Schauspielstar Bill Murray und Cellist Jan Vogler lernten sich auf Reisen kennen, wurden Freunde und begannen gemeinsam zu musizieren. Mit ihrem Programm „New Worlds“ sind sie quer über den Globus auf Tour, am 1. Juli spielen sie im Wiener Konzerthaus. Im amüsanten Doppeltalk gaben die beiden der „Krone“ tiefere Einblicke in ihre künstlerische und private Freundschaft.
„Krone“: Bill, Jan – mit eurem klassischen Musikprogramm „New Worlds“ kommt ihr als Quartett am 1. Juli erstmals offiziell live nach Österreich ins Wiener Konzerthaus. Endlich, möchte man sagen.
Bill Murray: Wir waren 2018 schon einmal in Wien im Kunsthistorischen Museum zu einer Ausstellungseröffnung. Damals wurde mein guter Freund Wes Anderson mit seiner Frau eingeladen und er hat uns gefragt, ob wir dort nicht spielen möchten. Wir spielten dann in einem ganz kleinen, wunderschönen Raum – das war eine tolle Erfahrung. Ich erinnere mich noch an die tolle Party danach im Hotel.
Jan Vogler: Das Kunsthistorische Museum gehört meiner Meinung nach zu den berühmtesten der Welt. Dort aufzutreten, war auch für mich eine große Ehre. Wir wurden nachts herumgeführt und haben uns die Bruegel-Ausstellung angesehen bei einer Spezialtour – grandios. Danach wurde nur noch gefeiert und getanzt und um 4 Uhr morgens haben wir uns alle in Bills riesengroßem Hotelzimmer getroffen.
Murray: Die Aftershowpartys sind doch immer interessanter als die normalen Auftritte. (lacht) Die Stadt war an dem Abend komplett heruntergefahren und ruhig und bei mir im Zimmer steppte der Bär. Es war wohl die Präsidenten-Suite oder so etwas in der Art. Die Bar hatte auch schon zu, aber der Room Service ging die ganze Nacht. Wir waren locker 40, 50 Leute in meinem Zimmer. Wir hatten eine Boombox und eine Menge Champagner. Ich glaube, gegen 5.30 Uhr waren wir damit durch.
Vogler: Solange man zwischen diesen Nächten noch Konzerte spielen kann, ist alles gut. (lacht) Tags darauf sind wir ins Flugzeug gestiegen, um nach Australien zu fliegen. Was für ein verrückter Abend, aber wir werden ihn nie vergessen.
Warten wir mal ab, ob es heuer wieder so rundgehen wird. Im Prinzip ist das „New Worlds“-Programm für eine Stadt wie Wien prädestiniert. Es gibt in Europa keine zweite Stadt, wo Klassik so geatmet und gelebt wird und ihr vermischt Lieder großer europäischer Komponisten mit den Gedichten und Texten großer amerikanischer Poeten und Literaten. Wie stark seid ihr von der klassischen österreichischen Musikhistorie inspiriert?
Murray: Den Großteil der klassischen Musik in meinem Leben habe ich als junger Schauspieler in der Badewanne gehört. Das war meine Entspannungsmusik. Ich bin in die Wanne eingesunken und habe in Chicago den Sender mit klassischer Musik aufgedreht, um mein Hirn zu entspannen. Ich dachte damals, diese Kombination aus Entspannungsbad und klassischer Musik würde mich klüger machen und meine Schauspieler-Karriere pushen. Währenddessen blickte ich aus dem Fenster auf die Skyline in Chicago und hielt mich für den Auserwählten.
