Einstiges Traumpaar
Wenn Netrebkos Ex die Diva klangvoll überflügelt
Anna Netrebkos neue Rolle der Lisa in Tschaikowskys „Pique Dame“ hat noch Luft nach oben, Yusif Eyvazovs Interpretation des Hermann besticht durch seine Kraft.
Der 30. Jänner 2022 ist noch gut in Opern-Erinnerung: Valery Gergiev brachte die 34. Reprise der „Pique-Dame“-Inszenierung Vera Nemirovas zum Glühen und Brennen. Kurz später griff Russland die Ukraine an und Putin-Intimus Gergiev war schnell alle Verpflichtungen im Westen los.
Zur 35. Aufführung am Samstag demonstrierte vor der Oper wieder mal ein paar Aufgebrachte gegen Anna Netrebko und ihr angebliches Naheverhältnis zu Putin. Das Publikum nahm es gelassen, wollte die Netrebko lieber singend beurteilen. Immerhin stand ein spätes Rollendebüt an. Noch dazu an der Seite von Yusif Eyvazov.
Auf der Bühne immer noch vereint
Das einstige Traumpaar geht nach seiner Scheidung privat getrennte Wege. Doch auf der Bühne sind sie immer noch ein Liebespaar.
Diesmal beeindruckte der Ex sogar mehr. Man muss sein Timbre nicht mögen, aber wie Yusif Eyvazov die mörderische Tenor-Partie des Hermann stemmt, beeindruckt stark. Allerdings hat er den Spielsüchtigen, der, um an das Sieg verheißende Karten-Geheimnis der Gräfin zu gelangen, ihre Enkelin ins Verderben reißt, bereits gesungen. Dafür gab es laute Bravos, und ein paar ungerechtfertigte Buhs.
Netrebko bekam nach ihrem Rollendebüt sogar Blumen, aber doch weniger Jubel als gewohnt. Ihre sehr reif klingende Lisa scheint sie noch nicht ganz in der Kehle zu haben. Da wirkt vieles zu angestrengt, zu unfokussiert, um die erwartete Souveränität und Strahlkraft zu liefern. Prachtvoll orgelte dagegen Boris Pinkhasovich den Jeletzki. Auch Alexey Markov gefiel als Tomski, während man die Gräfin (Elena Zaremba) charismatischer kennt. Der enttäuschendste Debütant stand mit Timur Zangiev, Jahrgang 1994, am Pult des nicht immer optimal klingenden Orchesters. Da fehlte es an Koordination, Kraft und Spannung. So sticht die Pique Dame nicht.
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