Die „Bergkrone“ traf Parakletterer Angelino Zeller beim Bergsteigen in den Dolomiten – und sprach mit ihm über Schönheit, Hürden und Hoffnungen im barrierefreien Bergsport.
Was wie ein Wunder klingt, ist die Lebensgeschichte vom Steirer Angelino Zeller – einem Mann, der im Rollstuhl sitzt und dennoch höher klettert als viele jemals nur zu denken wagen würden.
Nach einem Paragleitunfall 2017 querschnittgelähmt, zählt der 29-Jährige heute zu den besten Parakletterern der Welt.
Die „Bergkrone“ traf den dreifachen Weltmeister an den Cinque Torri in den Dolomiten bei Cortina, wo er mit ServusTV eine neue Bergwelten-Sendung dreht – über Mut, Inklusion und die Frage: Wie barrierefrei sind unsere Berge wirklich?
„Berge sind einfach Berge. Und ich finde, sie sollten es auch bleiben“, sagt Angelino, während sein Blick über die zackigen Türme der Dolomiten streift. Der Gratkorner spricht aber nicht von flächendeckender Asphaltierung oder Gipfel-Liften, sondern von sinnvollen Lösungen: „Einige Berge, wie der Schöckl bei Graz, zeigen, wie man Barrierefreiheit mit Respekt vor der Natur verbinden kann. Dort führt ein hölzerner Steg bis zum Gipfelkreuz. Das ist gelebte Inklusion.“
Dabei war es der Schöckl auch, der im Jahr 2017 Angelinos Leben veränderte. „Ich bin mit meinem Gleitschirm über den Gipfel gesoart. Es war mein zweiter Flug an diesem Tag und als der Wind stärker wurde, wollte ich landen.“ Doch plötzlich klappte der Schirm 20 Meter über einer Wiese ein – Angelino stürzte hart: „Es hat alles kurz vibriert. Dann wollte ich aufstehen, es ging aber nicht mehr.“
Trotz des Schocks bewahrte der damals 21-Jährige Ruhe, alarmierte selbst den Notruf. Diagnose: Querschnittslähmung. Doch statt zu verzweifeln, blickte Angelino nach vorne. Schon bei einem Reha-Ausflug entdeckte er das Klettern wieder – und wenig später stand er im Nationalteam.
heißt die Kategorie im Paraclimbing, in der Angelino startet und in der die Beine nicht oder kaum verwendet werden. Angelinos Klettertechnik beruht auf enorme Oberkörperkraft.
Bereits 2019 gewinnt Angelino seinen ersten WM-Titel im Paraclimbing, 2021 folgt Gold in Moskau, 2023 erneut in Bern. „Ich trainiere heute viel gezielter als früher. Mein Körper hat sich an die Belastung gewöhnt – und der Kopf ist sowieso der Schlüssel beim Klettern.“
Seine nächste große Mission: Die Titelverteidigung bei der WM im September 2025 in Seoul in Südkorea.
Aber nicht nur der Wettkampf reizt den Steirer: „Ich entdecke gerade die Liebe zum echten Felsklettern, zu Mehrseillängen, zu Projekten, die ich früher nie gedacht hätte.“
Was bedeutet Barrierefreiheit am Berg?
Angelino ist keiner, der jammert. Aber einer, der klar benennt, wo noch Luft nach oben ist: „WCs, Weidezäune, enge Zugänge – das sind echte Hürden. Und viele Bergbahnen sind noch nicht barrierefrei. Dabei wäre der Nutzen riesig – nicht nur für Rollstuhlfahrer, sondern auch für Familien mit Kinderwagen oder ältere Menschen.“
Positive Beispiele? „Neben dem Schöckl ist die Nordkette in Innsbruck super, und auch in Kitzbühel bin ich schon bequem hochgekommen.“ Wichtig für den 29-Jährigen: „Wenn neue Infrastruktur geplant wird, sollte Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht werden – dann profitiert eine ganze Community.“
„Allein die Aussicht ist barrierefrei genug“
Was für andere selbstverständlich ist, hat für Angelino tief Bedeutung: „Wenn ich auf einem Berg bin und ins Tal blicke – dann sehe ich die Welt endlich einmal von oben. Denn als Rollstuhlfahrer schaut man sonst meistens nur hinauf.“
Und der Steirer schätzt die Hilfsbereitschaft der Menschen in den Bergen. „Wenn ich mal frage, ob jemand einen Schranken öffnen kann, damit ich zur Hütte kommen kann, hat mir noch nie jemand nein gesagt.“
Angelino: „Ich will keinesfalls, dass jeder Berg barrierefrei wird – das würde zu viel Natur zerstören. Aber ich wünsche mir, dass es ein paar Orte gibt, die ich alleine erreichen kann. Vielleicht sogar Hütten, wo ich übernachten kann.“
Sein Traum: Das Innergschlöß im Nationalpark Hohe Tauern. „Dort will ich einmal hin – mit eigener Kraft, so weit es geht. Und ich kann jedem nur empfehlen: Seht das Schöne im Leben. Es ist nicht entscheidend, ob man eingeschränkt ist – entscheidend ist, wie man mit dem umgeht, was man hat.“
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