Ihr beide habt euch auf einem Flug kennengelernt, miteinander angefreundet und dann irgendwann beschlossen, gemeinsam dieses Projekt auf die Beine zu stellen. Das ist nicht der üblichste Weg, wie künstlerische Kooperationen entstehen …
Vogler: Kein üblicher, aber ein umso lohnenswerterer Weg. Als wir uns kennenlernten, drehte Bill gerade den Film „The Monuments Men“ und fuhr dann extra rauf nach Dresden, um mein Konzert zu besuchen, wo ich am Cello Bach-Suiten spielte. Danach haben wir noch ein Konzert mit den New Yorker Philharmonikern gesehen, trafen uns immer wieder auf ein paar Aftershowpartys und Filmpremieren und irgendwann landeten wir in denselben Fitnesscentern. Dann sprach Bill Balu den Bären in „Das Dschungelbuch“ und ich sah mir den Film mit meinen damals noch recht kleinen Kindern an – großartig. Er hat im Film gesungen und mir gefiel dieser Gesang auf Anhieb. Er hat mich dann auf einen „Poetry Walk“ auf der Brooklyn Bridge eingeladen, wo er Gedichte von Walt Whitman rezitierte. Mich hat diese Welt immer fasziniert und ihn dabei zu hören war wundervoll. Dann schoss es mir ein: Bill kann wundervoll singen und lesen. Ich kann ganz gut Cello spielen und kenne andere tolle Musikerinnen. Warum gründen wir kein Quartett und unterhalten die Menschen mit unseren Talenten?
Euch beiden ist im Alltag aber alles andere als langweilig, ihr seid prinzipiell immer sehr gut ausgelastet. Ist es schwierig, dass ihr ausreichend Zeit für eine Live-Tour findet?
Vogler: Wir hatten nie einen großen Plan, sondern gingen immer ganz instinktiv ans Werk. Es gibt Dinge im Leben, für die legt man das Smartphone gerne aus der Hand. Für die bricht man auch gerne aus seinen üblichen Rollen in der Schauspielerei und der klassischen Musik aus, weil sie einem so wichtig sind und man den Moment genießen möchte. Ich habe sehr früh von Bill gelernt, dass man immer im Moment leben sollte. Nicht zu viel an damals und auch nicht an später denken – sonst verpasst du das, was wirklich passiert.
Murray: Alles begann mit einer einzelnen Show im New York Yacht Club. Nach dem Konzert sind wir an die Bar geeilt und haben uns aufgrund des Erfolgs und der Euphorie ein paar Drinks gegönnt. Als wir damit fertig waren, hat uns die Carnegie Hall gebucht und dann folgte noch ein Auftritt in der Oper in Sydney. Dieser Gig war aber eineinhalb Jahre entfernt und ich habe erstmal geschluckt, weil wir natürlich alle Pläne hatten. Aber die Carnegie Hall und die Oper in Sydney sind zwei der schönsten Venues der ganzen Welt. Wie könnte man da nicht auftreten wollen? Da haben wir erstmals gemerkt, welches Gewicht dieses Projekt eigentlich hat. Wir spielten dann auch einige Male ein Europa, in Australien und vor allem in den amerikanischen Städten. Wir hatten eine köstliche Tour und haben die ganze Welt und ihre schönsten Hallen gesehen, bis dann in Sydney alles endete.
Das war dann auch das Ende der ersten Inkarnation dieser Combo, weil dann Corona ausbrach und alles stillstand. Ich drehte wieder Filme und die anderen gingen zurück zu ihren klassischen Solokarrieren. Irgendwann hatten wir die Idee, dass es doch nett wäre, wieder etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen. Diesen Gedanken teilten wir alle und schon hatten wir wieder eine Europatour gebucht und sind jetzt in Hallen und Sälen, die wir noch nicht kennen. Oder die zumindest ich nicht kenne. Wir spielen in schönen Venues, werden tolle Menschen treffen und viel erleben. Ich kann es wirklich nicht mehr erwarten, endlich loszulegen.
Wie wichtig ist denn die richtige Location, um eure Kunst zu teilen? Das Konzerthaus in Wien gehört auch zu den schönsten Sälen, in denen man klassische Musik spielen kann.
