Hunderttausende Fans

Auf Facebook ziehen Kurz und Strache allen davon

Österreich
14.10.2017 09:01

Viel Zeit bleibt den Spitzenkandidaten für die Nationalratswahl nicht mehr, um bis Sonntag ihre Botschaften an die knapp 6,4 Millionen wahlberechtigten Österreicher zu richten. Vor allem die Präsenz in den sozialen Netzwerken spielt dabei eine wesentliche Rolle, schließlich erreicht man dort auf einen Schlag Tausende Wähler. Und dabei ziehen ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache allen davon. Kurz hat bei den Likes die Nase vorne, Strache bei den Fans. Klares Schlusslicht in beiden Kategorien ist Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek.

In Sachen Publikumsreaktionen liegt Kurz laut einer APA-Analyse mit 1,3 Millionen Likes deutlich vor Strache (1,1 Millionen), Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern folgt mit 925.800. Deutlich dahinter liegen Peter Pilz (88.300 Likes), Matthias Strolz von den NEOS (86.400) und die Grüne Ulrike Lunacek (32.408).

Spitzenkandidaten haben insgesamt 1,8 Millionen Facebook-Fans
Ein anderes Bild ergibt sich bei den Fans auf Facebook. Dieses Ranking führt Strache (753.500) vor Kurz (700.400) an. Abgeschlagen auf Platz drei folgt Kern (233.000). Strolz kommt auf 87.100 Fans, Pilz auf 34.500 und Lunacek auf 20.086. Alle drei liegen damit bei unter 100.000 Fans. In Summe haben die Spitzenkandidaten der Parlamentsparteien inklusive Pilz 1,8 Millionen Fans auf Facebook.

25.000 Likes für Kurz' Koalitionsbruchs-Video
Auch abseits der "Dirty Campaigning"-Affäre um zwei von der SPÖ in Auftrag gegebene falsche Facebook-Seiten war der Social-Media-Wahlkampf heuer äußerst intensiv. Rund 2300 Nachrichten haben die sechs Spitzenkandidaten der Parlamentsparteien sowie Pilz seit 12. Mai abgesetzt, dem Tag, an dem Kurz die Koalition mit der SPÖ für beendet erklärte. Für Kurz ist diese Rede auch einer seiner größten Facebook-Hits: Sie kommt seither auf 25.000 Likes und wurde über 640.000 Mal gesehen.

Von Pflanzenschutzmitteln und Politiker-Abwerbung
Auch bei Strache und Kern sind die am meisten geteilten Facebook-Beiträge Videos: Im Fall des FPÖ-Chefs ein Interview, in dem sich der verstorbene deutsche Kanzler Helmut Schmid gegen "Zuwanderung aus fremden Zivilisationen" ausspricht. Und bei Kern ist es ein Gespräch mit dem Schauspieler Michael Niavarani im Odeon-Theater. Pilz hat sich die meisten Likes mit einer Parlamentsrede geholt, in der er Kurz Wortbruch bei der Unterhaltsgarantie vorwirft. Nur bei Lunacek und Strolz sind die beliebtesten Beiträge keine Videos: Bei Lunacek ist es ein Posting über ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln und bei Strolz jenes Posting, in dem er Kurz vorwarf, NEOS-Abgeordnete für seine Liste abzuwerben.

Experten: Kern hat die aktivsten User
"Kurz und Strache kämpfen darum, die Person mit den meisten Facebook-Fans zu sein. Gleichzeitig sind ihre User weitaus weniger aktiv als bei Kern", sagt Jakob-Moritz Eberl von der Universität Wien. Als Grund für die gute Position Kerns vermutet Roland Trnik von der Wiener Social-Media-Agentur Spinnwerk dessen für Wahlkämpfe günstigere User-Basis: Bei Strache kommt nämlich ein Drittel der Fans aus Deutschland, bei Kurz ein Viertel. Kern hat dagegen kaum ausländische Fans.

"Zornige" User auf Straches Facebook-Seite
Eberl hat mit Kollegen die Publikumsreaktionen auf die Facebook-Postings der Spitzenkandidaten untersucht und zieht daraus auch Rückschlüsse auf deren Wahlkampfstrategie. Seit dem Vorjahr können Facebook-User Beiträge nämlich nicht mehr nur mit einem Like markieren, sondern auch mit Emotionen. Und hier fällt auf, dass Strache die meisten zornigen Reaktionen erntet ("angry"), während Beiträge von Kern, Kurz und Lunacek häufig mit "Love" markiert werden. Gleich an zweiter Stelle bei den zornigen User-Reaktionen hinter Strache folgt allerdings nicht ein anderer Oppositionspolitiker, sondern wieder Kurz.

"Kurz inszeniert sich als Außenseiter"
Kern betone auf Facebook das Positive - und das sei auch die Strategie, die man sich von einem Regierungspolitiker erwarten würde, sagt Eberl. Auch die zahlreichen "zornigen" Reaktionen bei Strache seien beim Chef der stärksten Oppositionspartei erwartbar. Kurz fahre dagegen eine "Doppelstrategie" und nehme immer wieder spezifische Probleme ins Visier, etwa das Migrationsthema. "Er sieht sich nicht wirklich als Regierungsmitglied", so Eberl: "Er hat seine Strategie angepasst und inszeniert sich als Außenseiter."

"Silberstein-Affäre schadet SPÖ"
Welchen Einfluss Facebook-Kampagnen auf das Wahlergebnis haben, ist laut Eberl unklar: "Wir wissen grundsätzlich, dass (Wahl, Anm.)-Kampagnen recht wenig bewegen." Beeinflusst werde das Ergebnis aber wohl von der Affäre um die gefälschten Facebook-Seiten der SPÖ. Und zwar weniger wegen ihrer "Dirty Campaigning"-Botschaften, sondern wegen der Medienberichterstattung darüber: "Die hat vermutlich der SPÖ geschadet und mit den Verstrickungen möglicherweise den einen oder andern bei der ÖVP verunsichert."

Auf Google gewinnt Strache
Übrigens: Wertet man das Google-Suchaufkommen nach den Spitzenkandidaten als Indikator für das zu erwartende Wahlergebnis, zeichnet sich ein Duell um Platz eins zwischen Strache und Kurz ab. Bei den Suchanfragen der letzten sieben Tage nach den Spitzenkandidaten liegt Strache (31 Prozent) einen Prozentpunkt vor Kurz, Kern kommt nur auf 22 Prozent.

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