Im "Krone"-Interview

Baumgartner: “Das war mein Rücktritt vom Extremsport”

Österreich
15.10.2012 17:19
Er hat im Extremsport alles erreicht, was er sich vorgenommen hat – jetzt ist für Felix Baumgartner, den 43-jährigen Ausnahme-Wagehals aus der Stadt Salzburg, endgültig Schluss. Sagt Felix. Kurz nach dem Sprung aus der Stratosphäre lässt er noch einmal die "Mission Stratos" Revue passieren. Und er deutet auch vorsichtig an, wie es mit ihm weitergehen könnte. Beruflich und privat.

"Krone": Wie erleichtert bist du, dass es endlich geklappt hat?
Felix Baumgartner: Bei sieben Jahren Vorbereitungen tun sich viele Probleme auf. Wenn dann drei Tage vorher noch einmal das mit dem Ballon passiert, glaubst du schon nicht mehr daran. Dann sitzt du endlich drin, denkst, es passt alles. Dann die Sache mit dem Visier, und du verlierst den Glauben wieder. Ein ewiges Auf und Ab. Aber im Endeffekt muss man sagen: Jeder Schweißtropfen, den wir in diese Arbeit gesteckt haben, war es wert. Die "Mission Stratos" hat immense Disziplin erfordert. Allein schon nicht krank zu werden ist eine große Anstrengung.

"Krone": Wie hart ist es, Freunde und Familie leiden zu sehen?
Baumgartner: Es ist extrem hart für sie zu wissen, wenn was schiefgeht, kann ich in 15 Sekunden tot sein. Aber sie kennen mich und wissen: Wenn ich mir nicht zu 95 Prozent sicher wäre zu überleben, würde ich es nicht machen. Wir haben nicht umsonst sieben Jahre Arbeit investiert und sind jede Problematik immer wieder durchgegangen. Wir sind ein Top-Team, und meine Sicherheit war immer die oberste Priorität.

"Krone": Wie groß war die Angst in den entscheidenden Phasen?
Baumgartner: Angst um mein Leben hab' ich nie gehabt. Am nervösesten war ich, als ich weit oben ins Flatspinning geriet. Da hab' ich 20 bis 25 Sekunden gebraucht, den Körper in stabile Lage zu bringen. Aber Angst hatte ich nur, den Rekord nicht zu schaffen – die Schallmauer.

"Krone": Für dich also der wichtigste Aspekt dieses Projekts?
Baumgartner: Darauf bin ich stolz, das ist etwas für alle Ewigkeit. Der erste Mensch am Everest, der erste Mensch, der Mach 1 fliegt - und jetzt ich kleiner Österreicher als erster Mensch, der Mach 1 im freien Fall erreicht.

"Krone": Wie war es, die Schallmauer zu durchbrechen?
Baumgartner: Gespürt hab' ich gar nix. Ein paar aus der Crew haben gemeint, einen Knall gehört zu haben, aber ich selbst nicht. Normalerweise passiert das jedoch auch hinter dir. Man spürt keinen Druck, keine Luft, nur das Tempo am Anzug, wenn die Luft sich daran reibt. Anfangs hört man auch nicht das Geringste, das wird dann vom Geräusch des freien Falls übertönt.

"Krone": Was war für dich der aufregendste und was der schönste Moment deines Abenteuers?
Baumgartner: Der aufregendste, da oben zu stehen und hinunterzuschauen. Der schönste, zu landen und Mike Todd aus dem Helikopter springen und auf mich zurennen zu sehen. Er war all die Jahre fast wie eine Mutter für mich. Hat mich eingekleidet, mich umsorgt.

"Krone": Hast du dich bei diesem Projekt auch als Mensch weiterentwickelt?
Baumgartner: Sicher. Als ich mit Red Bull die Idee entwickelte und zu Wissenschaftlern gegangen bin, war das nicht einfach. Da kommen ein Getränkehersteller und ein Basejumper und wollen im Überschall fliegen. Anfangs wurden wir nicht akzeptiert. Und dann stößt du auf so viel Widerstand. Da gibt's zu einem Thema vier Meinungen. Darum hab' ich mir möglichst viel Wissen angeeignet. Es steht ja mein Leben auf dem Spiel.

"Krone": Was war die größte Streitigkeit in der Vorbereitung?
Baumgartner: Die nötige Hardware für den Anzug zu bekommen. Den konnten wir anfangs nicht einmal so aufpumpen, wie wir es wollten.

"Krone": Wie hast du den erfolgreichen Abschluss deines Unternehmens gefeiert?
Baumgartner: Mit einer großen Party am Abend danach. Aber der schönste Moment war, dass ich dann in der Früh hinaus auf das Startgelände gefahren bin und mir in aller Ruhe den Sonnenaufgang angeschaut habe.

"Krone": Wie sieht nun die Zukunft des Felix Baumgartner aus?
Baumgartner: Das war mein Rücktritt vom Extremsport. Es gibt nichts, was ich noch erreichen kann. Das war das größte Projekt meines Lebens. Aber ich möchte einmal wie Joe Kittinger sein. Eine Inspiration, eine Leitfigur für nächste Generationen. Und anderen Abenteurern zur Seite stehen. Ansonsten werde ich Hubschrauber fliegen. Nach all den Jahren muss ich froh sein, überlebt zu haben.

"Krone": Ist das auch ein Geschenk an Familie und Freunde, die so lange mitgelitten haben, dass du nun aufhörst?
Baumgartner: Nein. Das mache ich nur für mich. Da bin ich einfach nur Egoist. Aber es ist jetzt auch gar keine Energie mehr übrig. Darum bin ich froh, dass das erledigt ist. Kein frühes Aufstehen - und ich kann endlich wieder essen, was ich will.

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