Murray: Für mich ist das eine riesengroße Sache. Jan kennt all diese Plätze in- und auswendig, aber ich bin maximal daran vorbeigefahren. Die hätten mich doch auch nie hineingelassen, aber nun ist es so weit. Es gibt schon ganz schräge Orte – zum Beispiel die Elbphilharmonie in Hamburg. So gigantisch, so besonders, so einzigartig. Dort sind wir schon 2017 aufgetreten und wir haben die Bude zerlegt, so gut haben wir abgeliefert. In den USA kennen wir viele Menschen und einige meiner Freunde von der Westküste sind extra nach New York geflogen, um zu sehen, wie wir in der Carnegie Hall versagen würden – aber wir haben geliefert und alles niedergerissen. Jetzt kriegen die Leute nicht mehr genug. Genau so muss das sein.
Vogler: Er hat recht. Wir spielten auch schon in der Berliner Philharmonie und ich erinnere mich daran, dass es stark regnete. Um sich dem Publikum gegenüber empathisch zu zeigen, kam Bill extra mit nassem Haar auf die Bühne, um denen Tribut zu zollen, die im Regen zu unserer Show gekommen sind. Die Halle war ausverkauft und meine Mutter kam extra, um mit Bill ein Foto zu machen – was hatten wir doch Spaß. Wir haben ein Programm, aber jeder Abend verläuft anders und es gibt immer neue Überraschungen. Jetzt kommen wir nach Wien – einer meiner absoluten Lieblingsstädte. Ich war erst letzten Juni bei euch und habe dann gleich Bill geschrieben, um ihn an die legendäre Nacht von 2018 zu erinnern. Ich sagte, wir sollten hier unbedingt wieder auftreten und Bill war sofort Feuer und Flamme. Es ist schön, wenn man dorthin zurückkehren kann, wo man schöne Erinnerungen hat.
Könnt ihr euch durch diese Band künstlerisch anders ausdrücken, als es in eurem normalen kulturellen Alltag der Fall ist?
Murray: Ich habe mit meinen Blood Brothers eine Rockband und als Jan mich das erste Mal hörte, war er ganz begeistert davon, weil es ein anderer Stil und ein anderer Zugang ist. Über das Singen und Lesen von Literatur kann man wiederum ganz andere Emotionen nach außen tragen. Schon in unserer ersten Inkarnation hat mich die Mischung aus Musik und Literatur sehr berührt. Fünf Jahre später bin ich jemand anderer als damals. Ich habe einen anderen Zugang und verstehe die Gedichte und musikalischen Stücke anders. Die Menschen, die diese Musik und diese Wörter erschaffen haben, lebten nicht nur in der Gegenwart – sie sahen die Vergangenheit und die Zukunft während ihres Schaffensprozesses. Das ist der Grund, warum ihre Kunst alle Zeiten überdauert hat und größer ist als sie selbst. Diese Menschen haben uns die Augen geöffnet und den Weg bereitet, den wir nun mit ihren Stücken weitergehen. Wenn man sich auf das Material einlässt, dann sieht man die Welt durch die Augen der Erfasser. Es ist ein unendlicher Fundus, aus dem man schöpfen kann, deshalb können auch wir noch so viel daraus gestalten. Das Programm ist schon jetzt ganz anders als das vor Corona.
Vogler: Deine Frage ist gut, ich musste erstmal über sie nachdenken. Das Gute an „New Worlds“ ist auch, dass wir alle unsere Stärken ungefiltert einfließen lassen können. Pianistin Vanessa Perez bringt die tollen Tango-Elemente in den klassischen Sound, weil ihr Vater aus Kuba stammt. Mira Wang hat als Geigerin eine ganz besondere Beziehung zum Publikum und fängt es mit ihrer einzigartigen Bühnenpräsenz. Bill und ich beobachten uns seit mehr als zehn Jahren sehr genau und gehen auf die Stärken des jeweils anderen ein. Am Ende ist es viel mehr als das Produkt von vier Individualisten. Es hat das Gefühl eines Streicherquartetts, aber mit einer eigenen Klangnote. „New Worlds“ ist mehr als die Summe aus vier mal eins. Das macht unsere Arbeit auch so aufregend und kurzweilig.
