Bund & Länder

Wallner will Kompetenzen und Mittel neu verteilen

Vorarlberg
31.08.2025 13:15

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) strebt eine Neuaufteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Land an. Ein besonderer Dorn im Auge sind ihm die 15a-Vereinbarungen. „Sehr bürokratisch“ lautet seine Diagnose. Auch im Gesundheitsbereich will Wallner bisherige Strukturen entflechten. 

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) macht sich für eine Neuaufteilung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern insbesondere bei Bildung und Gesundheit stark und möchte den Großteil der 15a-Vereinbarungen abschaffen. Im Interview mit der APA richtete er Verhandlungsangebote an den Bund. Unter den Landeshauptleuten sei der Wille zum „Weiterkommen“ spürbar. Man wolle bis Ende nächsten Jahres „Ergebnisse erzielen“, so Wallner.

Der aktuell sehr große Spardruck sei Auslöser für neue Gespräche, sagte Vorarlbergs Regierungschef. Die Gebietskörperschaften hätten in den vergangenen drei, vier Jahren – ähnlich wie die Wirtschaft – Lohnsteigerungen von 30 Prozent verzeichnen müssen. Zudem gebe es nach wie vor Folgewirkungen der Corona-Pandemie. „Eine Bereinigung der Kompetenzlage“ sei geradezu ein Gebot der Stunde, betonte Wallner, etwa im Bildungsbereich. „Da ist man mit der Schaffung der Bildungsdirektionen auf halbem Wege stecken geblieben“, habe man damit doch eine „Mischbehörde“ geschaffen. Wallners Vorschlag lautet, die Bildungsverwaltung in die Landesverwaltung zu integrieren und damit Doppelstrukturen aufzulösen.

15a-Vereinbarungen einschrumpfen
Eine Auflösung – nämlich eine weitgehende Abschaffung – schwebt Wallner auch hinsichtlich der 15a-Vereinbarungen vor. Dabei handelt es sich um Beschlüsse zwischen dem Bund und den Ländern, die Investitionen des Bundes regeln, die üblicherweise an gewisse Bedingungen für die Länder geknüpft sind. 15a-Vereinbarungen seien ein „sehr bürokratisches System“, die man in der Regel in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Raumplanung abschließe – in Fachgebieten, „in denen Zuständigkeiten oft komplex geregelt sind“, kritisierte Wallner. Er schlägt vor, die Zahl der 15a-Vereinbarungen, von denen es aktuell knapp 50 gibt, auf ein Minimum zu beschränken. Die in den Ländern benötigten Gelder – etwa zum Ausbau der Elementarpädagogik – könnte man über den Bevölkerungsanteil der Bundesländer in die Ertragsanteile einfließen lassen. „Es gilt, Gesetzeskompetenz, Geld und Ausführung zusammenzubringen“, betonte der Landeshauptmann. Ein grundsätzliches Problem sei, dass der Bund meine, „er muss in allem steuern, auch dort, wo er keine Kompetenz hat“.

„Sehr kompliziert“ ist laut Wallner die Verflechtung im Gesundheitsbereich.
„Sehr kompliziert“ ist laut Wallner die Verflechtung im Gesundheitsbereich.(Bild: Mathis Fotografie)

Für den Gesundheitsbereich stellte Wallner fest, dass es dort seit Jahren eine Verflechtung zwischen Bund, Land, Gemeinden und Sozialversicherung gibt. Die gemeinsame Steuerung sei „sehr kompliziert“, die Erfahrung mit der neu geschaffenen Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) nicht sehr gut. So gebe es etwa die versprochenen österreichweit einheitlichen Leistungen bis heute nicht. „Ich weiß nicht, ob es in Europa noch jemand so kompliziert hat wie wir“, sagte Wallner und stellte die Frage in den Raum: „Und was hat der Patient davon?“ In seinen Augen gehört die gemeinsame Steuerung zwischen dem niedergelassenen Bereich und den Spitälern massiv verstärkt. Bei den überregionalen Versorgungszentren soll es hingegen eine österreichweite Koordinierung geben.

Bestimmte Fächer nur einmal anbieten
In Bezug auf die in Vorarlberg geplante Strukturreform der Spitäler – im Norden und Süden des Landes sollen in den Krankenanstalten bestimmte Fächer nur noch jeweils ein Mal angeboten werden – zeigte Wallner Beharrlichkeit. „Man muss die Kraft haben, und zwar im Sinne des Patienten“, unterstrich er. Es gehe in erster Linie nicht ums Sparen, sondern um die optimale Qualität für den Patienten und den Personaleinsatz. Eine 15 oder 20 Minuten längere Wegzeit sei dafür in Kauf zu nehmen. An allen Standorten alle Leistungen anzubieten, sei nicht das Konzept der Zukunft. Diesbezüglich erwarte er von den betroffenen Spitalsstandorten bzw. deren Bürgermeistern auch ein „Höchstmaß an Willen“. Bregenz, Bludenz und Dornbirn haben bereits große Bedenken angemeldet bzw. Widerstand angekündigt. „Mit Fundamental-Widerstand kann ich da wenig anfangen“, ließ Wallner wissen.

