Stimmen zum Urteil

“Diese Entscheidung ist kein Anlass für Emotionen”

Österreich
01.07.2016 13:57

Jetzt ist es fix: Die Stichwahl zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer um das Amt des Bundespräsidenten muss wiederholt werden. Van der Bellen wird dazu gegen 14.30 Uhr in einer Pressekonferenz Stellung nehmen. Die FPÖ gibt um 15 Uhr eine Pressekonferenz. Die Staatsspitze um Bundeskanzler Christian Kern gab bereits kurz nach der Entscheidung ein Statement ab. Auch FPÖ-Kandidat Norbert Hofer, der nun in seiner Funktion als Dritter Nationalratspräsident kurzzeitig die Geschäfte eines Staatsoberhauptes mitübernehmen darf, äußerte sich bereits.

Bundeskanzler Kern betonte, dass man den Wahlbeisitzern keine Schuld zuschieben solle: "Wir brauchen diese Menschen, sie stehen mit ihrem Engagement dafür ein, dass wir unseren demokratischen Rechten nachkommen können." Das Urteil des Verfassungsgerichtshofes solle "kein Anlass für Emotionen sein", so Kern. "Es zeigt lediglich, dass unser Rechtsstaat funktioniert."

Der Kanzler wünschte sich einen kurzen Wahlkampf, besonders wichtig sei ihm, dass "die Bürgerinnen und Bürger Österreichs von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen". Dafür werde er auch eintreten, so Kern. Einen Imageschaden für Österreich sieht der Kanzler nicht: "Es ist keine Erfreulichkeit, aber ich glaube, dass wir hiermit sehen können, dass in Österreich Demokratie und Rechtsstaat funktionieren."

Mitterlehner dankt VfGH für rasche Aufklärung
So sieht das auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Er dankte außerdem dem VfGH "für die rasche und akribische Aufarbeitung". Auch er wünschte sich einen kurzen Wahlkampf und dass "am Wahltag die Spielregeln eingehalten werden": "Wir müssen mit Informationen am Wahltag vorsichtiger umgehen. Der Bürger und auch der VfGH dulden nicht, dass hier salopp gearbeitet wird." Die Wahlbeisitzer seien definitiv nicht die Zielgruppe von etwaigen Schuldzuweisungen, so der Vizekanzler: "Wir müssen uns damit auseinandersetzen, wie wir dieses System verbessern können."

Innenminister Wolfgang Sobotka will die Besitzer besser schulen, um "solche Fehler künftig zu vermeiden". Dazu will er ein E-Learning-System einführen. Sobotka berichtete ferner, dass er in Kooperation mit Außenminister Sebastian Kurz bei der OSZE um Wahlbeobachter in jenen Bezirken ansuchen werde, deren Fehler zur Aufhebung der Stichwahl geführt haben. Ob es in den Behörden personelle Konsequenzen geben werde, wollte Sobotka nicht beurteilen.

Glawischnig: "Wahlleiter einiger Bezirke sind schuld"
Grünen-Chefin Eva Glawischnig sieht die Schuldfrage hingegen eindeutig: "Einige Wahlleiter in wenigen Bezirken tragen durch ihren schlampigen Vollzug die volle Verantwortung für die Wiederholung der Stichwahl." Die Entscheidung des VfGH sei zu akzeptieren, aber: "Das Wahlergebnis hat dem WählerInnenwillen entsprochen - eine Mehrheit hat Alexander Van der Bellen zum Bundespräsidenten gewählt."

Van der Bellens Wahlkampfmanager Lothar Lockl gab sich nach der Entscheidung siegessicher: Man werde "wieder eine große, österreichweite Bürgerwahlbewegung auf die Beine stellen" und "ein zweites Mal gewinnen", so Lockl. Schuld an der Aufhebung hätten jene Bezirkswahlleiter, die Ungereimtheiten zuließen.

Hofer will sich nicht als NR-Präsident karenzieren lassen
FPÖ-Präsidentschaftskandidat Hofer wird sich als Dritter Nationalratspräsident nicht karenzieren lassen. Dies wäre ein "Riesenfehler", sei doch Erfahrung, die er mitbringe, in dieser Situation von Vorteil, erklärte er. Die Nationalratspräsidenten übernehmen nun interimistisch die Geschäfte des Staatsoberhauptes. Hofer betonte, die Aufgaben klar trennen zu können: "Ich werde beweisen, dass ich überparteilich auftrete." Wahlkampfmüde sei er keinesfalls.

Lob von Fischer für Verfassungsgerichtshof
Noch-Bundespräsident Heinz Fischer erklärte: "Ich bin als Bundespräsident stolz darauf, wie der Verfassungsgerichtshof diese Aufgabe gelöst hat." Fehler seinen passiert, aber es sei wichtig, "dass es dann auch eine Instanz gibt, die sich damit beschäftigt". Er erwarte auch keine Stimmen, die die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs in Zweifel ziehen: "Wir erleben es leider in Europa, dass es Länder gibt, wo die Verfassungsgerichtsbarkeit in der Kritik steht." In Österreich sei aber genau das geschehen, was in einer Demokratie zu geschehen habe. Es sei zudem im Interesse des zu wählenden Bundespräsidenten, dass er in den nächsten Jahren ein Präsident sei, dessen Wahl unzweifelhaft ist.

Häupl: "Schlamperei, aber kein Wahlbetrug"
Auch der Wiener Bürgermeister Michael Häupl reagierte auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes: "Das Urteil ist wie eine Schiedsrichterentscheidung und daher zu akzeptieren, auch wenn dabei Schlamperei und nicht Wahlbetrug der Vorwurf ist." In einem Statement blickte der Stadtchef auch in die nahe Zukunft: "Das bedeutet für alle, noch einmal wählen im Herbst - und erneut die richtige Entscheidung treffen."

Schönborn warnt vor "Triumph oder Zorn"
Kardinal Christoph Schönborn warnte am Freitag davor, "mit Triumph oder im Zorn" erneut an die Urnen zu schreiten. "Wir müssen dankbar sein, dass wir in Österreich freie und geheime Wahlen haben - und Höchstrichter, die dieses Wahlrecht schützen", erklärte er der Kathpress. Die Verhandlung der Anfechtung der BP-Stichwahl durch den Verfassungsgerichtshof sei "ein kräftiges Lebenszeichen unserer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit", so Schönborn. Die erneute Ausübung des Wahlrechts solle daher "im dankbaren Bewusstsein, dass unsere Freiheit auf starke und belastbare Fundamente gebaut ist", geschehen.

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