Ist „New Worlds“ in gewisser Weise auch eine Message für sich? Ihr seid vier Menschen mit vier unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpfen. All das scheint schon an sich ein Statement gegen die vielen unterdrückerischen Umtriebe in der aktuellen Weltpolitik zu sein …
Vogler: Es geht immer um die richtigen Werte. Um die menschlichen Werte, die seit Hunderttausenden von Jahren existieren. Bill sagt es oft und ich wiederhole es gerne: Wir müssen uns daran erinnern, dass das Leben kurz ist und man so viel Spaß wie möglich haben sollte. Und das wollen wir auch den Zusehern erinnerlich machen. Denk nur an all die großen Künstler, die man im Kunsthistorischen Museum sehen kann – das sind jene Menschen, die uns die Schönheit und Vielseitigkeit des Lebens gewahr machen. Sie erinnern uns daran, was der Mensch erschaffen kann und wozu er – im guten Sinne – fähig ist.
Murray: Das ist auch ein schöner Gedanke. Ich fühle tatsächlich genau das, wenn wir auf die Bühne gehen. Wir sind vier unterschiedliche Charaktere aus unterschiedlichen Kulturen, die sich zusammenfinden, um gemeinsam Musik zu machen und die Literatur zu schätzen. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Welt aussehen könnte, wenn Menschen zusammenarbeiten würden, anstatt sich zu hassen und zu bekriegen.
Wie habt ihr denn über die Covid-Jahre zueinander Kontakt gehalten und wie hat sich im Vergleich zur ersten Phase der Band denn eure Freundschaft und künstlerische Kameradschaft entwickelt und verändert?
Murray: Wir hatten alle dasselbe Problem – die Lockdowns kamen, man konnte sich nicht mehr sehen und die allgemeine Kommunikation ging natürlich erst einmal zurück. Vanessa hat in der Zeit auch noch ihren Vater verloren und musste durch dieses Tal des Schmerzes gehen. Jons Töchter sind in der Zeit von Kindern zu Teenagern und dann jungen erwachsenen Frauen mutiert. Sie haben mittlerweile Lebenspartner und Jobs – vor kurzem waren sie noch beim „Dschungelbuch“ im Kino. Meine Söhne waren auch noch klein, jetzt sind sie echte Männer und ich habe Enkel. Wir alle und all unsere Leben haben sich in der Zeit stark verändert. Es herrscht ein bisschen mehr Verständnis – auch bei uns untereinander, weil allen so viele schwierige Dinge im Leben passiert sind. Wir sind den Liedern und den Gedichten näher als früher – und in gewisser Weise auch uns gegenseitig.
Vogler: Auf der anderen Seite geben dir Musik und Literatur die Möglichkeit, auszubrechen. Man kann tief darin versinken und es ist eine wunderbare Form des Eskapismus. Die Kunst hat uns in einer zerrütteten Zeit eine gewisse Form der Stabilität garantiert. Es ist schön für die Menschen, einen Abend mit alter Musik, alter Literatur und einer gewissen Form der Entschleunigung zu verbringen.
Murray: Am Ende des Tages ist es immer gleich. Wenn du ein Lied singst und jemand erkennt die Melodie oder den Text, steigt mit ein, dann entsteht eine besondere Form der Kommunikation, die es nur in der Musik geben kann. Ich fühle und spüre die Musik und verfälsche die Worte oft selbst, wenn ich mir einen Text nicht merke. Die Melodie kann uns aber an ganz spezielle Plätze tragen und das lassen wir alle gemeinsam zu. Wenn man singt, muss man nicht die richtigen Noten treffen und nicht die richtigen Wörter finden – man muss einfach die bloße Kraft der Melodie spüren. Eine meiner Lieblingsbands sind The Band. Sie setzten auf Harmoniegesang und wurden einmal gefragt, wie sie darauf kamen. Sie haben gemerkt, dass sie verschiedene Stimmen hätten, haben dann versucht, so hoch wie möglich zu kommen und bemerkten, dass sich aus der Vermischung etwas Einzigartiges ergibt, dass in der Form nicht mehr nachzumachen war. Alles, was sie taten, war absolut einzigartig.
