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Erdogan nach Triumph: “Neue Ära für die Türkei”

Ausland
11.08.2014 08:44
Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat die Präsidentenwahl am Sonntag bereits im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit gewonnen. Der Vorsitzende der islamisch-konservativen AKP kommt auf 51,96 Prozent, wie die nationale Wahlkommission nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi mitteilte. "Heute hat unsere Nation bei den Wahlen ihren Willen ausgedrückt", erklärte Erdogan vor jubelnden Anhängern in Istanbul. Nun verspricht er seinem Volk eine "neue Ära".

Er wolle einen Neuanfang und den "Streit der Vergangenheit" beilegen, sagte der islamisch-konservative Politiker am Sonntagabend in einer Ansprache vor Anhängern in Ankara auf dem Balkon des Gebäudes seiner Partei AKP. Die Konflikte der Vergangenheit sollten der "alten Türkei" angehören. "Heute ist ein historischer Tag, heute schließen wir die Türen zu der alten Ära und eröffnen eine neue Ära."

Er danke "allen Bürgern, ob sie mich gewählt haben oder nicht, die dazu beigetragen haben, Geschichte zu schreiben an so einem historischen Tag." Er werde Staatsoberhaupt aller 77 Millionen Türken sein. "Heute hat nicht nur Recep Tayyip Erdogan gewonnen", fügte der Wahlsieger hinzu. "Heute hat der Wille des Volkes einmal mehr gesiegt. Heute hat die Demokratie einmal mehr gesiegt." Der 60-Jährige kündigte einen "neuen sozialen Versöhnungsprozess" an. Alle Türken, ganz gleich welcher Herkunft und welchen Glaubens, sollten gleichberechtigte Bürger sein.

(Bild: APA/EPA/STRI)
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(Bild: AP)

Auch im Jahr 2023 will er noch in der Türkei herrschen
Es war das erste Mal, dass die Türken ihr Staatsoberhaupt direkt wählen konnten. Der Gemeinschaftskandidat der beiden größten Oppositionsparteien CHP und MHP, Ekmeleddin Ihsanoglu, kam nach Auszählung von 100 Prozent der Stimmen auf 38,33 Prozent. Der Kandidat der pro-kurdischen HDP, der Kurde Selahattin Demirtas, erzielte 9,71 Prozent. Die Wahlbeteiligung gab CNN Türk mit 72,3 Prozent an.

Die Amtszeit des neuen Präsidenten beginnt am 28. August. Erdogan wird das zwölfte Staatsoberhaupt der Türkei. Als Präsident kann er nach fünf Jahren für eine weitere Amtszeit wiedergewählt werden. Er hat mehrfach deutlich gemacht, dass er zum 100. Geburtstag der Republik 2023 noch in der Türkei herrschen will.

Kritiker befürchten weitere Islamisierung
Erdogan regiert seit 2003 und hätte nach den AKP-Statuten nicht ein viertes Mal Ministerpräsident werden dürfen. Kritiker befürchten, dass er als Präsident seine Macht weiter ausbauen und die Islamisierung der Türkei vorantreiben könnte. Mit dem Wahlsieg dürften die Weichen für die Einführung eines Präsidialsystems gestellt und das Amt mit noch mehr Macht ausgestattet werden.

Als eines seiner zentralen Ziele hat Erdogan eine neue Verfassung angekündigt. Er hat zudem deutlich gemacht, dass er als Präsident die Kompetenzen der derzeitigen Verfassung voll ausnutzen möchte.

Der scheidende Präsident Abdullah Gül, der wie Erdogan zu den Gründern der Regierungspartei AKP zählt, hatte sich auf eine zeremonielle Rolle beschränkt. Schon jetzt gibt die Verfassung dem Präsidenten allerdings erhebliche Macht. So sind beispielsweise seine Entscheidungen juristisch nicht anfechtbar.

Triumph trotz zahlreicher Krisen
Erdogan gelang der Wahlsieg trotz zahlreicher Krisen, die seine Regierung seit dem Sommer vergangenen Jahres erschütterten. Damals gingen bei den Gezi-Protesten Millionen Türken gegen seinen autoritären Regierungsstil auf die Straßen. Später sah sich seine Regierung massiven Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Auch aus der EU wurde Erdogans autoritärer Kurs mehrfach kritisiert.

Opposition: "Ungerechter Wahlkampf"
Die Opposition hat Erdogan vorgeworfen, staatliche Ressourcen im Wahlkampf zu nutzen. In die Kritik war auch der Staatssender TRT geraten, der Erdogan viel mehr Sendezeit einräumte als seinen beiden Kontrahenten. Gegenkandidat Ihsanoglu kritisierte am Sonntag: "Der Wahlkampf wurde unter ungerechten und ungleichen Voraussetzungen geführt."

Auch ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka, der als Wahlbeobachter in Istanbul im Einsatz war, beklagte die Dominanz Erdogans im Wahlkampf. Der Premier habe einen "riesigen Startvorteil" gegenüber seinen Herausforderern gehabt und im Verhältnis "100:1" dominiert, so Lopatka, der gleichwohl keine Wahlrechtswidrigkeiten im Stimmlokal feststellte.

Bei der Stimmabgabe sprach Erdogan von einer wichtigen Entscheidung für die türkische Demokratie. Im Wahlkampf hatte er seinen Anhängern eine "neue Türkei" versprochen.

Erstmals Auslandstürken wahlberechtigt
In der Türkei waren rund 53 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen. Erstmals hatten zusätzlich auch die 2,8 Millionen wahlberechtigten Auslandstürken die Möglichkeit, außerhalb der Türkei zu wählen. Davon machten aber nur 8,3 Prozent Gebrauch.

Hierzulande gaben 9.519 der 105.478 Wahlberechtigten mit Wohnsitz in Österreich ihre Stimme ab. Auf Erdogan entfielen 7.590 Stimmen (80,3 Prozent), auf seine Gegenkandidaten Ekmeleddin Ihsanoglu und Selahattin Demirtas 1.396 Stimmen (14,6 Prozent) bzw. 496 Stimmen (4,9 Prozent) - siehe auch Story in der Infobox.

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