Das Vorarlberger Sozialwesen soll eine klarere Struktur bekommen und verstärkt auf Hilfe zur Selbsthilfe setzen. Das sagte Soziallandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) bei der Präsentation der Sozialfondsstrategie für die kommenden fünf Jahre.
Fehlenden Fleiß kann man Martina Rüscher (ÖVP), Gesundheits- und Soziallandesrätin in Personalunion, nun wirklich nicht vorwerfen: Nur wenige Wochen nach der Spitalsreform hat sie am Mittwochvormittag – gemeinsam mit Gemeindeverbandspräsident Walter Gohm – die Sozialfondsstrategie für die kommenden fünf Jahre vorgestellt. Deren Kernpunkt: Die Steuerung durch das Land soll künftig nach dem Prinzip der Wirkungsorientiertheit erfolgen. „Das ist ein grundlegender Systemwechsel. Es geht nicht mehr in erster Linie darum, wie viele Leistungen erbracht wurden, sondern was diese bewirkt haben“, erklärt Rüscher. Ein Monitoringsystem dafür soll noch entwickelt werden.
Die Steuerung des Sozialwesens ändert sich mit der neuen Struktur. Das Land wird in fünf „Sozialplanungsräume“ bzw. „Care-Regionen“ unterteilt, die Planung erfolgt auf Landesebene. Die Regionen sind für die operative Steuerung und für Rückmeldungen über die Lage vor Ort zuständig. In den Regionen soll ab dem kommenden Jahr je ein „Sozialraumbüro“ eingerichtet werden, das als erster Ansprechpartner bei Problemen eine „Lotsenfunktion“ zur Findung des passenden Hilfsangebots übernehmen wird. Ergänzend dazu soll es ein digitales Angebot und eine Hotline analog zur 1450 im Gesundheitsbereich geben. Und nicht zuletzt solle auch das ehrenamtliche Engagement wieder verstärkt eingebunden werden, betont Rüscher – auch wenn dieses professionelle Hilfe nicht ersetzen könne.
Zahlen belegen Reformbedarf
Dass es in Sachen Sozialfonds, über welchen Leistungen wie Kinder- und Jugendhilfe, Sozial- und Wohnungslosenhilfe, stationäre und ambulante Pflege sowie Behindertenhilfe, Sozialpsychiatrie und Suchthilfe finanziert werden, Reformbedarf gibt, ist seit vielen Jahren unstrittig. Zum einen ist das Sozialwesen mit vielfältigen Herausforderungen wie einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung und gesellschaftlichen Veränderungen konfrontiert, zum anderen ist Personal Mangelware und die finanziellen Ressourcen sind begrenzt. Das belegen die Zahlen eindrucksvoll:
Die Sozialfondsstrategie 2030 ist ein Meilenstein für die Weiterentwicklung unseres sozialen Netzes. Sie schafft Klarheit (...) und stärkt die Zusammenarbeit.
Martina Rüscher
Die Kosten für den Sozialbereich sind seit 2020 um 39 Prozent bzw. 155 Millionen auf für 2026 prognostizierte 551 Millionen Euro gestiegen – 2025 waren es noch 522 Millionen Euro. Mit dem Ergebnis, dass das Land (60 Prozent) und Gemeinden (40 Prozent) bei der Finanzierung des Sozialfonds zunehmend an ihre Grenzen gelangen. „Eine Dämpfung des Ausgabenwachstums ist somit unumgänglich“, stellt Rüscher klar. Erreicht werden soll dies durch weniger Bürokratie und mehr Effizienz. Abstriche werde es dabei möglicherweise insofern geben, als Betroffene „zwei, drei Dörfer weiter fahren müssten“, der Leistungskatalog an sich soll allerdings nicht beschnitten werden. „In Vorarlberg wird niemand zurückgelassen“, versichert die Landesrätin.
„Richtige Richtung“
Und was sagt die Opposition zur neuen Strategie? Von den Neos gibt es immerhin verhaltenen Applaus. Die pinke Landtagsabgeordnete Fabienne Lackner sieht zwar keine große Reform, sehr wohl aber Schritte in die richtige Richtung – besonders was den neuen Fokus auf die Wirksamkeit von Sozialleistungen betrifft. „Ob die definierten Ziele mehr sind als eine Überschrift in einer Broschüre, wird sich allerdings in der Umsetzung zeigen.“ Es wäre nicht das erste Strategiepapier des Landes, das am Ende in einer Schublade verstaubt.
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.