Zitat Icon

Man muss die Kraft haben, und zwar im Sinne des Patienten.

Markus Wallner (ÖVP)

Zustimmung zu Wallners Ideen „für eine bessere gemeinsame Steuerung von Spitälern und Ordinationen im Gesundheitswesen im Rahmen der Reformpartnerschaft“, kam am Samstag von Peter McDonald, Vorsitzender im Dachverband der Sozialversicherungsträger und Co-Vorsitzender der ÖGK. Es sei unbefriedigend, „dass die finanziellen Überweisungen an die Spitalsfonds der Bundesländer Jahr für Jahr massiv steigen“, sagte er. Man müsse einen Fokus auf Innovationen und Eigenverantwortung legen sowie „die Kompetenzlage der Institutionen klar zuordnen“, so McDonald.

Wohnbereich in Länderhand
In Sachen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern führte Wallner weiter aus, dass die Bundesländer grundsätzlich zu vielem bereit seien. So könnte man sich auch vorstellen, den Wohnbereich zur Gänze zu übernehmen. „Das sind Verhandlungsangebote an den Bund“, so Wallner. Bisher sei man zu einer Entscheidung nicht bereit gewesen. Klar sei aber auch: „Wer die Kompetenz übernimmt, muss auch die Mittel bekommen.“ Erste Gespräche mit dem Bund hätten begonnen, für Wallner soll es 2026, wenn zuerst Tirol und dann Vorarlberg den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz inne haben, Fortschritte und einen Abschluss geben. Dezidiert von Wallner festgehalten wurde auch, dass eine Verschiebung des Stabilitätspakts zu Lasten der Länder und Gemeinden – konkret: wie viel Defizit eine Gebietskörperschaft machen darf, um noch den Maastricht-Kriterien zu genügen – nicht infrage komme.

Das neue Pumpspeicherkraftwerk Lünersee II wird ein Meilenstein für Vorarlberg sein.
Das neue Pumpspeicherkraftwerk Lünersee II wird ein Meilenstein für Vorarlberg sein.(Bild: Mathis Fotografie)

Kein Netz-Ausbau im Osten auf Kosten Vorarlbergs
Die Auswirkung einer Bundesgesetzgebung auf die Länder verdeutlichte Wallner anhand des aktuell diskutierten Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG). Die Bauzeit für das projektierte Lünerseewerk II – es wird das größte Pumpspeicherkraftwerk Österreichs werden – betrage vier bis fünf Jahre, daran komme man nicht wirklich vorbei. Allerdings müsse man auch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mit einer Verfahrensdauer von vier bis fünf Jahren rechnen – die UVP-Vorprüfung für das 2,65 Mrd. Euro-Projekt sei im Sommer abgeschlossen worden, die eigentliche UVP soll im zweiten Quartal 2026 starten. „Wir haben das sehr praktisch auf dem Tisch liegen“, sagte Wallner. Jedes Jahr, das man bei der UVP „hereinholen“ könne, sei in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit und die Energiewende ein Gewinn. Im Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) werde über eine Beschleunigung beim UVP-Verfahren bei „überragendem öffentlichen Interesse“ diskutiert. „So etwas würde uns weiterbringen“, so Wallner. Für den Landeshauptmann unvorstellbar ist „ein Griff in unsere Kasse zum Netz-Ausbau im Osten“, wie es manche vorhätten. Vorarlberg sei ein eigenes Netzgebiet, habe eine eigene Netzgesellschaft und habe die Investitionen ins Netz in der Vergangenheit selbst gestemmt.

Abgänge werden nicht nachbesetzt
In Sachen Spardruck berichtete Wallner, dass man im Land bereits mit den Vorarbeiten zur Budgeterstellung für 2026 begonnen habe. Ohne Neuverschuldung werde man auch im nächsten Jahr nicht auskommen, so der Finanzreferent der Vorarlberger Landesregierung, es werde aber die Konsolidierung fortgesetzt. Man strebe eine Netto-Nullverschuldung an, werde dafür aber ein paar Jahre benötigen. „An dem Plan arbeiten wir“, so Wallner. In den Bereichen Soziales, Gesundheit oder auch Kinderbetreuung gelte es, die Wachstumsraten einzudämmen, das werfe auch strukturelle Fragen auf. In der Verwaltung bleibe man dabei, Abgänge nicht nachzubesetzen, eine große Rolle werde die Lohnrunde spielen.

Porträt von Vorarlberg-Krone
Vorarlberg-Krone
Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt