Rainhard Fendrich:

“Ich habe das Recht auf meine Meinung”

Musik
05.10.2016 10:29

So politisch und kritisch hat sich Rainhard Fendrich schon lange nicht mehr gezeigt. Die Austro-Pop-Legende im großen "Krone"-Interview über Hassposter, die Flüchtlingskrise und die Bundespräsidentenwahl.

(Bild: kmm)

Lange Zeit war es ziemlich still um Rainhard Fendrich. Doch dann meldete er sich vor einigen Wochen mit dem Titelsong seines neuen Albums "schwarzoderweiß" zurück - und sorgte für gehörigen Wirbel im Internet. "Net nur schwarz oder weiß: Mir san Muslime, Juden, Christen und beten doch zu a und demselben Gott. Die große Angst, der dumme Hass, kommt daher, weu ma z'wenig waß. Und die Hetzer möcht i hearn, wenn's mit an Schlag alles verliern", singt er - und macht sich damit nicht nur Freunde. So mancher Hassposter witterte in Fendrichs Aufruf zur Toleranz gleich Vaterlandsverrat. Das bringt den 61-Jährigen nicht aus der Ruhe, wie er beim Interview bekräftigt:

"Auf 20 positive Reaktionen kommt ja nur eine negative. Ich finde die Diskussionen gut, ich finde sie auch wichtig, ich bin den Menschen, die mich beschimpfen, auch überhaupt nicht böse. Es ist nur interessant, dass in einem an sich toleranten Land wie Österreich plötzlich so radikale, gewaltbereite Töne aufkommen."

"Krone": In einem ihrer Lieder zeigen sie auch die Schattenseiten von sozialen Medien. Gerade
hier machen die Leute ihrer Unzufriedenheit Luft, wie Sie ja nun auch selbst erfahren...
Rainhard Fendrich: Das Posten ist eine Zeiterscheinung, die es jedem leicht macht, aus der Anonymität heraus seinen Senf dazu zu geben. Aber man darf das nicht überbewerten. Es gibt ja auch viele, die nicht schimpfen. An sich schwimme ich ja auch nicht gegen den Strom. Ich glaube, dass ich sehr wohl für eine nicht so laute, polternde Mehrheit eine Meinung vertrete. Ich habe auch keine Antwort auf die Flüchtlingskrise, aber ich weiß, dass Stacheldraht und Mauern keine Lösung sind. Und wenn ich nicht das ausdrücken würde, was sehr viele denken, hätte ich ja nicht so viele positive Postings. Genau das ist doch Demokratie: Dass ich eine Meinung haben und vertreten kann, solange ich niemanden damit verletze. Ich verurteile ja auch keinen, der eine andere Meinung hat als ich. Man muss doch Meinungen anerkennen, ohne dass gleich beschimpft und bedroht wird.

"Krone": Verstehen Sie auch die Menschen, die Angst haben?
Fendrich: Sie sind unzufrieden. Unzufrieden mit der Politik, die in diesem Land gemacht wird. Das waren sie schon vorher. Aber jetzt haben sie einen Grund, den sie artikulieren können. Die Flüchtlingskrise ist aber nicht der einzige Grund für die Missstände in diesem Land. Allerdings geht es natürlich auch nicht, dass wir eine europäische Gemeinschaft sind, und manche Länder sagen, da machen wir nicht mit. Man kann nicht von der EU wie von einer Kuh nur die Milch holen - und der Rest interessiert einen nicht. Das ist die Zerreißprobe Europas. Es wäre theoretisch für die EU überhaupt kein Problem, die Flüchtlinge aufzunehmen, auf die Verteilung kommt es an.

