Schwangere in Kritik

Vierlinge mit 65: “Ich lebe so, wie ich möchte”

Ausland
14.04.2015 07:06
Die Berliner Lehrerin Annegret Raunigk hat in den vergangenen Tagen über die Grenzen Deutschlands hinweg für heftige Diskussionen gesorgt: Die 65-Jährige ist bereits 13-fache Mutter und jetzt mit Vierlingen schwanger - eine medizinische Sensation. "Jeder kann seine Meinung dazu haben. Jeder kann so leben, wie er will. Ich lebe so, wie ich möchte", reagierte die Deutsche jetzt auf Kritik an ihrer Schwangerschaft.

Wenn alles gut geht, ist die Lehrerin bald die älteste Vierlingsmutter der Welt. Bislang verläuft die Schwangerschaft ohne große Probleme, berichtete das RTL-Magazin "Extra", das die 65-Jährige bis zur Geburt begleitet, am Montagabend. Weil sie auf natürlichem Weg nicht mehr schwanger werden konnte, hatte sich die Berlinerin im Ausland mehrfach künstlich befruchten lassen.

Deutsche ließ sich in Ukraine Eizellen einsetzen
Die letzte Behandlung in der Ukraine schlug an - alle vier Eizellen, die ihr eingesetzt wurden, entwickelten sich. Mittlerweile ist sie im fünften Monat. Kliniken in Donezk und Kiew würden mit Fruchtbarkeitsverfahren für rund 5.000 Euro werben, wie die "Bild"-Zeitung berichtete. Die Patientinnen könnten sich dort Eizellen und Samen aussuchen, um Augen- und Haarfarbe zu bestimmen. Auch die Blutgruppe sei wählbar.

Im Gegensatz zur Ukraine ist dieses für die Frau riskante Verfahren in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz verboten. In Österreich ist die Eizellenspende seit heuer bis 45 erlaubt. Die Nachfrage ist groß. "Jede Woche melden sich ein bis zwei Frauen, die das für sich als Möglichkeit sehen", erklärte der Leiter des Kinderwunschzentrums der Klinik Innsbruck, Ludwig Wildt, der "Krone".

Von einigen Experten wurde Annegret Raunigk nach Bekanntwerden des Falls teils heftig kritisiert. "Das ist auch eine Verweigerung gegenüber dem Älterwerden", sagte Diplom-Psychotherapeut Wolfgang Krüger der "Bild". "Es ist der Wunsch, biologische Prozesse zu stoppen. Das durch einen Kinderwunsch auszuleben, ist unverantwortlich", so Krüger.

Tiroler Mediziner: "Man wundert sich schon"
Auch am Kinderwunschzentrum der Klinik Innsbruck ist der Fall Gesprächsthema. Für Leiter Wildt wurden Grenzen überschritten. "Man wundert sich schon über den Mediziner, der diese Frau behandelt hat", kritisierte er gegenüber der "Krone". Für ihn ist sowohl das Verhalten der Frau als auch jenes des behandelnden Arztes zu hinterfragen: "Mit zunehmendem Alter werden Schwangerschaften immer risikoreicher. Und dann gleich Vierlinge. Dafür dürfte der Arzt mehrere Embryonen transferiert haben. 99 Prozent der Mediziner werden das als ethisch nicht vertretbar ansehen".

Wo liegt für den Reproduktionsmediziner die Altersgrenze? Wildt: "Es gilt, jeden Fall einzeln zu beurteilen. Die natürliche Grenze setzt die Menopause, die im Schnitt mit 50 einsetzt. Im Normalfall ist das eine guter Zeitpunkt." Das Argument, jemand sei zu alt für Elternschaft, ist für den Mediziner hingegen kein triftiges: "Die Frage lautet, ist man zu alt für eine Schwangerschaft?"

Schwangerer ist Kritik egal: "Jeder kann seine Meinung haben"
An Annegret Raunigk prallen die kritischen Worte allerdings ab. "Da es diese Möglichkeit gibt, die ja auch von Tausenden Menschen genutzt wird, darf man sie auch nutzen", konterte die 13-fache Mutter im Interview mit RTL. "Jeder kann seine Meinung dazu haben. Jeder kann so leben, wie er will. Ich lebe so, wie ich möchte." Sie habe sich jedenfalls nach reiflicher Überlegung entschlossen, die Vierlinge zur Welt zu bringen.

Doch auch bei ihren Kindern sorgte die Vierlings-Schwangerschaft für Diskussionen. "Ich hab es ihnen nicht direkt gesagt, das lief über Schleichwege", gestand die 65-Jährige im TV-Interview. "Die Jungs sehen es gelassen, die Mädchen suchen noch nach einem Standpunkt."

Zu der Schwangerschaft im fortgeschrittenen Alter kam es übrigens, weil sich ihre jüngste Tochter Lelia - auch ihre Geburt hatte 2005 für Schlagzeilen gesorgt - noch ein Geschwisterchen gewünscht habe. Den Wunsch konnte die Deutsche ihrem Kind nicht ausschlagen. "Ich wollte, dass sie sich wohlfühlt. Wenn sie sagt: 'Ich will noch ein Geschwisterkind', kann ich das irgendwie verstehen."

Einen Vater brauche sie übrigens nicht, um ihre Kinder großzuziehen, so Raunigk im RTL-Interview weiter. Zu den insgesamt fünf Vätern ihrer 13 Kinder besteht heute kein Kontakt mehr. Mittlerweile glaube sie auch nicht mehr, dass ihr noch einmal der Richtige über den Weg läuft. "Solche Männer sind Mangelware. Meine Erfahrungen mit Männern waren bisher, dass es immer der Falsche war."

"Man kann auch 20 sein und es passiert etwas - oder 40"
Körperlich ist die Lehrerin trotz ihrer 65 Jahre eigenen Angaben zufolge in einer sehr guten Verfassung. Gefragt, wer sich um ihre Kinder kümmert, wenn sie mal nicht mehr ist, erklärte sie, dass sie Vorsorge treffen werde. Angst habe sie keine. "Bisher bin ich ausgesprochen fit, warum sollte sich das ändern. Man kann auch 20 sein und es passiert etwas - oder 40."

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