Pannenserie

Elektronische Fußfessel hätte gar nicht funktioniert

Österreich
18.09.2007 21:56
Der leichtfertige Umgang unserer Justiz mit Sexualstraftätern spottet jeder Beschreibung: Hatte es zunächst für jenen Häftling, der bereits zweimal wegen eines Sexualdelikts angezeigt worden und auch in U-Haft gesessen ist, Freigang gegeben, so stellt sich jetzt heraus, dass selbst eine Beaufsichtigung mittels elektronischer Fußfessel (Bild) gar nicht funktioniert hätte.

Und das sind die skandalösen Sicherheits-Pannen der Justizbehörden, die im Fall jener schockierenden Sex-Attacke an einer Sechsjährigen in der Toilette einer Wiener Volksschule aufgetreten sind:

  • Zunächst einmal war der mittels Gegenüberstellung und Phantombild enttarne Täter (die DNA-Analyse steht noch aus) zwar "nur" wegen Diebstahls in Haft, doch die dunkle Vergangenheit des Mannes in Form von zwei Anzeigen wegen Sexualdelikten bzw. die Verhängung der U-Haft war nur der Polizei und dem Staatsanwalt, nicht aber der Haftanstalt bekannt.
  • Montagabend und exklusiv in der "ZiB-1" ließ dann Justizministerin Berger wissen, dass im Gefolge des schockierenden Vorfalles in der Wiener Volksschule Sexualstraftäter nur noch mit elektronischer Fußfessel Freigang bekommen. Eine Ankündigung, die von Experten als fragwürdig und gefährlich angesehen wird.
  • Darüber hinaus wurde verschwiegen, dass die in Österreich erprobten elektronischen Fußfesseln ein Total-Flop sind, nicht funktionieren und der Probelauf abgebrochen worden ist. Es gab serienweise Fehlalarm, weil die Satellitenschaltung bei Schneefall, im Tunnel, unter Brücken usw. nicht funktionierte. Derzeit wird an einem neuen System mittels Festnetzerfassung von Freigängern gearbeitet.

Front gegen Kameras
Nicht nur Ministerin Schmied, auch Schülervertreter und Elternsprecher wollen allerdings keine Verhältnisse wie in Amerika und lehnen Überwachungskameras, Uniformierte in den Gängen und Metalldetektoren an den Eingängen ab. „Wir wünschen mehr und verpflichtende Präventivarbeit in den Klassen", erklärt Andreas Ehlers, Vorsitzender der Elternvereine der Pflichtschulen. Auch Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl meldete sich zu dem Thema: "Ein kranker Verrückter kann überall hinein." 

Sträfling auf Freigang
Wie berichtet, saß der mutmaßliche Täter als verurteilter Einbrecher in der Justizanstalt Hirtenberg ein. Zwei Monate vor seiner Entlassung bekam er unbegleiteten Freigang, um sich auf das "Leben danach" vorzubereiten. Diesen Freigang dürfte er genutzt haben, um sich an dem Mädchen zu vergehen. Dass es gegen den Mann auch schon einmal eine Anzeige wegen eines Sexualstrafdelikts gab, wusste man in Hirtenberg nicht. Zeugen haben den Mann inzwischen wiedererkannt.

Der 27-jährige Verdächtige  - er hatte dem Kind auf dem WC der Schule aufgelauert, es ausgezogen und sich unsittlich an ihm vergangen - war nach der Tat wieder in die Justizanstalt nach Hirtenberg zurück gekehrt. Der Mann sitzt dort wegen mehreren Diebstählen und Einbrüchen ein, die Anzeige wegen eines Sexualdeliktes wurde bei der Entscheidung über den Freigang anscheinend nicht berücksichtig.

Thomas Geiblinger, Sprecher von Justizministerin Maria Berger, erklärt das damit, dass er "kein Sexualstraftäter gewesen" und "als solcher nicht behandelt" worden sei. "Das Verfahren ist eingestellt worden, da ist nie etwas herausgekommen." Der Vorfall ist laut Geiblinger dennoch "bedauerlich": "Wäre er ein Sexualstraftäter, hätte er ja keinen unbegleiteten Ausgang bekommen."

"Zeugen haben den Mann wiedererkannt" 
Die Ermittlungen laufen derzeit auf Hochtouren. Oberstleutnant Andreas Wolf sagte am Montag, man wolle die Beweise "hieb- und stichfest machen", außerdem stehe noch nicht fest, von wem der 27-Jährige vernommen werden soll. "Leicht wird es sicher nicht. Er ist sehr zugeknöpft und dürfte eine schwierige Persönlichkeit sein", so Wolf.

Das Ergebnis eines DNA-Abgleiches steht noch aus, sagte Wolf: "So etwas geht einfach nicht so schnell." Eine Gegenüberstellung sei aber schon positiv verlaufen: "Zeugen haben den Mann wiedererkannt." 

Neben der DNA-Analyse sollen auch Zeit-Weg-Diagramme erstellt und überprüft werden.

Lehrerin verhinderte Schlimmeres
Am Donnerstag war eine Sechsjährige in einer Toilette der Volksschule in der Kindermanngasse in Wien-Hernals Opfer eines Sexualtäters geworden. Eine Lehrerin hatte nach dem Kind gesucht und so wahrschlich das Schlimmste verhindern können. Sie fand das Mädchen ausgezogen auf dem Mädchen-WC und konnte der Polizei eine genaue Personenbeschreibungen des mutmaßlichen Täters liefern, nach der das oben abgebildete Phantombild erstellt worden ist.

Von Peter Gnam und Krone.at

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