"Krone": Sie haben unlängst in der "Krone" folgende Aussage getätigt: "Wir stehen am Anfang
einer Völkerwanderung und es geht in erster Linie darum, wie überstehen wir diesen Moment als europäische Kultur unbeschadet?" Einige Poster schrieben daraufhin, "da wurde
ein Willkommensklatscher zum Realisten". Ist das so?
Fendrich: Naja, Willkommensklatscher, das sind immer so flapsige Ausdrücke. Es geht ja nicht ums Klatschen, sondern um das Recht auf Asyl. Das ist ein Grundrecht. Man kann nicht einen Ziegel aus einer Wand herausnehmen und darauf hoffen, dass die Wand weiter steht. Auch Papst Franziskus hat richtigerweise gesagt: Für Nächstenliebe gibt es keine Alternative. Das heißt ja nicht: Kommt's alle zu uns. Aber wir haben in Europa eine Verpflichtung gegenüber Ländern, von denen wir immer gut gelebt haben. Österreich ist ein Vielvölkerstaat, wir sind aus verschiedenen Kulturen zusammengewürfelt - und das funktioniert. Es hat schon viele Völkerwanderungen gegeben, und wir können trotzdem immer noch miteinander reden.

"Krone": Sie sind jetzt viel politischer, als Sie es über weite Strecken Ihrer Karriere waren-
kommt das mit dem Alter, dass man sich nichts mehr pfeift?
Fendrich: Ich kann ja nur über Dinge schreiben, die mich interessieren - und mich interessiert halt was passiert, mit unserer Zukunft, mit unserer Welt. Ich würde mir wünschen, dass es Frieden gibt, auch wenn das unrealistisch ist. Politik ist eben nicht nur der trockene Keks, den man am Stammtisch mit einem Bier runterspült, sie ist unser Leben.

"Krone": Sie bekennen ganz offen, Van der Bellen zu wählen...
Fendrich: Ja, das stimmt. Alexander Van der Bellen ist für mich ein Bundespräsident, der genau das repräsentiert, was Österreich in der Welt groß macht: ein Kulturland, weltoffen, tolerant. Ich habe persönlich nichts gegen den Herrn Hofer, ich will ihn nur nicht als Bundespräsidenten haben. Das ist mein gutes Recht.

"Krone": Was würden Sie sich für Österreich wünschen?
Fendrich: Dass die Regierung ihre Arbeit endlich einmal so macht, wie es sich für eine Regierung gehört. Dass man die Probleme anpackt und dass man die Wähler wieder zurückholt, in dem man die gemachten Versprechen auch einhält. Die Unzufriedenheit kommt ja nicht von ungefähr. Ein Herr Strache ist auch nur so gut, weil die anderen so schlecht sind. Zwischen darüber reden und machen ist ein Unterschied. Ich habe auch nichts gegen den Herrn Strache, ich will ihn nur nicht als Bundeskanzler. Ich sage immer, ich würde mir den als grünen Politiker wünschen, da wäre was los bei seiner Energie.

"Krone": Ganz etwas anderes zum Schluss: Sie singen viel über das Älterwerden: Wie geht es Ihnen persönlich damit?
Fendrich: Die größten Probleme mit dem Alter hatte ich mit 30. Damals habe ich nach grauen Haaren gesucht. Irgendwann habe ich erkannt, die Natur ist so faszinierend in ihrer Perfektion, dass das Alter nichts Negatives sein kann. Jedes Lebensalter hat seinen eigenen Reiz. Mein Lebensalter hat den Reiz, dass ich mir keinen Druck mehr machen muss. Ich habe mich mit mir und all den Wehwehchen, die man halt so hat, versöhnt. Und das ist wunderbar.

Rainhard Fendrich geht mit dem neuen Album und all seinen großen Hits auch bald auf Tour:  
Am 17. Februar in der Wiener Stadthalle, am 2. März in der Salzburgarena, am 3. März in der Linzarena, am 4. März in der Grazer Stadthalle und am 7. März in der Olympiahalle Innsbruck. Karten für die Konzerte erhalten Sie unter 01/588 85-100 oder unter www.ticketkrone.at.

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