ch versuche diesen großen Texten gerecht zu werden, indem ich meine Stimme ähnlich einsetze. Die Eagles waren so eine großartige Band, weil jeder in der Band singen konnte. Wenn du mitsingst, ist es völlig egal, wo deine Stimme liegt, du bist immer in einer Harmonie mit den Eagles. Unsere Lieder sind klassisch und man kann nichts falsch machen, wenn man dazu einsteigt. Egal welche Höhe oder Tonlage – es wird passen. Es ist ein schöner Gedanke, dass man jeden Abend immer gemeinsam mit dem Publikum singen und nichts dabei falsch laufen kann.
Vogler: Schön gesagt. Kunst und Kultur sind Bereiche im Leben, die einem trotz der ständigen und rasanten Veränderungen eine gewisse Stabilität verleihen. Bei uns verändern sich die Dinge allabendlich leicht, aber wir finden uns immer darin wieder und spüren diese Form der Stabilität in der Musik und zwischen uns als Musiker. Nichts ist radikal anders, aber alles verändert sich und ist ständig im Fluss. Wir können gemeinsam auf einem hohen Level musizieren, Dinge verändern und viel Spaß haben, ohne dass wir dabei großen Erfolgsdruck verspüren. Das klingt provokativ, aber wir haben absolute Freiheit und das ist schön zu spüren.
So viel Spaß ihr auch verspürt und schlussendlich versprüht - ihr nehmt die Arbeit mit „New Worlds“ auf der Bühne durchaus ernst, denn die Menschen zahlen nicht wenig Geld, um euch live zu sehen. Schließen sich harte Arbeit und Genuss in eurem Fall nicht aus?
Murray: Jan ist der Mann, der alles zusammenhält und regelt. In den Berliner Schulen war die Ausbildung zumindest so gut, dass er viel Ahnung von amerikanischer Literatur hat. Unser Programm ist in gewisser Weise eine Idealisierung Amerikas. Wir huldigen den besten Liedern, den schönsten Melodien und den poetischsten Texten, die man in der Welt finden kann. Da schwingt sehr viel Freude mit dem Material mit. Ich bin mir nicht sicher, ob die Welt gerade viel Freude mit den Dingen hat, die sonst aus Amerika kommen. Lasst uns doch mal von der Politik abrücken und uns auf das fokussieren, auf das wir uns alle einigen können. Dazu zählen die Schönheit und Zeitlosigkeit von Musik und Poesie. Auch das ist ein Statement – zumindest für zwei Stunden. Wollen wir uns nicht lieber auf die Dinge konzentrieren, die uns das Leben auf diesem Planet verschönern? Nun gut – wir kommen und helfen euch dabei.
Vogler: Es gibt momentan viel zu jammern, aber bei unserem Material ist dafür kein Platz. Irgendwas ist darin, dass die Menschen allabendlich ausknockt, auf positive Art und Weise. Wir haben Spaß und wir bringen Spaß. Es ist ein Abend der Freude, der sich nicht nur durch das Material ergibt, sondern auch durch die Energie, die zwischen uns Künstlern auf der Bühne herrscht. Wenn man ins Publikum schaut, hat man anfangs keine Ahnung, wie der Abend verlaufen und was passieren wird.
Murray: Es gibt während der Show einen Teil, wo ich mich hinsetzen und eine Pause machen kann und den drei anderen beim Musizieren zusehe. Ich bin dann ein normaler Zuseher. Ich lasse mich von diesen tollen Musikern tragen und erlebe Momente des Glücks und der Zufriedenheit. Ich habe also die beste Zeit meines Lebens und muss mir dafür noch nicht einmal eine Karte kaufen.
