Nach sieben Jahren

Schweden stellt Ermittlungen gegen Assange ein

Ausland
19.05.2017 13:16

Die Staatsanwaltschaft in Schweden hat am Freitag mitgeteilt, die wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung seit sieben Jahren andauernden Ermittlungen gegen WikiLeaks-Gründer Julian Assange einzustellen. Der 45-jährige Australier lebt seit 2012 im Exil in der ecuadorianischen Botschaft in London, um einer Auslieferung an die schwedische Justiz entgehen. Er befürchtet eine Überstellung in die USA, wo ihm wegen WikiLeaks-Enthüllungen eine Anklage und im Fall einer Verurteilung sogar die Todesstrafe drohen.

Staatsanwältin Marianne Ny habe beschlossen, die Ermittlungen nicht weiterzuführen, erklärte die Staatsanwaltschaft am Freitag in Stockholm. "Wir haben die Entscheidung, die Ermittlungen nicht weiterzuführen, nicht getroffen, weil wir alle Beweise in diesem Fall ausgewertet haben, sondern weil wir keine Möglichkeiten sehen, die Ermittlungen weiter voranzubringen", begründete Ny bei einer Pressekonferenz in Stockholm.

Eine spätere Wiederaufnahme der Ermittlungen gegen Assange wird aber nicht ausgeschlossen. Dafür müsste der Australier jedoch aus eigenem Antrieb nach Schweden einreisen. "Sollte Julian Assange nach Schweden zurückkehren, bevor das Verbrechen im August 2020 verjährt, könnten die Ermittlungen wieder eröffnet werden", führte die Staatsanwältin aus.

Vergewaltigungsvorwürfe stets bestritten
Assange soll bei einem Schweden-Besuch 2010 eine Frau vergewaltigt haben. Er beteuerte stets, der Sex mit der Schwedin sei einvernehmlich passiert. "Ihr Verhalten mir gegenüber an dem fraglichen Abend und Morgen machten es klar, dass sie wollte, dass ich mit ihr schlafe", bekräftigte er Anfang des Jahres in einem Statement. Es sei ein großer Schock für ihn gewesen, dass ihm plötzlich eine Vergewaltigung vorgeworfen wurde. Assange sprach stets von einem politisch motivierten Verfahren.

2010 von Manning gestohlene US-Dokumente veröffentlicht
Die Internet-Plattform WikiLeaks hatte 2010 ein politisches Erdbeben ausgelöst, als sie mehr als 250.000 vertrauliche Dokumente von US-Botschaften veröffentlichte, die unter anderem Details über das Vorgehen der US-Streitkräfte bei den Kriegen im Irak und in Afghanistan enthüllten. Die Dokumente waren von der IT-Heeresspezialistin Chelsea Manning - damals noch Bradley Manning - im Irak gestohlen worden. Manning wurde zu 35 Jahren Haft verurteilt, diese Woche jedoch vorzeitig entlassen.

USA erwägen juristische Schritte gegen Assange
Schon seit Längerem gibt es Spekulationen darüber, ob im US-Justizministerium eine Anklage gegen Assange existiert. In den USA kann eine Anklageschrift versiegelt werden, damit ihr Inhalt nicht bekannt wird. CNN hatte Ende April berichtet, die Behörden hätten bereits seit 2010 gegen Assange und WikiLeaks ermittelt, sich aber mit der Frage herumgeschlagen, ob der Whistleblower durch das Verfassungsrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sei. Nun habe man aber einen Weg gefunden, die Sache voranzutreiben, die Behörden hätten bereits eine Anklage vorbereitet. Die "Washington Post" schrieb, das Justizministerium prüfe die Option.

Sollte Assange nach dem Ende der schwedischen Ermittlungen gegen ihn die ecuadorianische Botschaft in London verlassen, würde er jedenfalls umgehend verhaftet, wie Scotland Yard Freitagmittag mitteilte. Ob er das tut, ist nicht klar. Auf den Ermittlungsstopp habe er jedenfalls "froh und erleichtert" reagiert, sagte sein schwedischer Anwalt. "Wir haben den Fall gewonnen. Das ist ein totaler Sieg für Julian Assange."

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