Wien-Wahl 2010

Endergebnis: SPÖ verliert Absolute, starke FP-Gewinne

Wien
13.10.2010 09:47
Die SPÖ hat bei der Wiener Gemeinderatswahl am Sonntag ihre absolute Mandatsmehrheit verloren, wie das Endergebnis (nach Auszählung aller Briefwahlstimmen) zeigt. Die Sozialdemokraten kommen demnach auf 44,34 Prozent - ein Minus von 4,75 Prozentpunkten gegenüber 2005 (49,09). Gewinner der Wahl ist dagegen als zweitstärkste Partei die FPÖ von Heinz-Christian Strache, die ein Plus von 10,98 Prozentpunkten auf 25,77 Prozent einfahren und damit wieder an Rekordergebnisse aus den 1990er-Jahren anschließen konnte.

Die ÖVP kommt auf 13,99 Prozent - ein Minus von 4,78 Prozentpunkten und weniger als der bisherige Tiefststand von 15,26 Prozent im Jahr 1996. Knapp dahinter liegen die Grünen, die ein Minus von 1,99 Prozentpunkten auf 12,64 Prozent hinnehmen müssen.

Das BZÖ hat den Einzug in den Gemeinderat, der in Wien gleichzeitig Landtag ist, klar verfehlt (1,33 Prozent) und ist damit weiterhin in keinem Landesparlament vertreten. Auch die KPÖ ist mit 1,12 Prozent an der Fünf-Prozent-Grenze gescheitert.

Nach Mandaten bedeutet dies 49 Sitze für die SPÖ (bisher 55) - und damit den Verlust der absoluten Mehrheit. Die FPÖ hat künftig 27 Sitze im Gemeinderat inne (bisher 13), die ÖVP 13 (bisher 18), die Grünen kommen auf 11 (bisher 14). Die Wahlbeteiligung lag bei 67,63 Prozent (2005: 60,81 Prozent).

Häupl schließt Koalition mit FPÖ aus
SPÖ-Spitzenkandidat Michael Häupl zeigte sich im Wiener Rathaus betroffen vom schlechten Abschneiden seiner Partei. Das Ergebnis sei "bedauerlich", meinte er in der Wahl-Sendung des ORF. Angesichts des voraussichtlichen Verlusts der absoluten Mandatsmehrheit will er noch diese Woche mit allen drei Parteien reden. Eine Koalition mit den Freiheitlichen schloss er aus. "Eine Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ, tut mir leid, das kann ich nicht", sagte der Bürgermeister. Bei den anderen Parteien habe er keine Präferenz.

Der SPÖ-Spitzenkandidat will jedenfalls weiter im Amt bleiben. "Ich habe selten Leute gesehen, die mit 45 Prozent zurückgetreten sind", sagte er im Rathaus vor Journalisten. Er sei angetreten, Bürgermeister zu werden. Auch in der Stadtregierung sehe er "zur Stunde" keinen personellen Änderungesbedarf, man müsse dies in aller Ruhe überlegen.

Angesprochen auf die herben Verluste ortete Häupl vor allem ein Mobilisierungsproblem seiner Partei. "Dazu braucht es gar keine große Analyse, das ist so. Bedauerlich", so der Bürgermeister. Als Ursache dafür vermutete er den Umstand, dass die Wirtschaftskrise und damit die soziale Frage eine vergleichsweise geringe Rolle im Wahlkampf gespielt habe.

Strache erklärt sich zum einzigen Wahlsieger
Beim Einzug in das Wiener Rathaus erklärte sich FPÖ-Chef Strache umgehend zum einzigen Gewinner der Wien-Wahl. Nun müsse die SPÖ die "Ausgrenzung beenden" und auf die Freiheitlichen zugehen, um Gespräche zu führen. "Es ist notwendig, dass die SPÖ Gespräche mit uns führt", nahm Strache gleich den amtierenden Bürgermeister Michael Häupl in die Pflicht. Man müsse die "Ausgrenzung mit heute beenden", wenn man den Wählerwillen ernst nehme. Auch jedwede "Diffamierungen" seiner Person kritisierte der FPÖ-Spitzenkandidat abermals. Mit wem man sonst noch Gespräche führen werde, ließ er vorerst offen. So sei bei der ÖVP und den Grünen unklar, ob deren Parteiobleute nach dem Wahlsonntag noch diese Funktion ausüben würden.

