Dutzende Tote
Nepal erneut von starkem Erdbeben erschüttert
Bisher seien in Nepal 52 Tote geborgen worden, sagte Laxmi Dhakal vom Innenministerium in Kathmandu am Dienstag. "In einigen Dörfern in den am schwersten getroffenen Gegenden erwarten wir völlige Zerstörung", so Dhakal. Im Nachbarland Indien kamen nach offiziellen Angaben 17 Menschen ums Leben, die meisten im Bundesland Bihar, wie ein Sprecher des Innenministeriums in Neu-Delhi berichtete. In China wurde eine Frau von herabstürzenden Steinen erschlagen.
Menschen rannten in Panik ins Freie
In Chautara, einer Stadt in Zentralnepal, starben vier Menschen, sagte Paul Dillon, der Sprecher der zwischenstaatlichen Organisation für Migration (IOM). Demnach seien in Chautara mehrere Gebäude eingestürzt. Laut Angaben der Behörden gab es in der Provinz rund um die Stadt drei große durch das Beben ausgelöste Erdrutsche. Die Region war schon bei dem letzten Beben am stärksten betroffen.
Das gewaltige Nachbeben ereignet sich um 12.50 Uhr Ortszeit, das Epizentrum lag in 18,5 Kilometern Tiefe. In der Hauptstadt Kathmandu seien die Menschen in Panik ins Freie gerannt, berichteten Augenzeugen. Die Erdstöße waren auch im Norden Indiens sowie in der Hauptstadt Neu-Delhi zu spüren. Das Epizentrum lag nahe dem Mount-Everest-Basislager, 68 Kilometer westlich der Stadt Namche Bazar und rund 80 Kilometer östlich von Kathmandu.
Caritas-Helferin: "Es war heftig und beängstigend"
Die Mitarbeiter zahlreicher österreichischer Organisationen, die seit dem ersten Beben vor 17 Tagen in Nepal im Hilfseinsatz sind, haben das erneute Beben allesamt unverletzt überstanden. Unter ihnen auch Caritas-Helferin Judith Stemerdink-Herret, die die Erdstöße im Stadtzentrum von Kathmandu miterlebte. "Es war wirklich heftig und beängstigend", schilderte Stemerdink-Herret. "Ich habe gerade in einem Zelt im Hof gegessen, als wir es gespürt haben. Im Büro ist unser Erdbebenalarm losgegangen."
"Wir sind dann alle durch das Tor nach draußen gelaufen, es war schwierig, einen offenen Bereich in den engen Gassen zu finden", sagte die Caritas-Mitarbeiterin im Gespräch. "20 Personen standen dann draußen, um uns herum die hohen Häuser, wir hatten Angst, dass sie einstürzen. Alle waren fürchterlich nervös und ängstlich", sagte Stemerdink-Herret.
Die Caritas-Mitarbeiter befanden sich auch knapp eine Stunde nach dem Erdbeben weiterhin im Freien. "Es hat schon mehrere Nachbeben gegeben." Riskant sei es auch, im Schatten Schutz zu suchen, weil solche Flächen im Normalfall nahe bei Mauern und Wänden seien. Man müsse überlegen, "gehe ich rein auf die Toilette oder Wasser holen und riskiere mein Leben?", sagte Stemerdink-Herret.
"Es hat ziemlich stark gewackelt"
Der österreichische Samariterbund-Mitarbeiter Stefan Gaßner hatte gerade ein Meeting auf dem Dach eines fünfstöckigen Hotels, als die Erde bebte. "Es hat ziemlich stark gewackelt. Alle hatten Angst, dass noch mehr zusammenstürzt. Es gab viel Geschrei und Aufregung", sagte Gaßner. In Panik seien die Menschen aus den Gebäuden gerannt, erst nach dem dritten Nachbeben hätten sie sich wieder in die Häuser gewagt, schilderte Gaßner die Lage in Kathmandu.
Das Beben sei ein "Schock für die Bevölkerung" gewesen, so Gaßner. In der Stadt sei es dennoch relativ sicher gewesen, da die Gebäude "teils sehr gut gebaut sind". Dennoch gibt es auch in Kathmandu "vereinzelt eingestürzte und beschädigte Gebäude". "Außerhalb, in den Bergregionen, ist die Lage viel dramatischer", sagte der Samariterbund-Mitarbeiter.
Nachbeben wurde auch in Österreich registriert
Das schwere Beben wurde auch in Österreich mit einer Magnitude von 7,3 registriert, berichtete Wolfgang Lenhardt von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). "Die Welle brauchte etwa 15 Minuten bis nach Wien." Diesmal war das Epizentrum etwa 70 Kilometer nördlich von Kathmandu in einem Berggebiet, weshalb die Schäden nicht so dramatisch ausfallen würden wie zuletzt, so die Einschätzung des Seismologen.
Jedes Beben, das in der Nachsequenz eines Hauptbebens auftritt und schwächer als dieses ist, gilt als Nachbeben, erläuterte der ZAMG-Experte. Der Erdstoß in einer Tiefe von zehn bis 15 Kilometern war laut seinen Angaben der stärkste seit dem 25. April und dauerte etwa 40 Sekunden. Danach wurden weitere 15 Erdstöße aufgezeichnet.
Beben Ende April forderte 8.100 Todesopfer
Das Beben der Stärke 7,8 am 25. April hatte im Himalaya-Staat mindestens 8.100 Todesopfer - darunter Dutzende Ausländer - und mehr als 17.000 Verletzte gefordert. Weil die Angaben über Tote und Verletzte aus sehr entlegenen Orten die Behörden noch immer nicht erreicht haben, wird befürchtet, dass die Opferzahlen noch weiter steigen könnten.
Derzeit leben Millionen Nepalesen in Zelten und sind auf Nahrungsmittellieferungen angewiesen. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist etwa ein Viertel der Bevölkerung des armen Landes betroffen.
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