Kandidaten im Check:

National oder global engagiert?

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02.10.2017 06:26

National oder global engagiert? Wer vertritt nationale Interessen, wer fördert den großen Zusammenhalt in der EU? Dieser Frage gehen wir in Teil sieben unseres objektiven Persönlichkeits-Checks der Spitzenkandidaten auf den Grund.

Laut einer IMAS-Umfrage im Auftrag der "Krone" wollen 46 Prozent einen Kanzler, der mehr Fokus auf die nationalen Interessen legt. Im Rahmen unserer Analyse beleuchten wir diesmal gleich zwei spannende Persönlichkeits-Merkmale. Erstens: Welcher Kandidat handelt eigennützig, welcher selbstlos? Basierend auf diesem Ergebnis, können unsere Psychologen auch Aussagen über die politische Ausrichtung eines Spitzenkandidaten treffen. Etwa, ob sich ein Kandidat eher für sein Land engagiert (nationales Interesse) oder für das Wohl einer größeren Gemeinschaft, zum Beispiel die Europäische Union.

Wir garantieren Objektivität!
Im Zuge unserer Serie "Wer kann Kanzler?" prüften Psychologen die Spitzenkandidaten auf ihre Qualitäten. Gemeinsam mit der renommierten Beraterfirma HILL baten wir die Politiker zum wissenschaftlich fundierten objektiven Persönlichkeits-Check. Die anonymisierten Daten wurden von Wirtschaftspsychologe Othmar Hill ausgewertet. Notar Georg Schreiber beglaubigt die anonyme und damit objektive Beurteilung. Und Politologe Peter Filzmaier interpretiert das Ergebnis aus politischer Perspektive.

Top-Beraterfirma

Die Experten nahmen letztlich fünf der großen Sechs unter die Lupe. Zu Christian Kern (SPÖ) gibt es leider keine Auswertung, nachdem er den Test völlig überraschend abgebrochen hat, "weil das ein lächerlicher Gag" sei. Schade, Herr Bundeskanzler, dass Sie den "Krone"-Lesern nicht zeigen wollen, wie Sie ticken.

Die Ergebnisse der Spitzenkandidaten
Die detaillierten Ergebnisse der weiteren Spitzenkandidaten finden Sie im Folgenden - vielleicht für manche überraschend: Heinz-Christian Strache beweist mehr Interesse für das "große Ganze", als seine Reden vielleicht vermuten lassen würden.

Heinz-Christian Strache: Ausgeglichen

  • Ergebnis Kompetenzanalyse: Der Kandidat ist ausgeglichen. Er findet die Mitte zwischen einer selbstlosen und einer eigennützigen Einstellung. Sein Wunsch ist es, internationale Belange mit lokalen Interessen abzustimmen.
  • Analyse Hill: Heinz-Christian Strache verfügt über eine mittelmäßig ausgeprägte soziale Kompetenz. Durch sein gesundes Misstrauen wirkt er in der öffentlichen Wahrnehmung nicht gerade streichelweich.
  • Analyse Filzmaier: Die FPÖ positioniert sich als Heimatpartei und betont, dass Österreich zuerst komme. Also ist es wenig überraschend, dass Strache laut Testergebnis am meisten nationale Eigeninteressen vertritt. Dass die Ausprägung nicht noch stärker ist, das hilft ihm, wenn er sich regierungsfähig geben will und da ja mit der EU gut zusammenarbeiten müsste.

