Neuer ÖVP-Vorstoß

Studenten sollen pro Vorlesung Gebühr bezahlen

Österreich
04.09.2010 13:43
ÖVP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl hat am Samstag einen neuerlichen Vorstoß zur Wiedereinführung von Studiengebühren gewagt. Im Radio Ö1 schlug sie dabei eine zwei Jahre alte Idee ihres Vorgängers Johannes Hahn vor: Studenten sollten statt einer Semestergebühr pro Vorlesung bzw. Prüfung Fixbeträge entrichten, gekoppelt an einen jährlichen Höchstbetrag. Zu einer Diskussion, etwa über die Höhe dieser Gebühren, kam es aber erst gar nicht. Koalitionspartner SPÖ sowie alle drei Oppositionsparteien lehnten den Vorschlag sofort ab.

Studiengebühren pro konsumiertem Lehrinhalt schlug vor zwei Jahren bereits der jetzige EU-Kommissar Hahn vor. Die Version von Ministerin Karl (im Bild links bei einer Veranstaltung im Zuge der "KinderUniWien" Anfang Juli) unterscheidet sich davon nur durch den von ihr vorgeschlagenen Höchstbetrag. Zum technischen Ablauf meinte Karl: "Welche Kurse belegt werden, entscheidet der Student und zahlt dafür ein. Wenn er dann für eine Lehrveranstaltung keinen Platz bekommt, wird ihm die Summe gut geschrieben."

Keine Angaben zu Beträgen
Wie hoch die Gebühren und der Höchstbetrag sein sollten, wollte die Ministerin am Samstag aber nicht sagen. Diese festzulegen, sollte aus ihrer Sicht in der Autonomie der Universitäten liegen. Auch, wie viel Geld insgesamt mit neuen Gebühren hereinkommen sollte, wollte die Ressortchefin nicht kommentieren.

Der Höchstbetrag sollte sich aber an den Punkten des so genannten ECTS-Systems orientieren. De facto ergäbe sich mit dem neuen Modell ein Gesamtbetrag für das ganze Studium. Egal, wie lange studiert wird, bleiben die Kosten gleich, so Karl.

Hahn war seinerzeit am Widerstand der SPÖ gescheitert. Viel anders schien es am Samstag auch Karl nicht zu ergehen.

SPÖ: "Kommt nicht infrage"
SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl erteilte der ÖVP postwendend eine "klare Absage". Seitens der SPÖ gebe es ein "klares Nein zu Studiengebühren". Die Wissenschaftssprecherin wies darauf hin, dass schon jetzt zwei Drittel der Studierenden berufstätig seien, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. "In Anbetracht dessen, dass Österreich mehr und nicht weniger Akademiker benötigt, sind zusätzliche Belastungen kontraproduktiv - Studiengebühren kommen für uns daher nicht infrage", so Kuntzl.

Karl zerbreche sich den Kopf zu sehr über Detailfragen, verliere aber dabei das große Bild aus den Augen, befand wiederum FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf. Den Vorschlag, anstelle von Studiengebühren künftig Lehrveranstaltungsgebühren einzuheben, bezeichnet er als Stückwerk. Zudem gehe es eigentlich nur um das Stopfen von Budgetlöchern: "Für eine solche Politik sind die Freiheitlichen nicht zu haben."

Das BZÖ, das eigentlich Gebühren befürwortet, sieht die ÖVP in ihrer Universitätspolitik "völlig gescheitert". "Alte Hüte" würden die Unis nicht weiterbringen und die Situation der Studierenden nicht verbessern.

Nach Meinung des grünen Wissenschaftssprechers Kurt Grünewald will Karl mit ihrer neuerlichen Forderung nach Studiengebühren ihr eigenes Scheitern kaschieren. Da sie sich bei Finanzminister Josef Pröll nicht durchsetze, wälze sie die Verantwortung einfach auf die Studierenden ab. Geplant sei die Einführung einer "Bildungssteuer".

Kaltenegger: SPÖ soll von "ihrem Njet abrücken"
Karls eigene Partei war freilich Feuer und Flamme für den Vorschlag. "Es ist fair und gerecht, wenn Studierende nur für jene Lehrveranstaltungen und Prüfungen einen Beitrag leisten, die sie auch tatsächlich absolvieren", sagte VP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger. Zudem sei mit diesem neuen Modell gewährleistet, dass sowohl das Leistungsprinzip als auch die Chancengleichheit im universitären Bereich sicher gestellt seien. 

"Jetzt liegt es an der SPÖ, endlich von ihrem 'Njet' zu Studienbeiträgen abzurücken und dem Vorschlag von Wissenschaftsministerin Karl zuzustimmen, damit mehr Geld an die Universitäten kommt", meinte Kaltenegger. In Wahlkampfzeiten, wo noch dazu mit Franz Voves ein prominenter Studiengebühren-Gegner um seinen Landeshauptmannsessel in der Steiermark zittern muss, wird die Ansage des ÖVP-Generalsekretär dort aber wohl eher als versuchte Provokation gewertet werden.

ÖH: Karl soll Öffentlichkeit nicht weiter langweilen
Das Urteil der Österreichischen Hochschülerschaft zum Karl-Vorschlag fiel wenig überraschend negativ aus: "Es ist an der Zeit, dass die Bundesministerin endlich ihr Amt ausfüllt und sich in den Budgetverhandlungen gegen ihren Parteifreund Josef Pröll durchsetzt. Für die Ausfinanzierung ist der Staat verantwortlich, nicht Studierende ohne Einkommen. Wenn Karl es nicht schafft mehr Geld für die Unis aufzutreiben, soll sie zurücktreten und die Öffentlichkeit nicht weiter mit ihrer Ideenlosigkeit langweilen."

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