Das Estnische Nationale Symphonieorchester brachte kurz vor dem Weihnachtsfest nordische Klänge nach Bregenz. Das Konzert im Festspielhaus war ein Ereignis, wobei eine Solistin herausstach.
Im vergangenen Festspielsommer haben wir, dank der neuen Intendantin Lilli Paasikivi, viel Musik von Jean Sibelius erlebt. Die Bregenzer Meisterkonzerte legte noch eins drauf, denn am Wochenende gastierte im Festspielhaus das Estonian National Symphony Orchestra und spielte neben dem estnischen Komponisten Arvo Pärt ebenfalls Musik von Jean Sibelius. Das ist gut so, denn dieser Komponist sollte viel öfter gespielt werden. Seine Klangwelt ist in seiner Epoche singulär und auf eine ganz besondere Weise sehr klar. Das gilt besonders für sein Hauptwerk, seine Zweite Sinfonie, die nach der Pause ertönte. Dass dieses monumentale Stück mit seiner Spieldauer von fast 50 Minuten so fassbar wie ein offenes Buch herüberkam, war nicht zuletzt das Verdienst des Dirigenten Olari Elts, der dem Orchester seit 2020 vorsteht. Seine Zeichengebung ist lebhaft, doch nie selbstgefällig. Sie ist den Musikern zugewandt und vermag es, die Themen klar auszuformulieren und Steigerungen schlüssig zu organisieren.
Eine Solistin, die mit der Musik verschmilzt
Weniger typisch für den Kompositionsstil von Jean Sibelius ist sein Violinkonzert, denn hier steht der hoch virtuose Duktus der Violine im Vordergrund – Sibelius war ja selbst Geiger -, und das Orchester folgt eher einem spätromantischen Stil. Doch auch diesen beherrschen das estnische Orchester und sein Dirigent hervorragend, und die Solistin des Konzerts, die Niederländerin Simone Lamsma, war schlicht ein Ereignis. Die immensen spieltechnischen Aufgaben dieses Konzert bewältigte sie mit aller denkbaren Souveränität, mehr noch, sie verschmolz mit der Musik. Indem sie spürbar eines Sinnes mit dem Dirigenten und dem Orchester war, war sie trotz all ihres Könnens nicht die große Virtuosin, sondern eine Prima inter pares. Dass ihr Virtuosität dennoch schlichtweg Spaß machte, zeigte sie mit ihrer Zugabe, einem Satz aus einer Solosonate von Eugène Ysaÿe.
Endlich sei der Beginn des Konzertes erwähnt. Es war ein Werk von Arvo Pärt, dem Esten, der mit seinem „Glöckchenstil“ einer der beliebtesten lebenden Komponisten unserer Zeit wurde. Sein „Cantus in Memoriam Benjamin Britten“ aus dem Jahr 1977 zeigt diesen Stil besonders rein. Eine Glocke mit dem immer gleichen Ton begleitet einen Streicherteppich, der kaum moduliert. Die provozierende Schlichtheit dieses Werks steht auf den ersten Blick im Gegensatz zu der großen Sinfonie von Jean Sibelius. Doch beide eint ihre Klarheit und Aufrichtigkeit. Somit rahmten in diesem so schlüssigen Konzertabend diese beiden Werke ein großes Solokonzert. Der Jubel des vollen Hauses wurde vom Orchester bedankt mit einem Weihnachtslied aus der Feder von Jean Sibelius.
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.