Wüste Szenen in Wien

Akademikerball: Randale, Verletzte, Festnahmen

Österreich
25.01.2014 08:40
Der Akademikerball der FPÖ ist am Freitagabend in Wien von den erwarteten Protesten begleitet worden. Mehrere Demonstrationen gingen in der Innenstadt über die Bühne, nach der offiziellen Auflösung kam es zu Gewalttätigkeiten und Sachbeschädigungen. Aufseiten der Polizei und der Ballgegner gab es Verletzte, es kam zu Festnahmen, und der Vorwurf von Polizeiübergriffen wurde laut. Attacken gegen Ballgäste wurden kaum vermeldet.

Insgesamt 15 Festnahmen wurden von der Exekutive im Zuge der Proteste gegen den von der FPÖ organisterten Akademikerball, an dem auch zahlreiche rechtspopulistische Politiker teilnahmen, durchgeführt. Die Polizei berichtete zudem von 17 Aktivisten und fünf Beamten, die verletzt wurden.

Um 19 Uhr wurde die Kundgebung in der Innenstadt von der Exekutive aufgelöst. Die Polizei zählte insgesamt 6.000 Demo-Teilnehmer. In der Folge startete laut Exekutive eine gewaltbereite Gruppe - es sollen mehr als hundert Personen gewesen sein - beim Stephansplatz ihre Attacken. Es wurden Knaller und Farbbeutel geworfen, Abfalleimer umgeworfen und in die Menge geschleudert. Die Polizei sprach von vielen offenbar ziellosen Sachbeschädigungen. Die Schadenssumme wird auf etwa eine Million Euro geschätzt.

Wild ging es auch am Platz Am Hof zu, wo laut Augenzeugen ein Streifenwagen der Polizei schwer beschädigt wurde und Demonstranten mit Brettern und Steinen auf die dortige Polizeiwache losgingen. Beim Stephansplatz versuchte ein Demonstrant, in eine Bank-Austria-Filiale einzudringen, scheiterte aber am Panzerglas. Laut "Zeit im Bild" gingen in der Wipplingerstraße in der Innenstadt Auslagenscheiben zu Bruch. Gegen Mitternacht hatte sich die Lage allerdings wieder weitgehend beruhigt.

Einsatz vor Akademie der bildenden Künste
Obwohl die Demo-Teilnehmer die Innenstadt bereits weitgehend verlassen hatten, kam es nach den Kundgebungen noch zu einem Polizeieinsatz vor der Akademie der bildenden Künste. Wie die Österreichische Hochschülerschaft in einer Aussendung mitteilte, sei die Akademie mehrere Stunden "eingekesselt" gewesen, mehr als 100 Gäste seien festgehalten worden. Man sprach von einem "massiven Angriff auf den Tag der offenen Tür".

Von Seiten der Polizei hatte es zuvor geheißen, man vermute, dass sich Demonstranten, die zuvor bei Protesten gegen den Akademikerball der FPÖ in der Hofburg strafbare Handlungen begangen haben könnten, in das Gebäude geflüchtet haben. Man habe deren Identität festgestellt, Verhaftungen seien keine erfolgt.

"Willkürlicher Akt von Polizeigewalt"
Von allen Anwesenden seien die Personalien aufgenommen und "etliche von den Einsatzkräften festgehalten und verletzt" worden, teilte die ÖH mit. "Die zeitliche Nähe zu der zuvor stattfindenden Kunst-Auktion zugunsten von Flüchtlingen" lasse "auf einen willkürlichen Akt von Polizeigewalt schließen".

Die "Offensive gegen Rechts" wertete nach den Kundgebungen das Vorgehen als "massive Polizeigewalt", vor der Zentrale des Bündnisses hätten fünf Rettungswägen und zwei Katastrophenzüge auffahren müssen, um die "zahlreichen Verletzten" zu behandeln. Laut FPÖ wurde eine Ballbesucherin mit Schlägen gegen Stirn und Brust attackiert.

