"Welt"-Interview

Mikl-Leitner: “Balkanroute dauerhaft geschlossen”

Österreich
10.03.2016 10:15

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat die faktisch vollständige Abriegelung der Balkanroute für Flüchtlinge verteidigt. "Das Schließen der Balkanroute verläuft planmäßig - und diese Uhr wird nicht zurückgedreht", sagte sie in einem Interview in der Donnerstagausgabe der deutschen Tageszeitung "Die Welt".

Zugleich lobte die österreichische Innenministerin das abgestimmte Vorgehen der Behörden der Länder entlang der Route. "Diese Allianz der Vernunft hat bisher den entscheidenden Beitrag dazu geleistet, Stabilität und Ordnung für die Menschen in Europa zu wahren."

"Unkontrollierter Massenzustrom" für Mikl-Leitner Geschichte
Mikl-Leitner besteht weiterhin auf einer langfristigen Schließung der bisher von den Flüchtlingen genutzten Route über den Balkan. "Meine Position ist klar: Die Balkanroute bleibt geschlossen, und zwar dauerhaft", sagte sie zur "Welt". "Der unkontrollierte Massenzustrom über diese Route muss Geschichte sein." Wenn Europa dabei konsequent bleibe, dann werde auch "der Migrationsdruck aus der Türkei nach Griechenland sinken".

Zum Fahrplan der EU-Kommission, die ein Ende aller Binnengrenzkontrollen für Dezember will, sagte Mikl-Leitner: "Es fehlt mir der Glaube, dass das tatsächlich gelingt." Der Fahrplan sei dennoch einmal ein sehr guter Ansatz. "Wir werden uns aber darauf sicher nicht verlassen, sondern werden weiterhin bei unseren Maßnahmen bleiben, nämlich temporäre Grenzkontrollen weiter fortzuführen und hier auch alles Weitere vorzubereiten." Die Rechtsgrundlage für die derzeitigen Kontrollen läuft im Falle Österreichs Mitte Mai aus.

Kritik an der Türkei
Mikl-Leitner äußerte sich zudem im Ö1-"Morgenjournal" zu den Plänen einer raschen Visaliberalisierung für türkische Staatsbürger in der EU und bezeichnete diese als "äußerst kritisch". Es gelte "viele Kriterien zu erfüllen, und da darf es keine Ausnahme für die Türkei geben", erklärte sie und forderte, dass "wir eine Kündigungsklausel einbauen müssen, sollte es tatsächlich so weit kommen".

"Ich halte es für kritisch, wenn die Türkei eine regierungskritische Zeitung unter Zwangsaufsicht stellt, und drei Tage später werden hier Wunschlisten auf den Tisch gelegt und die Türkei wird dafür noch belohnt, dass man über eine Vorverlegung der Visaliberalisierung spricht. Da frage ich mich schon, ob wir uns und unsere Werte noch ernst nehmen oder ob wir diese über Bord werfen", so Mikl-Leitner.

Zur geplanten Aufnahme von Flüchtlingen aus der Türkei sagte Mikl-Leitner, dass zunächst Ankara "in Vorleistung treten muss". Die Türkei müsse zeigen, dass es tatsächlich gelinge, die Migrationsströme massiv zu reduzieren. "Dann wird man den nächsten Schritt setzen können." Zu dem beim EU-Gipfel am Montag geschnürten Paket gebe es noch sehr viele offene Fragen. Auch wie die Rücknahme illegaler syrischer Migranten in die Türkei und im Gegenzug die Aufnahme einer gleichen Anzahl syrischer Kriegsflüchtlinge aus der Türkei funktionieren soll, sei noch nicht im Detail zu beantworten.

Balkanroute seit Mittwoch dicht
Die Balkanroute ist seit Mittwoch endgültig geschlossen. Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien lassen niemanden mehr ohne gültigen Reisepass und gültiges Visum passieren. Damit sitzen mehr als 35.000 Menschen in Griechenland fest. Kritik kam vor allem von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel. Auch das Schicksal der Flüchtlinge, die bereits auf der Strecke nach Westeuropa unterwegs sind, ist völlig offen. Ungarn rief landesweit den Krisenzustand aus, Polizei und Militär an den Grenzen sollen verstärkt werden.

In Gang gesetzt wurde die Kettenreaktion von Slowenien. Die Regierung hatte am Dienstag angekündigt, ab Mitternacht wieder streng die Schengen-Regeln anzuwenden und nur noch Menschen mit gültigen Pässen und Visa einreisen zu lassen. Kroatien, Serbien und Mazedonien schlossen sich dieser Entscheidung an. Die serbische Regierung schrieb auf ihrer Internetseite: "Serbien kann es sich nicht leisten, eine Sammelstelle für Flüchtlinge zu werden."

Damit ist die Balkanroute, über die 2015 mehr als eine Million Menschen nach Österreich und vor allem nach Deutschland gekommen waren, dicht. Die meisten Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen haben keine Chance, in ihrer Heimat gültige Dokumente oder Visa zu erhalten.

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