"Eingehende Prüfung"

Steuerdeals mit Niederlande? EU hat Ikea im Visier

Wirtschaft
18.12.2017 16:11

Nach einer Reihe von US-Konzernen nimmt die EU-Kommission nun auch das schwedische Möbelhaus Ikea wegen möglicherweise unzulässiger Steuerpraktiken ins Visier. Zwei Steuerabkommen mit dem niederländischen Staat könnten der Franchise-Tochter von Ikea "einen unfairen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen" verschafft haben, erklärten die EU-Wettbewerbshüter am Montag. Dabei könne "ein Verstoß gegen EU-Regeln zu Staatsbeihilfen" vorliegen. Erhärtet sich dies, müssten die Niederlande Steuern nachfordern. Ikea weist die Vorwürfe zurück.

Die EU-Kommission ist in ähnlichen Fällen bereits gegen eine Reihe von US-Konzernen vorgegangen. Sie erklärte 2015 Steuerdeals der Niederlande mit der Kaffeehauskette Starbucks sowie von Luxemburg mit dem Autohersteller Fiat-Chrysler für illegal und verlangte Steuernachzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe. Die bisher höchste Rückzahlungsforderung erging 2016 wegen Steuerabsprachen Irlands mit dem US-Computerkonzern Apple: Dublin muss 13 Milliarden Euro von dem iPhone-Hersteller zurückfordern.

EU-Kommission leitete "eingehende Prüfung" ein
Auf Ikea aufmerksam wurde Brüssel durch einen Bericht der Grünen im Europaparlament. Nach deren Schätzungen hat der Möbelriese "in Europa zwischen 2009 und 2014 mindestens eine Milliarde Euro an Steuern vermieden". Die Kommission äußerte sich nicht zu möglichen Schadenssummen, leitete aber eine "eingehende Prüfung der steuerlichen Behandlung" in den Niederlanden ein.

Ikea hatte in den 1980er-Jahren sein Geschäftsmodell auf Franchising umgestellt, also auf die Vergabe von Konzessionen an regionale Partner, die unter der Marke Ikea Möbelhäuser betreiben. Die Betreiber der Möbelhäuser weltweit müssen dabei drei Prozent ihres Umsatzes an Inter Ikea Systems in den Niederlanden abführen.

Steuervermeidung durch komplexes Firmengeflecht?
Die Kommission entwirrte nun ein kompliziertes Geflecht von Ikea-Firmen, zwischen denen Gewinne verschoben wurden. Dies führte der Behörde zufolge dazu, dass entweder weniger oder auch gar keine Steuern gezahlt wurden. Dabei gab es den Angaben zufolge zwei Phasen: Von 2006 bis 2011 lief dies von den Niederlanden aus über eine Luxemburger Firma, seit 2012 von den Niederlanden aus über eine Stiftung in Liechtenstein.

"Die Mitgliedsstaaten können nicht dafür sorgen, dass ausgewählte Unternehmen weniger Steuern zahlen, indem sie ihnen erlauben, ihre Gewinne künstlich woandershin zu verlagern", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Montag. Nach Schätzungen der Kommission verlieren EU-Staaten durch Steuervermeidungen von Großkonzernen jährlich bis zu 70 Milliarden Euro.

"System so ausgeklügelt wie Möbel-Bauanleitungen"
Der Finanzexperte Sven Giegold von den Grünen im Europaparlament begrüßte die Entscheidung der EU-Kommission. "Europa zeigt den Steuervermeidern die Zähne", erklärte er. "Ikeas System zur Steuervermeidung ist so ausgeklügelt wie die Bauanleitungen für seine Möbel" und sei "Diebstahl an der Gesellschaft". Er erwarte, dass Ikea "am Ende steuerliche Beihilfen an den niederländischen Staat zurückzahlen muss".

Ikea dementiert: Alles "gemäß den EU-Regeln"
Ikea wies den Verdacht aus Brüssel zurück: Die Besteuerung durch nationale Behörden sei aus Sicht des Unternehmens "gemäß den EU-Regeln" erfolgt, teilte der Konzern mit. Man sei bereit, mit den niederländischen Behörden und der Europäischen Kommission zusammenzuarbeiten und deren Fragen zu beantworten.

Ikea hat nach eigenen Angaben mehr als 350 Einrichtungshäuser in 29 Ländern, davon mehr als 240 in Europa. Der Umsatz der Gruppe betrug im Finanzjahr 2017 36,3 Milliarden Euro, der Reingewinn 2,5 Milliarden. Über das Unternehmen sind rund 149.000 Menschen beschäftigt.

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