Bachmanns US-Bezirk

Wenn die Politik Jagd auf schwule Schüler macht

Ausland
07.02.2012 12:00
Der Traum vom US-Präsidentenamt war für die Kongressabgeordnete Michele Bachmann (Bild rechts) schnell ausgeträumt - bei den Vorwahlen der Republikaner für die Wahl 2012 war zeitig Schluss. Doch laut der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Rolling Stone" hat es die 55-Jährige "geschafft", in ihrem Heimatbezirk eine schwulen- und lesbenfeindliche Stimmung zu erzeugen, die bereits mehrere Jugendliche in den Selbstmord trieb.

Binnen zwei Jahren gab es in Minnesotas Schulbezirk Anoka-Hennepin neun Selbstmorde von Highschool-Schülern - vier der Opfer waren laut "Rolling Stone" homosexuell. In der Region, in der christliche Fundamentalisten die gleichgeschlechtliche Liebe für eine Krankheit halten, hat nicht zuletzt Bachmann in Zusammenarbeit mit der Baptistenkirche und dem ultrarechten "Minnesota Family Council" für eine regelrechte Jagd auf Schwule und Lesben gesorgt.

"No Homo Promo"
Die Abgeordnete, deren Ehemann Marcus eine Praxis für christliche Beratung führt und dabei auch "Therapien" gegen Homosexualität anbietet, setzt sich seit Jahren dafür ein, dass Dialoge über gleichgeschlechtliche Liebe aus den Schulen ihres Bezirks verbannt werden. Als sich die 55-Jährige auf die nationale Bühne konzentrierte und im vergangenen Jahr den letztlich erfolglosen Präsidentschaftswahlkampf startete, schlug die Stunde von Barb Anderson.

Die erzkonservative frühere Spanisch-Lehrerin, Mitglied beim Minnesota Family Council, setzte durch, dass an den Schulen eine sogenannte "No Homo Promo"-Politik gilt. Soll heißen: Lehrer dürfen keinerlei Gespräche über Homosexualität in den Bildungseinrichtungen dulden. Der Pädagoge Jefferson Fietek, der Kunst unterrichtet, berichtete gegenüber "Rolling Stone", dass sich schwule und lesbische Schüler "nicht mehr sicher fühlen". Es sei so weit gekommen, dass sie sich für das schämen, was sie sind. "Niemand setzt sich für sie ein, weil die Lehrer Angst haben, gefeuert zu werden, wenn sie sich mit ihnen verbünden", so Fietek.

Psychologe erkennt "Muster"
Zudem würden Jugendliche, die sich nicht "geschlechtergerecht" verhalten oder kleiden, systematisch niedergemacht und sogar körperlich attackiert. Der Kinderpsychologe Dan Reidenberg, der vor Ort arbeitet, sagte gegenüber der Zeitschrift, dass ein "Muster" erkennbar sei: "Hier gibt es eine hohe Anzahl an Suiziden, die eng zusammenhängen, innerhalb einer kurzen Zeitspanne. Diese Kids glaubten plötzlich, dass die normale Antwort auf Stress Selbstmord ist."

Petition eingebracht, Schüler machen mobil
Mittlerweile regt sich Widerstand. Die Mutter des 15-jährigen Justin Aaberg, der sich erhängt hatte, bekämpft das Schwulen-Mobbing an den Schulen und hat eine Petition mit 140.000 Unterschriften gegen die "No Homo Promo"-Politik eingebracht. Auch die Jugendlichen und mehrere Pädagogen (im Bild links ein Lehrer bei einer Diskussionsveranstaltung) in Anoka und Umgebung machen mobil und wollen mit Trauerzügen und Lichterketten für ein Umdenken bei Politik und Schulverwaltung sorgen.

"Rolling Stone" zitiert in seinem Bericht auch eine US-Studie, wonach jeder dritte homosexuelle Jugendliche bereits einen Suizidversuch unternahm. Bei den heterosexuellen Teenagern (13 Prozent) ist die Zahl ungleich niedriger.

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