Sensationsfund im Herzen des UNESCO-Biosphärenparks Mur-Drau-Donau! Denn dort tauchte ein sogenanntes Glattdick wieder auf. „Wir haben den Vertreter dieser ganz speziellen Störart auf den Namen ,Patrick‘ getauft. Die Spezies galt seit Jahrzehnten als ausgestorben“, so der WWF.
Ein Morgen im Oktober, irgendwo an der Drau. Der Nebel hängt tief über dem Wasser, das in sanften Wirbeln vorbeizieht. Ein kroatischer Angler, geübt und doch nichts ahnend, spürt plötzlich ein ungewohntes Gewicht an seiner Leine. Minuten später zieht er einen Fisch aus dem Wasser, wie ihn hier niemand mehr erwartet hätte: ein Glattdick-Stör, 176 Zentimeter lang, 35 Kilogramm schwer – und ein Überlebender einer Art, die längst als verschwunden galt.
Der WWF Österreich gab dem Exemplar den Namen „Patrick“. Der Fischer ließ ihn nach kurzer Vermessung und Begutachtung wieder in die Drau zurück. Für Biologen und Naturschützer ist dieser Moment ein kleines Wunder. Denn der Glattdick (Acipenser nudiventris), ein urtümlicher Bewohner des Donausystems, galt seit Jahrzehnten als ausgestorben.
Ökologische Hoffnung mit Vorsicht
Beim WWF Österreich spricht man von einer Sensation. „In Zeiten des Artensterbens gibt es kaum bessere Nachrichten als die Sichtung einer verloren geglaubten Art“, sagt Stör-Expertin Jutta Jahrl. „,Patrick’ lässt hoffen, dass er nicht das einzige Exemplar ist.“
Doch Freude und Skepsis liegen nahe beieinander. Eine einzelne Sichtung bedeutet noch keine Rettung. „Damit sich eine Population erholen kann, braucht es mehrere fortpflanzungsfähige Tiere“, mahnt Jahrl. Die letzte bestätigte Sichtung eines Glattdicks in der Region liegt 15 Jahre zurück. 2021 wurde die Art im Donaubecken von der Weltnaturschutzunion IUCN offiziell als lokal ausgestorben eingestuft.
Hoffnungsträger EU-Renaturierungsgesetz
Damit sich das Blatt noch wenden kann, setzt der WWF auf die Kraft der Renaturierung. Das neue EU-Renaturierungsgesetz könnte, so die Hoffnung, jenen Flüssen wieder Leben einhauchen, die durch Dämme, Begradigungen und Verschmutzung ihrer Dynamik beraubt wurden.
„Wir müssen die letzten frei fließenden Abschnitte dringend besser schützen und degradierte Bereiche wiederherstellen“, betont Jahrl. Nur dort, wo Flüsse sich frei entfalten dürfen, entstehen jene kiesigen Uferzonen und Nebenarme, die Störe zum Laichen brauchen.
Der Fund von „Patrick“ geschah im UNESCO-Biosphärenpark Mur-Drau-Donau – einem Naturjuwel, das sich über fünf Länder erstreckt und nicht umsonst als „Amazonas Europas“ bezeichnet wird. Hier, in den letzten wild fließenden Abschnitten des Donauraums, zeigt sich, was möglich ist, wenn Mensch und Natur im Gleichgewicht leben.
Im Rahmen des EU-Projekts „LIFE RESTORE for MDD“ arbeitet der WWF gemeinsam mit 16 Partnerorganisationen an der größten Renaturierungsinitiative, die die Region je gesehen hat. Rund 190 Kilometer Flusslauf sollen revitalisiert werden – mit dynamischen Kies- und Sandbänken, wieder verbundenen Nebenarmen und neuen Lebensräumen für unzählige Fischarten.
Unser Ziel ist sonnenklar: allen Flüssen in Österreich und ganz Europa wieder ihren Atem geben.
WWF-Expertin Jutta Jahrl
Alte Riesen in neuer Gefahr
Störe sind Überlebende aus der Zeit der Dinosaurier. Ihre schuppenlose Haut, die langen Barteln am Maul, ihr ruhiger Zug durchs Wasser – all das erinnert an eine Welt, die längst vergangen scheint. Doch ihre Zukunft steht auf der Kippe.
Dämme versperren ihnen die Wanderwege, illegale Fischerei dezimiert die letzten Bestände. Der Glattdick ist nur eine von sechs Störarten, die einst in der Donau heimisch waren. Zwei gelten bereits als ausgestorben, die übrigen vier sind stark bedroht.
Der WWF setzt daher auf zwei Pfeiler: Lebensräume wiederherstellen – und neue Hoffnung aus der Zucht geben. Junge Störe werden in der Donau ausgesetzt, in der Hoffnung, dass sie eines Tages zurückkehren. So wie „Patrick“.
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