Retourkutsche

Palin beschimpft Kritiker als Feiglinge

Ausland
08.11.2008 18:01
Nach Kritik und Spott aus den eigenen Reihen schlägt die gescheiterte US-Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin jetzt zurück. Sie beschimpfte die Kritiker in der Republikanischen Partei als Feiglinge. "Sie trauen sich nicht selbst an die Öffentlichkeit und äußern sich stattdessen über den Fernsehsender Fox", kritisierte Palin am Freitag in Anchorage. Der Sender hatte Kreise aus dem republikanischen Wahlkampfteam mit Kritik an dem umstrittenen Kauf von Kleidern für Palin im Wert von 150.000 Dollar zitiert. Außerdem hielten die Kritiker Palin vor, dass sie nicht gewusst habe, ob Afrika ein Land oder ein Kontinent sei. Ebensowenig habe sie die Mitgliedsländer der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) nennen können.

Palin sagte, diese Vorwürfe seien nicht zutreffend. Sie könne sich erinnern, zur Vorbereitung der Fernsehdebatte der beiden Vizepräsidentschaftskandidaten mit Beratern über Afrika und die NAFTA gesprochen zu haben. Ihre Äußerungen seien aber aus dem Zusammenhang gerissen worden. "Das ist grausam, das ist gemein, das ist unreif", sagte Palin. 

Zum Kauf der Kleidung für ihre Wahlkampfauftritte erklärte sie: "Das sind die Kleider des Republikanischen Nationalkomitees. Es sind nicht meine Kleider. Ich habe niemals jemand gezwungen, irgendetwas zu kaufen."

Unzuverlässige "Diva", eitel und beratungsresistent
"Palin hat keine der wichtigen politischen Debatten der vergangenen zehn Jahre mitbekommen", klagte ein namentlich nicht genannter McCain-Berater nach Informationen des Nachrichtensenders CNN. Und die Behauptungen über unfassbare Wissenslücken der Gouverneurin von Alaska verbreitete ausgerechnet Carl Cameron, Chefkorrespondent des stockkonservativen US-Senders Fox News. Camerons republikanische Quellen schilderten Palin als unzuverlässige "Diva", eitel und beratungsresistent.

Palin als Sündenbock für Niederlage McCains
Palin gilt vielen Republikanern als Sündenbock für die bittere Niederlage McCains. Tatsächlich hatte die 44-Jährige gerade mal auf dem Parteitag der Republikaner und kurze Zeit danach die Parteibasis begeistert - dann gab es nur noch eine schier endlose Kette von Peinlichkeiten und Pannen. 

Auch wenn sie vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs in Alaska freigesprochen worden war, blieb ein schaler Geschmack über Mauscheleien und Machenschaften in dem nördlichsten US-Bundesstaat. Nachdem die streng konservative Palin sich in einem CBS-Interview mit stammelnden, unsicheren Antworten unerwartete Blößen gegeben hatte, wurde sie zur Zielscheibe aller populären Comedy-Shows. Palin drohte zuweilen zu einer Witzfigur zu verkommen; da half es ihr kaum, dass sie selbst - auch McCain tat es - in der Comedy-Sendung "Saturday Night Live" auftrat.

Im Bademantel zum Meeting
Als sich dann noch herausstellte, das Palin über 150.000 Dollar für Edel-Klamotten ausgegeben hatte, war auch ihr gepflegtes Image als bodenständige, volksnahe Frau und Mutter ruiniert. Die "New York Times" berichtete, McCain-Mitarbeiter seien geschockt über Palins Kauf-Eskapaden gewesen.

Schließlich ließ sich die fünffache Mutter dann auch noch von kanadischen Komikern foppen, die sie erfolgreich in ein angebliches Telefongespräch mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy lockten. Selbst als der Moderator den Porno "Naylin' Paylin" als Dokumentation über ihr Leben lobte, bemerkte Palin nichts. Ihren Mitarbeitern gegenüber dürfte Palin nicht so konservativ und zugeknöpft gewesen sein, wie sie sich vor den prüden Konservativen Amerikanern gab. Ein anonymer Republikaner sagte der Zeitschrift "Newsweek", Palin sei im Wahlkampf bei einem Meeting des McCain-Stabes im Bademantel erschienen und habe unentwegt telefoniert.

Palin wollte am Wahlabend Rede halten
Am Wahlabend stand sie eisern lächelnd auf der Bühne des Hotelsaals in Phoenix neben McCain, als dieser in einer viel gewürdigten Rede seine Niederlage erklärte und sehr respektvolle Worte für Obamas historischen Sieg fand. US-Medien zufolge konnte McCain im letzten Moment verhindern, dass Palin selbst eine Rede hielt - was einem Vize traditionell nicht zusteht, zumal viele Republikaner Palins Patzer und oft schrille Art fürchten gelernt haben. Sie sei sehr uneinsichtig gewesen, berichtete CNN, schließlich habe sie in den Händen ein Blatt mit der vorbereiteten Rede gehabt.

In Alaska ist sie immer noch die Queen: "Palin for President"
Es gibt in der Republikanischen Partei aber keineswegs nur Feinde Palins, deren Mitarbeiter auch bestreiten, dass sie Afrika oder Nafta nicht kenne. Viele sehen in der Frau, die sich als Reformerin in Alaska und im Kampf gegen Freunderlwirtschaft Respekt verschafft hat, die Präsidentschaftskandidatin 2012. Man könne sie "lieben oder hassen", dazwischen gebe es wohl kaum etwas, schrieb der konservative "Wall Street Journal". Auf jeden Fall sei sie eine Frau mit bemerkenswertem "natürlichen politischen Talent". Palin trage keine Schuld an der Wahlniederlage McCains, eher die Berater, die Pannen provozierten statt zu verhindern. Als Palin am Donnerstag in Anchorage in Alaska ankam, begrüßten sie ihre Anhänger mit Plakaten und Sprechchören und forderten: "Palin for President".

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