Wiener Ausstellung

Archäologen vor Rätsel – und jeder kann miträtseln

Wien
25.06.2025 11:40

Wissenschaft bedeutet oft auch, dass man zugibt, keine klare Antwort zu haben – etwa bei der spektakulären Entdeckung eines riesigen Kellers aus der Römerzeit in Wien, dessen Zweck ein Rätsel bleibt. Das Römermuseum macht aus der Not eine Tugend: Jeder darf die Funde begutachten und miträtseln.

Auch Kristina Adler-Wölfl, die Leiterin der Stadtarchäologie Wien, konnte ihr Erstaunen nicht verbergen: Was man an der Ecke Bauernmarkt und Jasomirgottstraße in der Innenstadt im Jahr 2017 gefunden hatte und fünf Jahre später genauer untersuchen konnte, war auch für sie „etwas ganz Außergewöhnliches“ und eine Überraschung, wie man sie bei Ausgrabungen nicht oft erlebe: ein Kellerraum des Römerlagers Vindobona von gewaltigen Ausmaßen – und mit rätselhafter Bestimmung.

Jeder Besucher wird zum Detektiv
Eine neue Ausstellung im Römermuseum am Hohen Markt erzählt nun die Geschichte der Ausgrabung und des Raums. Fertig erzählen sollen die Geschichte die Besucher selbst. Wie bei einem Krimi werden dabei alle Indizien präsentiert, die die Archäologen sammeln konnten. Als „Detektive“ können und sollen sich die Besucher betätigen. Spielerisch wird dabei auch der wissenschaftliche Alltag in der Archäologie vermittelt, beginnend bei penibel untersuchten 1800 Kubikmetern Erde, Schutt und Mist, mit denen der Kellerraum irgendwann rund um das Jahr 400 zugeschüttet wurde.

Die Besucher werden zu „Kollegen“ der Stadtarchäologen.
Die Besucher werden zu „Kollegen“ der Stadtarchäologen.(Bild: Wien Museum / Eva Kloimstein)
Penibel wurde der Fund kartographiert.
Penibel wurde der Fund kartographiert.(Bild: Wien Museum)
Die Ausstellung vermittelt die Forschungstechniken der Archäologie, damit Besucher das Rüstzeug ...
Die Ausstellung vermittelt die Forschungstechniken der Archäologie, damit Besucher das Rüstzeug für ihre eigenen Schlussfolgerungen bekommen.(Bild: Wien Museum / Eva Kloimstein)

Das Wissen um den rätselhaften Raum ist auch deshalb lückenhaft, weil – wie so oft in der Stadtarchäologie – keine vollständige Ausgrabung möglich war. Angesichts dessen ist es umso beeindruckender, was sich mit wissenschaftlicher Arbeit herausfinden ließ: Der Raum hatte die beeindruckenden Maße von 30 mal 15 Metern, war fünf Meter tief, und muss rund um das Jahr 300 errichtet worden sein, als Vindobona längst kein Lager im herkömmlichen Sinn mehr, sondern eine ummauerte Festungsstadt war.

Rund hundert Jahre lang wurde der Raum genutzt. Die Archäologen listen genau auf, warum – oder warum nicht – der Raum eine Kultstätte, ein Vorratslager, ein „begehbarer Safe“, ein einfacher Hauskeller oder ein Gefängnis gewesen sein könnte. Sie verschweigen auch nicht, was sie für die wahrscheinlichste Erklärung halten und was eine Säule vor einem Fenster damit zu tun hat. Aber wie immer in der Wissenschaft gilt: Das bessere Argument gewinnt – auch wenn es von einem Besucher kommen sollte.

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