(Bild: KMM)

Zu Gast im Schloss

„Wir sind nicht reich“, sagt die Schlossherrin

Elisabeth Kuefstein fährt ein 16 Jahre altes Auto, erzählt vom Albtraum Dachsanierung und ärgert sich über das falsche Bild, das viele von Adel und Schlossbesitzern haben. Seit Jahrzehnten widmet sie sich dem Erhalt des Renaissance-Juwels Greillenstein im niederösterreichischen Waldviertel. 

Die Schlossherrin erwartet die „Krone“ vor dem prachtvollen historischen Gebäude. Das Renaissance-Schloss Greillenstein liegt im Waldviertel, eine Stunde von Wien entfernt.

Die Hauptfassade von Schloss Greillenstein
Die Hauptfassade von Schloss Greillenstein(Bild: Jöchl Martin)

Der Ur-Urgroßvater ist Kaiser Franz Joseph
Seit 1534 ist es im Besitz der Familie Kuefstein, die Gastgeberin ist die Ehefrau von Andreas Kuefstein. Erfahrung mit historischen Gebäuden hat die Hausherrin mitgebracht, denn sie wuchs selbst in solchen auf. Sie ist mütterlicherseits die Ur-Urenkelin von Kaiser Franz Joseph, der Vater ist Mitglied des Hauses Wittelsbach, die früheren bayrischen Royals – ihr Mädchenname lautete Elisabeth, Prinzessin von Bayern. Seit Jahrzehnten widmet sich Elisabeth Kuefstein dem Erhalt von Greillenstein. Sie wird später  mehr über diese Mammutaufgabe erzählen.

Die Hausherrin mit Schlosshund „Alfie“, der sie immer begleitet
Die Hausherrin mit Schlosshund „Alfie“, der sie immer begleitet(Bild: Jöchl Martin)

Beim Rundgang durch die vielen unterschiedlichen Flügel und Räume mit ihren verschiedenen Stilepochen – von der Renaissance bis zum frühen 20. Jahrhundert – erzählt Elisabeth Kuefstein über den Alltag im Schloss. Greillenstein gehört zu jenen privaten Schlössern, die ihre Tore für Besucher öffnen. Die Schwiegereltern begannen, zunächst einen Teil des Schlosses öffentlich zugänglich zu machen.

Die Pracht der Renaissance im alten Teil des Schlosses 
Die Pracht der Renaissance im alten Teil des Schlosses (Bild: Jöchl Martin)

Fotografieren ist während der Führung nicht erlaubt. Ob sich alle Besucher daran halten? „Ja, schon“, sagt Elisabeth Kuefstein, „wenn man höflich darauf hinweist, stößt man immer auf Verständnis“. Die Familie möchte Handyfotos vom Inneren des Schlosses, die dann in den sozialen Medien zirkulieren, vermeiden. Es ginge um Sicherheit und um Respekt vor der regionalen Geschichte.

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Jede Generation muss etwas tun, sonst verfällt es.

Elisabeth Kuefstein

Man freue sich über jeden Besucher, überhaupt über jeden, der sich für die Geschichte von Schloss Greillenstein und jene des Waldviertels interessiere, aber nicht alles sei im Internet gut aufgehoben. Welchen Nutzen soll ein Foto eines Raumes mit Barockmöbeln haben, das unkommentiert ins Netz gestellt wird? Es ist dann ein weiteres ästhetisches Foto unter Milliarden, man blickt eine Sekunde darauf und wischt auf dem Handy weiter.

Die Bibliothek der Grafen Kuefstein aus dem 19. Jahrhundert
Die Bibliothek der Grafen Kuefstein aus dem 19. Jahrhundert(Bild: Jöchl Martin)

Denn ein Schloss wie Greillenstein, dessen Geschichte bis ins frühe 14. Jahrhundert zurückgeht, erzählt so viel mehr: Von den Menschen, die es mit ihrer Arbeitskraft geschaffen und durch ihr Handwerk einzigartig gemacht haben.

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Das Interesse an Adel ist definitiv da.

Elisabeth Kuefstein

Von einer adeligen Familie, die es durch alle Krisen und Notzeiten hindurch bis heute erhalten hat. Und von einer Region, deren Bewohner vom Dreißigjährigen Kriegs über Napoleons Plünderungszug von Mähren nach Wien bis zu den Schrecken des Zweiten Weltkriegs alles abbekommen haben.

Ein Blick auf die alten Herrschaftsakten im Archiv
Ein Blick auf die alten Herrschaftsakten im Archiv(Bild: Jöchl Martin)

Wie Elisabeth Kuefstein das große Interesse an Adel, adeligen Familien findet, also jenen, die vor 1919 in Österreich die Titel Fürst, Graf oder Freiherr trugen? „Das Interesse ist definitiv da“, sagt sie, aber leider sei immer noch „ein völlig falsches Bild in der Bevölkerung verankert“. Das, was man landläufig unter „Adel“ verstehe, sei eine Mischung aus Wunschdenken, einer Prise Märchen und einer Klatschpresse, in der es nur um Reichtum und Lifestyle gehe. Die falsche Konsequenz aus diesem falschen Bild: Jeder glaubt, wer ein Schloss besitzt, wäre reich. „Ich selbst fahre ein 16 Jahre altes Auto und wir wohnen auch in keiner Villa, sondern in einem Nebengebäude des Schlosses“, stellt die Hausherrin klar.

Ein Damensalon im jüngeren Teil des Schlosses
Ein Damensalon im jüngeren Teil des Schlosses(Bild: Jöchl Martin)

Was die größte Herausforderung bei der Sanierung eines Schlosses ist? „Immer das Dach“, erklärt die Hausherrin, „Schlossdächer sind steil, man kann nichts selbst machen, weil es zu gefährlich ist, nur Professionisten können ein altes Dach sanieren. Bei uns ist auch noch der originale Dachstuhl vorhanden, was alles noch mal verteuert“.

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Jeder Euro fließt in den Erhalt des Schlosses.

Elisabeth Kuefstein

Die Eintrittsgelder ins Schlossmuseum decken gerade einmal die laufenden Kosten des Museumsbetriebes ab, aber man könne nichts an der Substanz machen. Ob die Erhaltung eines Schlosses eine Lebensaufgabe sei? „Dafür braucht man gleich mehrerer Leben“, lacht Elisabeth Kuefstein. „Jede einzelne Generation muss etwas tun, sonst verfällt es.“

Das „Raucherzimmer“: Die grüne Tapete ist eine der wenigen erhaltenen Papiertapeten aus der Barockzeit.
Das „Raucherzimmer“: Die grüne Tapete ist eine der wenigen erhaltenen Papiertapeten aus der Barockzeit.(Bild: Jöchl Martin)

Wie sieht also ein authentisches „adeliges“ Leben im Familienschloss aus – abseits des erwähnten Wunschbildes? Man muss immer vor Ort sein und das kann manchmal ganz schön abgelegen sein. Jeder verdiente Euro fließt in den Erhalt des Schlosses, und dennoch wird man mit der Sanierung immer hinten nach sein. Und, man muss selbst Hand anlegen: im Schloss, im Hof, im Garten, an der Kassa, im Shop, überall. „Man lebt für das Schloss, man muss es aber auch annehmen“, sagt Elisabeth Kuefstein, „ich verstehe aber auch jeden, der er nicht mehr annimmt“, fügt sie nachdenklich hinzu. Ob in Zukunft wohl immer mehr private Schlösser angesichts dieser Herausforderungen zusperren werden? „Ich fürchte, ja“.

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