Hier die Ereignisse im Überblick:

  • 22.16 Uhr: Polizeisprecher Hahslinger zieht in der "ZiB 2" eine erste Bilanz der Randale. Wie viele Beamte und Demonstranten verletzt wurden, will er nicht beziffern, es gebe "noch keine konkreten Zahlen". Dem Vorwurf der "exzessiven Gewaltanwendung" durch die Polizei setzt er entgegen, dass insbesondere am Stephansplatz unbeteiligte Personen bedroht und zahlreiche Fensterscheiben eingeschlagen worden seien. Das "gelindere Mittel", also etwa der Einsatz von Pfefferspray, sei angemessen gewesen. Auch die Einsatzstärke der Polizei von etwa 2.000 Mann sei "erforderlich" gewesen. Hahslinger verteidigt das großräumige Platzverbot, zumal "massiv" mit Flaschen geworfen und mit Böllern geschossen worden sei - man habe bei der Einrichtung der Sperrzone die Wurfweite berücksichtigt. Das umstrittene Vermummungsverbot habe nur jene Menschen treffen sollen, die "bewusst ihre Identität verbergen wollten, um strafbare Handlungen zu begehen". Journalisten hätten sich letztlich "nach Absprache frei bewegen können", über das Platzverbot für die Medienvertreter gebe es jedoch "unterschiedliche Meinungen", sagt Hahslinger.

  • 21.40 Uhr: Die Polizei berichtet von zumindest zehn Festnahmen und spricht von zahlreichen offenbar ziellosen Sachbeschädigungen. Etwa 500 Demonstranten sind in Parlamentsnähe eingekesselt, im Bereich des Burgtheaters kommt es dagegen kaum noch zu Zwischenfällen. Die FPÖ berichtet von zumindest einem Übergriff von Demonstranten auf eine Ballbesucherin. Die Frau sei gegen Stirn und Brust geschlagen worden.

  • 21.29 Uhr: Weiterhin ist kein Ende der Kundgebungen abzusehen, auch wenn der Ball längst offiziell begonnen und die Polizei die angemeldeten Demonstrationen bereits vor mehr als zwei Stunden für aufgelöst erklärt hat. Die Schwerpunkte liegen derzeit vor dem Parlament und in der Bellariastraße. Bei Prügeleien hinter dem Burgtheater wurden laut Augenzeugen einige Demonstranten verletzt, auch Pfefferspray sei eingesetzt worden. Laut der FPÖ, die den Ball veranstaltet, wurden keine Ballgäste attackiert, lediglich die Zufahrt per Taxi sei vielen erschwert worden.

  • 21.17 Uhr: Die "Offensive gegen Rechts", die einen der drei großen Demo-Züge organisiert hat, stellt ihre Sicht der Dinge dar. Die Polizei habe "unverhältnismäßig hart" gegen die Kundgebungsteilnehmer durchgegriffen, beklagt das Bündnis. Im Pressebüro seien "laufend Meldungen über massive Polizeigewalt und Verletzte" eingegangen, es sei zum Einsatz von Tränengas, Pfefferspray und Schlagstöcken gekommen. Viele verletzte Demonstranten hätten sich an sie gewandt, berichtet die Aktivistin Clara Z.: "Die Personen sahen sehr schlimm zugerichtet aus, es bedurfte eines sehr langen Rettungseinsatzes, um alle zu versorgen. Einige Leute mussten geführt werden, weil sie aufgrund des Pfeffersprays die Augen nicht mehr öffnen konnten. Andere hatten heftige Platzwunden. Wir sind sehr schockiert und danken der Wiener Berufsrettung für ihren schnellen Einsatz." Die Polizei habe dagegen "bereits im Vorfeld der Demonstrationen alles unternommen, um die Lage unnötig aufzuheizen", und im Zuge der Auseinandersetzungen "die Eskalation systematisch vorangetrieben".

  • 21.13 Uhr: Laut ORF halten einzelne Gruppen von Demonstranten immer wieder Taxis an, um so Ballgäste aufzuhalten. Die Polizei habe "alle Hände voll zu tun", um die Lage an den Rändern der Sperrzone um die Hofburg zu kontrollieren.

  • 20.59 Uhr: "Die Gewalt in Österreich kommt von der linken Seite", heißt es in einer ersten offiziellen Stellungnahme der FPÖ. "Die heutigen Gewaltexzesse zeichnen ein eindeutiges Bild", sagt der Landesparteisekretär der Wiener Freiheitlichen, Hans-Jörg Jenewein. "Die Linke hat ihre schwarz verhüllten Stiefeltruppen losgelassen, um eine Spur der Gewalt und Verwüstung durch die Bundeshauptstadt zu ziehen." In der Hofburg fällt in diesen Augenblicken der offizielle Startschuss für den Stein des Anstoßes, den Akademikerball.

