Wiener Staatsoper

Die schön singende Braut unter Marktwert verkauft

Kritik
29.09.2025 17:16

Die Wiener Staatsoper wagte sich nach 36 Jahren Pause wieder an Friederich Smetanas großen Opernhit. Die Neuproduktion fiel nett bunt, aber doch ein wenig fad aus. Erst gegen Ende nahm der musikalisch brave Abend Fahrt auf. Dafür gab es laute Buhs für das Regieteam.

kmm

Wer in Prag „Smetana“ verlangt, kriegt Obers. Nichts anderes bedeutet der Name des tschechischen Komponisten auf Deutsch. Wer in Deutschland Sahne kauft, kann die „Bärenmarke“ mit einem Kuschelbären darauf wählen. Wer in die neue „Verkauften Braut“ in der Staatsoper geht, darf sich jetzt über unzählige putzige Smetana-Bärlis freuen. Der deutsche Regisseur Dirk Schmeding hat sich den herzigen Gag ausgedacht.

Und als sich die Dorfschöne am Ende des 1. Aktes weigert, den Vertrag zu unterschreiben, mit der sie ihr verschuldeter Vater an den Großgrundbesitzers-Sohn Vašek verschachern will, haben die bunten Kuschler ihren großen Auftritt. In Massen wuseln sie auf die Bühne und drücken der be­trop­pezten verschleierten Braut so viele rote Herzerlballons in die Hand, bis die abhebt. Dazu könnte Smetanas rasante Polka mit Chor grandios zünden. Tut sie aber nicht. Die Bärlis winken nur lieb, der Chor klingt alles andere als strahlend und vergnügt – und auch im Graben kriegt Dirigent Tomáš Hanus das ganze Obers nicht steif.

Smetana-Bärlis mit fliegender Braut.
Smetana-Bärlis mit fliegender Braut.(Bild: © Wiener Staatsoper – Michael Poehn)

Dabei hat er das Orchester mustergültig fein einstudiert. So aufgeräumt, wie der blitzblank gegeigte Ouvertüren-Hit schnurrt sonst selten ein Wiener Vorstellungsbeginn. Aber es folgt allzu lyrisch zelebrierte Betulichkeit. Das Timing stimmt nicht, und auch die hölzerne Neuübersetzung schmiegt sich nur störrisch in die Sängerkehlen. So hilft es wenig, dass Schmeding durchaus Nettes eingefallen ist, für seine bunte, surreale Kirtags- und Traumwelt, die ihm Robert Schweer auf die Bühne gestellt hat. Selbst ein Schlager wie das Duett zwischen dem fesch singenden Vašek von Pavol Breslik und Kezal zündet nicht. Warum Letzterer mit dem sympathischen Peter Kellner so fehlbesetzt ist, weiß vermutlich nur das Besetzungsbüro der Staatsoper.

Alle Trümpfe gehören daher Braut Mařenka, mit der Slávka Zámečníková dem Abend das große Licht aufsetzt. Vor allem in ihrer verzaubernden Arie im dritten Akt, in dem auch Michael Laurenz als prächtig stotterndes Muttersöhnchen Vašek aufdrehen kann, wenn er sich in die urkomische Tänzerin Esmeralda von Ilia Staple verliebt und sich als völlig derangiertes Tanzbärmonster zum Deppen macht. Schmeding verlegt den Akt komplett ins Zirkuszelt, lässt die großartigen Artisten der Ape Connection herumturnen – plötzlich zünden auch die Pointen, kriegt der Abend endlich Schwung. Hilft alles nichts. Am Ende entlädt sich wohl viel Frust im Buhgeschrei fürs Regieteam.

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