Interview mit Bariton Adrian Eröd: Er gibt sein Debüt in Krzysztof Pendereckis „Lukas-Passion“. Der Schauplatz ist die spektakuläre Waldoper in Sopot in Polen.
Ein Schlüsselwerk der musikalischen Moderne schuf der polnische Komponist Krzysztof Penderecki (1933-2020) mit seiner „Lukas-Passion“.1966 erklang sie in Deutschland, im Dom zu Münster, zum ersten Mal. Ein gewaltiges, ergreifendes Werk für Orchester, drei Solisten, Sprecher und mehrere Chöre. Die Uraufführung etablierte Penderecki als zentralen Komponisten im 20. Jahrhundert.
Das „Opera Baltic Festival“ (10. bis 6. 7.), das der polnische Bassbariton-Star Tomasz Konieczny 2023 initiiert hat und leitet, spielt die „Passion“ erstmals szenisch. Schauplatz ist die spektakuläre „Opera Leśna“ (Waldoper) in Sopot bei Danzig. Regie führt Barbara Wiśniewska. Die Besetzung ist hochkarätig: Der Spezialist Bassem Akiki dirigiert die Sinfonia Varsovia. Die Sopranistin Olga Bezsmertna und der Bariton Matthias Goerne singen an der Seite von Adrian Eröd, den wir vorab zu diesem besonderen Abenteuer befragt haben:
„Krone“: Wie relevant ist Pendereckis „Passion“ geblieben?
Adrian Eröd: Ich halte das Werk in seiner unmittelbaren Emotionalität für zeitlos gültig. Auch wenn die Musiksprache ein Kind ihrer Zeit ist, hat Penderecki mit diesem Werk- neben seiner „Threnodie für die Opfer von Hiroshima“ – das bleibende Dokument dieser musikalischen Stilepoche geschaffen.
Welchen Stellenwert haben Glaube und Religion heute noch?
Ich fühle mich als spiritueller Agnostiker, doch durch religiös inspirierte Kunst, sei es Musik von Josquin, Bach, Mozart bis Messiaen, romanische Architektur oder Malerei des 15. Jahrhunderts, spüre ich bis heute die Wichtigkeit des Glaubens.
Wie stark sind Pendereckis Referenzen an Bach?
Es gibt natürlich Berührungspunkte mit Bach. Ich spüre aber noch stärker die Verbindung zu Benjamin Brittens unmittelbar davor entstandenem „War Requiem“. Auch wenn die beiden Werke stilistisch komplett unterschiedlich sind, gibt es doch zahlreiche überraschende Parallelen und gemeinsame Bezugspunkte. Beim Singen der Jesus-Worte kommt allerdings tatsächlich immer wieder Bach unter der Oberfläche hervor und beeinflusst meine Interpretation.
Mit Conradin Kreutzers „Das Nachtlager in Granada“ wurde die Waldoper 1909 eingeweiht. Zur Unterhaltung der Gäste im mondänen Seebadeort Sopot bei Danzig hatte man die Freiluft-Bühne im Wald gefunden.
Größen wie Erich Kleiber dirigierten hier. Ab 1922 avancierte die akustisch grandiose Naturarena zum „Bayreuth des Nordens“, wurde bald von den Nationalsozialisten vereinnahmt. 1944 war dann Schluss.
Ab 1963 fand jährlich u. a. ein „Internationales Musikfestival“ statt.
2023 nahm Tomasz Konieczny mit Wagners „Fliegendem Holländer“ die Operntradition in der modern ausgebauten Arena für 5000 Zuschauer wieder auf.
2025 stehen hier auch „Salome“ von Strauss und etwa eine szenische „Winterreise“ in der Danziger Werft auf dem Festival-Programm.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Penderecki? Haben Sie die „Passion“ bereits gesungen?
Ich bin tatsächlich mit Pendereckis Musik aufgewachsen, und die „Lukas-Passion“ war dabei einer meiner ersten und bleibenden Eindrücke. Die wiederholten „Deus meus“-Seufzer hatte ich danach immer im Hinterkopf. Umso glücklicher bin ich, dass ich jetzt dieses Meisterwerk endlich auch selbst singen darf.
Und der Spielort?
Ich freue mich schon sehr auf die Waldoper, kenne sie nur aus Bildern, diese sind aber spektakulär und vielversprechend.
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