Hobby der Mächtigen
Pakistan: Tödliche Bisse als großes Spektakel
Tangdhe Sayedan, ein Dorf auf einem abgelegenen Plateau in der Provinz Punjab, ist nur einer von vielen Schauplätzen des blutigen Sports. Offiziell sind Hundekämpfe in Pakistan verboten, doch reiche Landbesitzer und Geschäftsleute vertreiben sich damit vor allem in den ruhigen Wintermonaten die Zeit.
Das Hobby der Mächtigen
Die Regeln sind so einfach wie brutal: Die Hunde kämpfen so lange gegeneinander, bis einer verblutet, wegläuft oder der Halter Mitleid bekommt und sein Tier aus der Arena holt. Zu gewinnen gibt es Handys oder Fernsehapparate, manchmal auch Preisgelder von bis zu 100.000 Rupien (830 Euro). Doch es ist nicht das Geld, das die Männer dazu bringt, ihre Hunde aufeinanderzuhetzen. "Es ist ein Hobby der Mächtigen", sagt Abdul Ghaffar, der selbst Kämpfe organisiert.
Einen Champion wie Moti zu halten und zu trainieren, verschlingt Monat für Monat viel Geld. "Wir geben ihm jeden Tag zwei Liter Milch, ein Kilo Fleisch, Butter und einen Apfel. Das kostet uns monatlich 50.000 Rupien", sagt Hussain. Der 59 Jahre alte Bauer kann sich das nur leisten, weil die Hälfte seiner Familie in Großbritannien lebt. "Mein Bruder ist Anwalt dort drüben und gibt mir das Geld, um den Hund zu füttern und so die Ehre der Familie hoch zu halten." Moti - der Name bedeutet "Perle" - ist zwei Jahre alt. Ein Jahr lang wurde er für seinen ersten Kampf trainiert - indem er jeden Tag 20 Kilometer hinter einem Motorrad herrennen musste.
Die Siegerhunde verschaffen ihren Besitzern Ruhm und Ehre, für die Besitzer der Verlierer sieht es anders aus. "Bitte fragen Sie mich nicht. Es ist eine Schande, mein Hund ist verloren", sagt ein etwa 20-Jähriger, während er Salz in die Wunden seiner Bulldogge reibt. Er versucht damit Infektionen zu verhindern.
Regierung sieht bei Kämpfen quasi weg
Die Regierung unternimmt wenig, um ihr Verbot von Hundekämpfen durchzusetzen und die damit verbundene Geschäftemacherei zu unterbinden. Rund um den Kampfplatz haben Händler Tee- und Imbissstände aufgebaut. Jeder Kampf wird gefilmt, die Videos der besten und blutigsten Auseinandersetzungen werden verkauft.
Es gibt keinen offiziellen Veranstaltungskalender, doch alle Fans, Hundebesitzer und Budenbetreiber wissen, wann und wo im Umkreis von 200 Kilometern der nächste Kampf stattfindet. "Ich fahre zu jedem Kampf und baue dort meinen Stand auf. Da verdiene ich etwa 3.000 Rupien am Tag - viel mehr als sonst in meinem Laden", sagt der 45 Jahre alte Händler Ishtiaq Ahmed.
Strafen für Tierschützer zu gering
Die Polizei beteuert, mit Razzien gegen das unerlaubte Treiben vorzugehen und die Täter festzunehmen. Doch die meisten kämen gegen Kaution wieder frei, räumt die Polizeisprecherin von Punjab, Nabeela Ghazanfar, ein. Die Höchststrafe ist ein halbes Jahr Gefängnis und eine Geldstrafe von umgerechnet weniger als zehn Euro.
Tierschützern ist das zu wenig, sie fordern von der Regierung, dem grausamen Spektakel ein Ende zu setzen. "Viele Hunde erliegen nach den Kämpfen ihren Verletzungen. Viele Kampfhunde bekommen Hautkrankheiten, und ihre Wunden heilen nicht", sagt Nasim Ahmad von der Gesellschaft gegen Tierquälerei in Pakistan. Im Schnitt sterbe ein Hund pro Veranstaltung, sagt der Tierarzt und Tierschützer Zulfiqar Otho. "Die Besitzer sind reiche Geschäftsleute, Feudalherren, Parlamentsabgeordnete und andere hohe Tiere. Sie nehmen mit ihrem Geld und ihrer Position Einfluss auf die Polizei. Gegen den Willen dieser Leute kann die Polizei nichts ausrichten."
Die Zuschauer in Tangdhe Sayedan sind anderer Meinung als die Tierschützer. "Gott hat Hunde erschaffen, damit sie kämpfen und beißen", sagt einer von ihnen, der Bauer Chaudhry Javed. "Selbst wenn wir das nicht arrangieren, werden sie immer aufeinander losgehen."
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