Das vor Jahren aufgeflogene Baukartell zog österreichweit bereits Millionenstrafen nach sich. Am Montag standen drei Steirer, ehemalige Bauleiter bzw. Geschäftsführer, in Graz vor Gericht und wurden verurteilt.
Es war (oder teilweise wohl: ist) in der Baubranche ein offenes Geheimnis: Bei Ausschreibungen sprechen sich Firmen bezüglich der Preisgestaltung ihrer Angebote vorher ab und schanzen sich gegenseitig Aufträge zu. Auch wenn das als gelebte Praxis betrachtet werden kann, ist es rechtswidrig. Im Jahr 2016 wurde in Österreich das sogenannte Baukartell aufgedeckt, das größte Kartell in der Geschichte der Zweiten Republik. Über mindestens 15 Jahre, von 2002 bis 2017, sollen die Machenschaften gelaufen sein. Es wurde gegen mehr als 850 Beschuldigte ermittelt, der Schaden geht in die Milliarden Euro.
„Eine sehr kompetitive Branche“
Ein Strang der komplexen juristischen Aufarbeitung wurde am Montag am Grazer Straflandesgericht verhandelt. Drei inzwischen pensionierte Geschäftsführer bzw. Bauleiter steirischer Baufirmen mussten sich wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen und schweren Betrugs verantworten; ihre Unternehmen bzw. Verbände waren bereits zuvor vom Kartellgericht zu Millionenstrafen verurteilt worden.
In der Branche ist es üblich, dass man sich kennt. Die Schwelle zur Absprache ist gering. Das System ist über Jahrzehnte gewachsen.
Der Ankläger der WKStA
„Es ist eine sehr kompetitive Branche. Die Herrschaften hier waren in ihrem Berufsleben extrem gefordert, hatten großen Druck“, erklärt der Ankläger der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Konkret geht es unter anderem um einen Auftrag eines steirischen Abwasserverbands, bei dem sich die beteiligten Firmen zuvor auf ein um rund 200.000 Euro überhöhtes Angebot einigten. Der Billigstbieter bekam den Zuschlag, die anderen Firmen dafür eine finanzielle Gegenleistung.
Alle Angeklagten zeigen sich geständig. „Ja, was der Herr Staatsanwalt sagt, stimmt komplett. Es ist so gewachsen. Leider“, sagt ein ehemaliger Geschäftsführer und erklärt, man habe quasi keine Wahl gehabt, wenn man wirtschaftlich überleben wollte.
Die Steirer fassen je neun Monate bedingte Haft sowie Geldstrafen zwischen 9000 und 10.800 Euro aus.
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