Der ukrainische Präsident wird am Montag in Wien erwartet. Dafür wurde der Raum um den Heldenplatz großflächig abgesperrt. Wolodymyr Selenskyj soll bei seinem Besuch mit Österreichs Spitzenpolitikern zusammentreffen – was vor allem die FPÖ auf die Barrikaden gehen lässt.
Das Platzverbot ist seit 9 Uhr in Kraft. Gleichzeitig ist eine große Polizeipräsenz geplant. Eine Kundgebung der ukrainischen Diaspora sowie eine Demonstration gegen den Besuch Selenskyjs sollen jeweils außerhalb der Sperrzone stattfinden.
Eine konkrete Zahl der eingesetzten Kräfte wurde nicht bekannt gegeben, informierte eine Sprecherin der Landespolizeidirektion Wien auf Anfrage.
„Neben der Einsatzabteilung und Spezialkräften wie der Polizeidiensthundeeinheit, WEGA und EKO Cobra sind am Montag auch Bezirkskräfte sowie die Verkehrspolizei im Einsatz“, erläuterte sie. Die österreichischen Behörden stünden zudem in engem Austausch mit dem Sicherheitspersonal des Staatsgastes.
Auswirkungen hat die Präsenz des ukrainischen Staatsoberhaupts aber auch für Nationalbibliothek und Haus der Geschichte Österreich: Die am Heldenplatz untergebrachten Institutionen bleiben wegen der polizeilichen Platzsperre den gesamten Montag geschlossen, informierte die Nationalbibliothek auf ihrer Homepage.
Dringliche Anfrage sorgt für Aufregung
Zu Beginn der Nationalratssitzung am Montagvormittag – geprägt von der Trauer zum Grazer Attentat – sorgte eine Dringliche Anfrage der FPÖ zu Selenskyj für Aufregung. „Die FPÖ sieht diesen Besuch als Teil einer politisch motivierten Inszenierung, die weder im Interesse der österreichischen Bevölkerung noch im Einklang mit unserer Neutralitätsverpflichtung steht“, heißt es in der Begründung der FPÖ.
„Nicht zuletzt ist für die Bürger Österreichs interessant, welche Kosten dieser Besuch verursacht – sowohl für die Sicherheit als auch in Zusammenhang mit weiteren finanziellen Zusagen, die gerade angesichts der massiven Belastungen durch das Budget besonders hinterfragenswert sind“, ließ die freiheitliche Außensprecherin Susanne Fürst mitteilen.
Kanzler Stocker muss im Nationalrat über den Besuch Selenskyjs Rechenschaft ablegen.
FPÖ-Klubobmannstellvertreterin Susanne Fürst
„Pietätlos“: Parteien wettern gegen die Blauen
Politiker anderer Parteien beschrieben die Anfrage aufgrund des Zeitpunktes als „pietätlos“. „In einer der sensibelsten Sitzungen dieses Jahres anlässlich des Gedenkens der Opfer von Graz, lässt die FPÖ jeden Anstand vermissen“, erklärte der NEOS-Klubobmann Yannick Shetty, der den Freiheitlichen „Scheinheiligkeit“ vorwarf.
In einer der sensibelsten Sitzungen dieses Jahres anlässlich des Gedenkens der Opfer von Graz, lässt die FPÖ jeden Anstand vermissen.
NEOS-Klubobmann Yannick Shetty
Mit der Anfrage würden die Blauen die Tagesordnung für ihre „parteitaktischen Spiele“ nutzen. Die FPÖ zettele eine „Schein-Debatte“ an, die von der eigenen „politischen Ratlosigkeit“ ablenken solle: „Zu spalten, wenn das Land zusammenrückt. Das ist nicht nur geschmack-, sondern verantwortungslos.“
Auch die ÖVP übt massive Kritik an den Freiheitlichen. „Wer Staatsbesuche skandalisiert, trägt nichts zu Frieden bei. Dennoch versucht die FPÖ den Staatsbesuch zu skandalisieren. Die FPÖ spricht zwar viel von der Neutralität, hat sie aber nie auch nur im Ansatz verstanden. Denn Neutralität bedeutet nicht Isolation. Neutralitätspolitik braucht Diplomatie“, betonte ÖVP- Generalsekretär Nico Marchetti.
Wer Staatsbesuche skandalisiert, trägt nichts zu Frieden bei.
ÖVP- Generalsekretär Nico Marchetti
Kickl kritisiert „hofieren“ von Selenskyj
Der Besuch von des Ukrainers ist den Freiheitlichen schon länger ein Dorn im Auge. FPÖ-Chef Herbert Kickl monierte bereits am Samstag die Überschneidung des geplanten Besuchs mit dem Beginn der Budgetdebatte im Nationalrat am Montag. Kickl vermutete, dass die Regierungsspitze am Nachmittag mit Beginn der Budgetdebatte das Plenum „fluchtartig“ verlassen werde, „um Selenskyj hofieren zu können“.
Daher habe man den Parlamentsfahrplan dementsprechend umgestellt, so Kickls Vorwurf: „Die Koalition plant offenbar, die längste und teuerste Regierungsbank nach kurzer Zeit zu verlassen und sich der Verantwortung für ihr Belastungspaket zu entziehen, um noch mehr Steuergeld in Form von Geschenken und Versprechen an Selenskyj zu verschwenden und, wie leider üblich, die Neutralität Österreichs mit Füßen zu treten.“
Als Selenskyj über Österreich sprach
Der ukrainische Präsident wandte sich seit Kriegsbeginn dreimal an die österreichische Politik und Bevölkerung. Bei seiner Rede im Nationalrat hatte Selenskyj 2023 Österreich für die Hilfe gedankt und um Unterstützung bei der Entminung gebeten. Per Leinwand betonte er gegenüber den Abgeordneten im Plenarsaal, dass es wichtig sei, „moralisch nicht neutral gegenüber dem Bösen zu sein“.
Ende Juni 2022 hatte Selenskyj im Rahmen des 4Gamechangers-Festivals in der Wiener Marx Halle in einer Live-Schaltung jenen gedankt, „die verstehen, wer an diesem Krieg schuld ist“. Er verteidigte die Sanktionen gegen Russland und warnte vor einem „Migrationstsunami“ aus Afrika. Bei einem Solidaritätskonzert im März 2022 auf dem Wiener Heldenplatz war eine voraufgezeichnete Videobotschaft von Selenskyj gezeigt worden.
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