerndes Sittenbild von epischer Breite, dessen Essenz die Liebe zwischen dem Außenseiter und Oxford-Studiosus Charles Ryder und dem exzentrischen adeligen Geschwisterpaar Sebastian und Julia Flyte ist, - eine Passion, die letztlich mit der tiefgläubigen Prägung der Marchmains kollidiert. Ja, ein sinnliches Dreieck, dessen spielerische Gleichseitigkeit auf einer Reise nach Venedig im Karnevalstrubel für immer erschüttert wird…

Wiedersehen mit „Parfum-Monster“ Ben Whishaw
Kein Leichtes, ein filmisches Äquivalent für die poetische Prosa eines Evelyn Waugh, ehemals selbst Student in Oxford am Hertford College und von der Upper Class fasziniert, zu finden, obschon der brisante Stoff bereits Mitte der 80er-Jahre für eine Fernsehserie Pate stand. Unter der Regie von Julian Jarrold („Becoming Jane“) kommt „Brideshead Revisited - Wiedersehen mit Brideshead“ nun als pittoreskes Sittengemälde in unsere Kinos - exzellent besetzt mit einem ganz und gar britischen Starensemble. So fesseln in den Hauptrollen Matthew Goode („Match Point“), Ben Whishaw („Das Parfum“), Hayley Atwell („Cassandras Traum“), Emma Thompson („Sinn und Sinnlichkeit“) als Lady Marchmain, Michael Gambon („Harry Potter“) und Greta Scacchi („Salz auf unserer Haut“).

Nicht einfach bombastische Film-Kulisse, sondern Drehscheibe emotionaler Verstrickungen ist der Herrensitz von Lord und Lady Marchmain, der in Schloss Howard in Yorkshire seine filmische Entsprechung findet, - ein atemberaubendes Anwesen, das seine architektonische Theatralik zwischen klassizistischem Prunk und  palladischer Strenge feiert, eingebettet in prachtvolle Gartenanlagen zwischen Wasserwegen, Tempeln und Skulpturen.

Landhaus inspirierte Schauspieler
Über hundert Jahre, ab 1699,  hatte man an einem der spektakulärsten Landhäuser Englands - bis heute durchgehend bewohnt - gebaut. Der Hauch vergangener Jahrhunderte inspirierte die Schauspieler vom ersten Tag an.  Ben Whishaw: „Man setzt einen Fuß in dieses Haus und stellt sich vor, dort zu wohnen, und schon verändert man sich.“ Hayley Atwell, die mit kessem Louise-Brooks-Bob Julia Flyte spielt: „Man gleicht sich dem Raum, der Architektur an. Man geht anders, sitzt anders, während man sich vorstellt, man sei hier aufgewachsen!“

Dass Süd-Yorkshire just während der Dreharbeiten zu „Wiedersehen mit Brideshead“ im Sommer 2007 von sintflutartigen Regenstürmen heimgesucht wurde - ja, die Leute fuhren sogar mit dem Kanu zum Pub - merkt man der Literaturverfilmung kaum an,  gab es  doch,  thank god, sonnige Aufhellungen. Simon Howard, launiger Nachfahre einer langen Reihe von Earls, der mit seiner Familie den Ostflügel bewohnt, erwies sich als famoser Gastgeber, der die Filmcrew in den Pausen zu „Teatime, Biscuits and Tennis on TV“ bat, verpasst der Hausherr doch keine Übertragung aus Wimbledon. Adel verpflichtet eben - auch im sportlichen Sinn!

Christina Krisch, Kronen Zeitung

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