FPÖ-Vizeobmann Norbert Hofer tat es sogar leid, dass die restliche Opposition Verluste habe hinnehmen müssen. Er zeigte sich "völlig offen" für Gespräche mit den anderen Parteien und sprach von einem "ganz großen Erfolg" für die FPÖ. Hofer hatte gemeinsam mit der Spitze des Rathausklubs vor dem Tor 6 gewartet, um Strache zu empfangen. Dieser bog - wahrscheinlich aus Zeitdruck - aber schon früher ab und peilte den großen Saal im Rathaus an, sodass die Mitstreiter ihrem Chef nachrennen mussten.

Marek enttäuscht über "ernüchterndes Ergebnis"
Enttäuscht zeigte sich ÖVP-Spitzenkandidatin Christine Marek über das Resultat. Es sei ein "ernüchterndes Ergebnis", das sich nicht wegleugnen lasse, erklärte die Landesparteiobfrau im ORF. Allerdings: "Selbstmitleid hilft nichts." Sie hofft auf einen Zugewinn für die Volkspartei durch die Wahlkarten. An Rücktritt denke sie jedenfalls nicht: Die kommenden fünf Jahre werde sie mit "absolutem Engagement" weiterarbeiten.

Marek erklärte, dass es bei dieser Wahl einen Sieger gebe - nämlich die Stadt Wien, spielte sie auf die Wahlverluste der SPÖ an. Die Spitzenkandidatin betonte außerdem, dass die Volkspartei für eine Zusammenarbeit mit der SPÖ "bereit" stehe. An eine Koalition mit der FPÖ denke sie hingegen nicht: "Ich sehe keine Chance für eine gemeinsame Zusammenarbeit."

Vassilakou rechnet noch mit Zuwächsen
Für die grüne Spitzenkandidatin Maria Vassilakou war nach den ersten Hochrechnungen die Spitze noch nicht erreicht. "Ich rechne noch mit Zuwächsen", zeigte sich die Klubobfrau im ORF-Fernsehen optimistisch. Positive Auswirkungen erhofft sich die grüne Nummer 1 durch die Wahlkarten. "Das Wahlergebnis wird ein gutes sein", versprühte sie Optimismus. Die SPÖ sei jedenfalls der einzige Koalitionspartner, der für ihre Partei infrage komme.

"Die Grünen haben die Fähigkeit und den Willen, Neues beizutragen für diese Stadt", ließ die Spitzenkandidatin keinen Zweifel am Wunsch einer Regierungsbeteiligung. Es sei aber die SPÖ, die sich nach einem Partner umsehen müsse. "Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen weiterreden können", plädierte Vassilakou für mehr Weltoffenheit, Umweltschutz und Bildung im künftigen Wien.

BZÖ-Sonnleitner steht trotz Niederlage "zur Verfügung"
Ungeachtet des Wahlergebnisses für das BZÖ sieht Spitzenkandidat Walter Sonnleitner nicht das Ende der Landesgruppe gekommen: "Das ist es sicher nicht." Schließlich müsse eines gelten, beschied er in der Spitzenkandidatenrunde im ORF: "Man kann nicht aufgeben, wenn es einmal nicht so geklappt hat." Offen ließ Sonnleitner, der nicht Parteimitglied beim Bündnis ist, seine persönliche politische Zukunft. "Das werden die Gremien der Partei entscheiden", beschied er. Von seiner Seite aus sei jedenfalls fix: "Ich stehe zur Verfügung."

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