Ein Jahr nach der Flut

Das Wasser ist gegangen, die Angst ist geblieben

Burgenland
09.06.2025 06:00

Es ist ein Datum, das sich eingebrannt hat: in Höfe, Häuser und Köpfe der Menschen. Vor genau einem Jahr, in der Nacht auf den 9. Juni, trat der sonst so unscheinbare Seraubach in Unterschützen im Burgenland über die Ufer und riss alles mit sich. Zu den Erinnerungen und Emotionen gesellt sich ein Appell an die Politik.

Es war der Beginn einer Katastrophe, wie sie die südburgenländische Gemeinde Unterschützen seit Generationen noch nicht erlebt hatte.

„Es war alles verwüstet. Die Häuser standen zum Teil mehr als 1,5 Meter unter Wasser, Keller, Stallungen, alles kaputt“, erinnert sich Kurt Portschy. Nur wenige Stunden nach der Flut begannen die Aufräumarbeiten. „Die Freiwillige Feuerwehr war sofort da, ohne sie wäre es nicht gegangen.“ Auch der Katastrophenschutz des Landes Burgenland und die Gemeinde griffen beherzt zu, später auch das Bundesheer und unzählige freiwillige Helfer des Roten Kreuzes.

Vier Brücken wurden allein in Unterschützen komplett zerstört. Autos, Häuser, Ställe – alles kaputt.
Vier Brücken wurden allein in Unterschützen komplett zerstört. Autos, Häuser, Ställe – alles kaputt.(Bild: Christian Schulter)

Es wird noch immer gearbeitet
Heute, ein Jahr später, sieht man die Spuren der Hochwasserkatastrophe noch immer: an Fassaden, in Gärten und in den Gesichtern der Menschen. Ortsvorsteher Christian Zetter, selbst betroffen, zieht Bilanz: „Im Großen und Ganzen sind wir mit Putzen, Räumen und Restaurieren fertig. Aber Kleinigkeiten tauchen immer wieder auf. In der ganzen Gemeinde sieht man noch, dass gearbeitet wird. Es ist nach wie vor Betrieb, obwohl schon ein Jahr vergangen ist.“

Finanzielle Hilfe und Ärger über Versicherungen
Auch die Hilfe sei nicht von Anfang an reibungslos angelaufen. „So einfach war das nicht. Gutachten, Formulare, viel Bürokratie. Aber wir dürfen nicht undankbar sein. Während in anderen Bundesländern nur 30 Prozent ersetzt wurden, bekommen wir im Burgenland 70 Prozent. Es dauert halt einfach“, betont Christian Zetter und zeigt sich trotz der Verzögerungen zufrieden mit der Unterstützung.

Die Abdeckung der Schäden habe grundsätzlich funktioniert. Ab Oktober ging es dann zumindest finanziell bei den Betroffenen aufwärts. „Ab da ging’s“, sagt auch Kurt Portschy. Heizung, Elektrik – alles musste raus. Installateure waren ausgebucht.“ Groß bleibt die Kritik an den Versicherungen. „Die kamen am Tag nach der Katastrophe mit Anzug und weißen Schuhen, haben Visitenkarten verteilt – und waren wieder weg“, schildert Portschy.

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Die Solidarität war gewaltig. Wir haben in der schweren Zeit gespürt, was Gemeinschaft bedeutet. ist. Ich bin stolz, Unterschützer zu sein.

Kurt Portschy, Betroffener aus Unterschützen

Viele Betroffene hatten nur sehr geringen Schutz – maximal 10.000 Euro, obwohl die tatsächlichen Schäden ein Vielfaches betrugen. Wer sich nun besser absichern möchte, stößt auf Grenzen. „Viele würden gerne höher versichern, aber das ist nicht mehr möglich. Die Versicherungen nehmen uns nicht mehr.“ Für Portschy ist klar: „Es braucht eine gesetzliche Lösung. Es kann nicht sein, dass immer Bund oder Land einspringen muss.“

1916 bis 2024: Unterschützen war schon oft betroffen
Alte Chroniken zeigen: Unterschützen war immer hochwassergefährdet – 1916, 1955, 1985, 1986 und zuletzt 2018. Dennoch wurde nicht früh genug reagiert, wiegt die Kritik aus der Bevölkerung schwer. „Meteorologen wissen genau, wann es kritisch wird. Der Boden war schon am 3. Juni voll, und wir wurden nicht gewarnt“, sagt eine Unternehmerin, die namentlich nicht genannt werden möchte. „Ich will nicht jammern, es muss weitergehen, aber es ist unverständlich, warum wir keinen Hochwasserschutz bekommen.“ Ihr Appell: „Wir brauchen Überwachung, Schutz, langfristige Lösungen – wenigstens in den Sommermonaten.“ Und auch danach bleibt etwas: „Die Angst, die Bilder, die Sorgen. Das geht nicht mit Aufräumen weg.“ 

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