  • 20.35 Uhr: Eine erste Bilanz der Ausschreitungen am Platz Am Hof mitten in der City liegt vor. Laut Augenzeugen wurde ein Streifenwagen der Polizei schwer beschädigt, Demonstranten gingen mit Brettern und Steinen auf die dortige Polizeiwache los. Am Stephansplatz hat ein Kundgebungsteilnehmer versucht, in eine Filiale der Bank Austria einzudringen, scheiterte aber am Panzerglas. Nun heißt es, rund 50 Personen hätten es in die Sperrzone vor der Oper geschafft. Die Polizei griff ein, dort kam es zu keinen gewaltsamen Zwischenfällen.

  • 20.10 Uhr: Vereinzelt gehen die Proteste weiter. Mehrere Gruppen von Demonstranten sind nach der Auflösung der großen Züge unkoordiniert in der Innenstadt unterwegs. Der "schwarze Block" wird von der Exekutive hinter dem Burgtheater in der Löwelstraße eingekesselt.

  • 19.57 Uhr: Wie nun bekannt wird, hat sich die Situation am Stephansplatz und in anderen Teilen der Innenstadt aufgeschaukelt, als die Polizei um kurz vor 19 Uhr die Demonstrationszüge für aufgelöst erklärt hat. An den Attacken vor dem Stephansdom seien laut Polizei mehr als hundert Personen bug angegriffen. Dabei sei eine Scheibe zu Bruch gegangen.

  • 19.40 Uhr: Wie die "Zeit im Bild" berichtet, ist es auch in der Wipplingerstraße in der City zu Ausschreitungen gekommen. Einige Fensterscheiben seien zu Bruch gegangen.

  • 19.34 Uhr: Die Polizei korrigiert ihre Angaben zur Teilnehmerzahl deutlich nach oben. Sprecher Roman Hahslinger beziffert diese gegenüber krone.at mittlerweile auf 6.000 Demonstranten. Der aggressive Teil, der sogenannte schwarze Block, habe wiederholt versucht, Polizeisperren zu durchbrechen. Beamte seien dabei verletzt worden, ebenso Demonstranten. Die Polizei habe einige Teilnehmer festgenommen. Derzeit habe sich die Lage am Stephansplatz wieder einigermaßen beruhigt, erfahrungsgemäß gehe die Polizei jedoch davon aus, dass sich die Situation in den kommenden Stunden wieder zuspitzen dürfte.

  • 18.56 Uhr: Die Lage am Stephansplatz droht zu eskalieren. Mistkübel werden auf Polizisten geworfen, mehrere Hundert Demonstranten sind in die Sperrzone eingedrungen und laufen zur Hofburg, wo in etwa zwei Stunden der Akademikerball eröffnet werden soll.

  • 18.50 Uhr: Vom Morzinplatz kommend hat der größte der drei Protestzüge sein Ziel, den Stephansplatz, erreicht. Die Stimmung hat sich zunehmend aufgeheizt, es werden mehr und mehr pyrotechnische Objekte eingesetzt, der Lärmpegel steigt. Einige Teilnehmer versuchen, die Abriegelungen der Polizei zu durchbrechen, einzelnen ist es bereits gelungen, in die Sperrzone in Richtung Hofburg vorzudringen.

  • 18.47 Uhr: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat sich ohne Probleme seinen Weg in die Hofburg gebahnt. Dort erklärt er, es sei bedenklich, dass "Linke und Linksextremisten" gegen einen Wiener "Traditionsball" mobilisierten. Man werde den Ball auch in Zukunft "mit Sicherheit" nicht aufgeben. Das Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit "werden wir uns nicht nehmen lassen".

  • 18.33 Uhr: "No WKR" ist auf dem Morzinplatz angelangt. Ansprachen werden gehalten, dazwischen Parolen geschrien. "Unseren Hass könnt ihr haben", hört man von zahlreichen Teilnehmern, unter ihnen auch einige, die sich über das Vermummungsverbot hinwegsetzen. Insgesamt umfasst die Gruppe laut Polizei etwa 1.000, laut Organisatoren rund 3.000 Personen. Damit ist "No WKR" der größte der drei Protestzüge. Einige Teilnehmer haben bengalische Feuer und Knallkörper mitgebracht, gegen die Polizei werden teils aggressive Sprechchöre gerichtet ("Die spinnen, die Bullen, die Schweine").