Vogler: Unser Programm passt auch besonders gut zu Österreich und seiner Geschichte. Ich habe das österreichische Publikum als Klassik-Musiker immer für seine Disziplin, seine Höflichkeit, aber auch sein Wissen ob der eigenen Kultur bewundert. Die Menschen, vor allem in Wien, lieben die Kunst auf tiefgründe Art und Weise. Das habe ich natürlich auch in Salzburg oder Klagenfurt erlebt, wo ich immer gerne mal in den Wörthersee springe und dann das Komponierhäuschen von Gustav Mahler besuche. Österreich ist der perfekte Platz, um „New Worlds“ mit den Menschen zu teilen. Endlich können wir das Programm auch in der Öffentlichkeit spielen, denn 2018 performten wir in geschlossener Gesellschaft. Ich bin selbst sehr aufgeregt.
Bill, wenn du einen Film drehst und etwas geht daneben, dann hast du unendlich viele Möglichkeiten, die Szene noch einmal zu drehen und sie passend zu perfektionieren. Ein Konzert ist wie eine Theateraufführung. Alles ist spontan, ungeschönt, im Moment und kann nicht begradigt werden. Macht dich so eine Situation anders nervös als ein Filmdreh?
Murray: Es gibt diese Art von „professionellen Schweiß“, der allen Künstlern über den Körper rinnt, wenn es gerade um was geht. Wenn man weiß, dass es jeden Moment losgeht und das Adrenalin in den Körper schießt. Aber ich bin der Meinung, dass Druck eingebildet ist. Umso größer die Herausforderung ist, umso alberner stelle ich mich normalerweise an. Wie ein Schulkind, dass den Clown in der Klasse markieren möchte. Ich weiß zum Beispiel, ich habe in Wien diese eine Chance. Wir haben ein Konzert in Wien, wo mich die Leute sehen, und an diesem einen Abend muss es passen. Ich mache all das in erster Linie für mich und mit diesem Gedanken fällt mir der Auftritt leichter. Ich lerne die Wörter nicht auswendig, sondern improvisiere. Was passiert, wenn mir ein Gedicht direkt ins Hirn schießt und was, wenn mir gerade nichts einfällt? Ich liebe es, in dieser herausfordernden Art und Weise zu singen. Nach ein oder zwei Wochen auf Tour pendelt sich alles langsam ein und man kriegt eine angenehme Routine.
Ich bin ein Freund des einmaligen, originären Ausdrucks. Ich will fühlen und spüren was ich singe und wenn ich zu viel lerne und mich zu stark an das Original halte, dann geht mir diese Freiheit bei der Performance verloren. Das macht mich aber nicht nervös, das ist meine Art des Schauspiels. Ich versuche das nicht zu kontrollieren oder einzuordnen – jeder Take ist anders, nichts passiert zweimal. Ich mag die Energie, spontan in den Flow zu kommen und alles laufen zu lassen. Was ich hasse, ist der Beginn eines Abends. Ich habe immer das Gefühl, einen Abend nicht eröffnen zu können. Kurz vor dem Gang auf die Bühne sterbe ich tausende Tode, aber sobald wir dann oben stehen, ist ein Konzertabend wie eine Lokomotive. Kaum purzeln mir die ersten Wörter aus dem Mund, bin ich für zwei Stunden im Thema. Wenn Jan dann noch das erste Mal zum Cello greift, werden wir langsam richtig gut. Keine Sorge, wir schaffen das. Und am Ende sind hoffentlich alle glücklich.
Live im Wiener Konzerthaus
Am 1. Juli präsentieren Bill Murray, Jan Vogler, Vanessa Perez und Mira Wang als Quartett ihr Programm „New Worlds“ live im Wiener Konzerthaus. Unter www.ticketmaster.at gibt es sogar noch Karten für das kulturelle Highlight im Sommer. Da heißt es wohl schnell sein!
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