Matthias Strolz: Fürsorglich

  • Ergebnis Kompetenzanalyse: Recht selbstlose Persönlichkeit, die sich dadurch mitunter überfordert. Bei seinem eigenen Verhalten möchte der Kandidat mehr auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Geben und Nehmen achten.
  • Analyse Hill: Sein fürsorgliche Charakter wird von den Österreichern wahrgenommen. Allerdings kommt seine politische Präferenz nicht immer eindeutig rüber. Der Bezug zum großen Ganzen könnte ausgeprägter sein. Er hegt eine Abneigung gegen lokale Kleinlichkeiten.
  • Analyse Filzmaier: Matthias Strolz und seine NEOS haben unbestritten EU-ropa im Fokus. Das ist für sie eine Gemeinschaft, für die man wider die nationalen Einzelinteressen auch viel geben muss. Ob das mehrheitsfähig ist? Das ist für Strolz als Chef einer Kleinpartei nicht der Punkt. Es geht ja für die NEOS um vier oder mehr Prozent der Stimmen, nicht um 51 von 100.

Ulrike Lunacek: Pragmatisch und fair

  • Ergebnis Kompetenzanalyse: Die Kandidatin ist eher uneigennützig als egoistisch eingestellt. Sie schafft es, beides zu verbinden: die Ansprüche der näheren Umgebung und die Sicht auf die großen Zusammenhänge.
  • Analyse Hill: Ulrike Lunacek übernimmt zwar gut dosiert soziale Verantwortung, allerdings ohne ihre Eigeninteressen zu vernachlässigen. Sie besitzt ein starkes Bedürfnis nach Fairness.
  • Analyse Filzmaier: Ulrike Lunacek war acht Jahre Abgeordnete im EU-Parlament. Da hat man die Aufgabe, mit Weitblick gesamteuropäisch und nicht nur an Österreich zu denken. Grünwähler sehen zudem in politischen Streitfragen die EU nicht als Problem, sondern als Teil der Lösung. Lunaceks Ansatz für die Wahl muss demnach "Österreich in EU-ropa" sein.

Peter Pilz: Sozial gewissenhaft

  • Ergebnis Kompetenzanalyse: Der Kandidat zeigt ein sehr ausgeprägtes sozial engagiertes, solidarisches Verhalten - sowohl intern als auch für die Gesellschaft. Er sieht die großen Zusammenhänge (EU), ohne Details zu vernachlässigen.
  • Analyse Hill: Der Kandidat hilft, auch wenn dadurch für ihn persönliche Nachteile entstehen. Zwar zeigt er Wille zur Abgrenzung, indem er auf seine eigenen Bedürfnisse Rücksicht nimmt - zumeist scheint sein soziales Gewissen aber stärker zu sein.
  • Analyse Filzmaier: Für Pilz ist ein Ergebnis, dass er die EU-Zusammenhänge im Blick hat, im Wahlkampf kein Vorteil. Sein Image ist nicht das eines Europapolitikers. Er schützt als Skandalaufdecker die nationalen Interessen des österreichischen Steuerzahlers vor Geldverschwendung. Auch beim Thema Zuwanderung und Islam hat er sich mehr national positioniert.

Sebastian Kurz: Engagiert

  • Ergebnis Kompetenzanalyse: Der Kandidat zeigt sich hoch motiviert, wenn er etwas für die Gesellschaft tun kann. Er stellt eigene Ansprüche stark zurück und ist für alle da. Sein Blick für das große Ganze (EU) ist mittelmäßig ausgeprägt.
  • Analyse Hill: Sebastian Kurz denkt sehr fürsorglich, ihn kennzeichnet eine hohe soziale Verantwortung. Er ist genauso kritisch wie selbstkritisch und reflektiert seine eigenen Handlungen. Bei seinen regionalen und globalen Interessen ist er etwas unschlüssig.
  • Analyse Filzmaier: Die Höchstwertung für den großen Zusammenhalt ist bei einem Außenminister klar. Dieser muss immer an EU-ropa und die ganze Welt denken. Zugleich vertritt Kurz da aber die Anliegen Österreichs und weiß als Spitzenkandidat, dass nur Staatsbürger in der Heimat wahlberechtigt sind. Also ist sein globaler Blick naturgemäß auch eingeschränkt.

Alexandra Halouska und Patrick Warger, Kronen Zeitung/kal

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