  • 18.26 Uhr: Insgesamt sind laut Polizei rund 1.700 Menschen auf der Straße, um gegen den Akademikerball zu protestieren. Die Organisatoren sprechen von einer weit höheren Zahl, nämlich von bis zu 5.000 Teilnehmern. Seit knapp einer halben Stunde sind die drei Züge in der Wiener Innenstadt in Bewegung, gröbere Zwischenfälle gibt es nicht.

  • 18.18 Uhr: Jener Demo-Zug, der kurz vor 18 Uhr vom Bahnhof Wien-Mitte gestartet ist, erreicht den Schwedenplatz. Auf der bisher zurückgelegten Strecke wurden einige Farbbomben geworfen, größere Krawalle sind ausgeblieben. Weitere Ziele sind der Morzinplatz und der Stephansplatz.

  • 17.57 Uhr: Der "No WKR"-Protestzug setzt sich vom Bereich Wien-Mitte aus in Bewegung. 700 bis 800 Teilnehmer haben sich mittlerweile eingefunden, die Stimmung ist angespannt. Der Weg führt zunächst zum Morzinplatz, wo eine Kundgebung geplant ist. Gegen 20 Uhr sollen die Demonstranten den Stephansplatz im Herzen der Stadt erreicht haben.

  • 17.32 Uhr: "Wir als Journalisten müssen ungehindert über die Vorkommnisse des Balles in allen Facetten berichten dürfen. Platzverbote, Zutrittshürden, die Beschränkung der Zeit und die angekündigte Begleitung durch die Polizei machen dies unmöglich", verlautbart der Redakteursrat von Puls 4. "Wir bitten Sie daher, dafür zu sorgen, dass alle Journalisten ungehindert über den Akademikerball in der Hofburg berichten können, und etwaige Behinderungen zu unterlassen", heißt es in Richtung von Polizeipräsident Pürstl.

  • 16.58 Uhr: Vor dem Bahnhof Wien-Mitte haben sich etwa 200 Demonstranten versammelt. Von dort soll einer der drei Protestzüge starten. Die Stimmung ist friedlich, die Polizei rechnet damit, dass sich die Demonstranten etwa zwischen 18 und 18.30 Uhr in Bewegung setzen.

  • 16.28 Uhr: Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisiert das Platzverbot für Journalisten. "Das ist das Ende der Pressefreiheit", erklärt Österreich-Präsidentin Rubina Möhring. Derartige Zensurmaßnahmen ließen sich weder mit der österreichischen Verfassung noch mit der EU-Grundrechte-Charta vereinbaren.

  • 15.38 Uhr: Der ORF-Redakteursrat wendet sich mit einem offenen Brief an den Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl. Darin wird gefordert, die Berichterstattung nicht zu behindern und "Journalisten den ungehinderten Zutritt zu ermöglichen. Es kann nicht im Ermessen der Polizei liegen, darüber zu bestimmen, wann, wo und wie lange der Zutritt zu einem Ereignis für die Berichterstattung erforderlich ist". Die Regelung, wonach Journalisten nur zu bestimmten Zeiten und in Begleitung eines Pressesprechers die Sperrzone betreten dürfen, sei "der Versuch einer Zensur, der in einem demokratischen Land unzulässig ist".

  • 13.39 Uhr: Die Polizei rechtfertigt sich für das Platzverbot. Grund für die Einschränkungen sei die "potenzielle Gefährdungslage", der auch Journalisten ausgesetzt seien. Damit reagiert die Exekutive auf anhaltende Kritik in sozialen Netzwerken. Journalisten sollen "nicht zuletzt vor etwaigen Körperverletzungen durch Wurfgegenstände und dergleichen" geschützt werden. Das Verbot für Journalisten wurde "insofern gelockert, als dass sie zu bestimmten Zeiten und wenn der Bedarf besteht in Begleitung eines Pressesprechers in die Zone hinein dürfen". Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser kündigt "ein parlamentarisches Nachspiel" an.

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