Eklat nach ÖH-Wahl

Jüdische Studierende erheben Antisemitismusvorwurf

Wien
21.05.2025 17:25

Nach dem ÖH-Wahlsieg des Verbandes sozialistischer Studierenden (VSStÖ) geraten die Beziehungen zur Jüdischen österreichischen Hochschüler:innenschaft (JöH) erneut ins Wanken. Die JöH erhebt Antisemitismus-Vorwürfe, der VSStÖ weist diese zurück und fordert Klarheit zu „schwer rassistischen“ Chatinhalten.

Die Vorwürfe der JöH wiegen schwer: Sie werfen dem VSStÖ und diesjährigen Wahlgewinnern der österreichischen Hochschulen Antisemitismus vor. Laut der JöH hätte der VSStÖ per Chat angekündigt, die jüdischen Hochschüler nach einem „Leak“ von Chatnachrichten zu boykottieren. Dies sei ein „bisher unvorstellbarer Tiefpunkt“ antisemitischer Entwicklung, hieß es in einer Aussendung am Mittwoch.

JöH sieht „antisemitisches Hassposting“
Auslöser der Eskalation waren veröffentlichte Chats einer WhatsApp-Gruppe der JöH am 10. Mai mit über 400 Teilnehmenden, die pro-palästinensische Protestierende als „Viecher“ oder „cockroaches“ bezeichneten. Die Chats der JöH-Gruppe wurden anschließend in einem „Hassposting“ auf einer Instagram-Seite veröffentlicht, in dem die jüdischen Studierenden als „Genozidales Monster, das unter uns wandert“ und als „Lobby der Zionistischen Entität“ bezeichnet wurden. Beide Aussagen seien Lehrbuchfälle von Antisemitismus, so die JöH in einem offenen Brief. 

Der Instagram-Account veröffentlichte die rassistischen Nachrichten der JöH-Gruppe und holt zum Rundumschlag gegen die jüdischen Studierenden aus.
Der Instagram-Account veröffentlichte die rassistischen Nachrichten der JöH-Gruppe und holt zum Rundumschlag gegen die jüdischen Studierenden aus.(Bild: Screenshot I Instagram)
In diesem Post wird die JöH als „Lobby der Zionistischen Entität“ und „Genozidales Monster“ antisemitisch diffamiert.
In diesem Post wird die JöH als „Lobby der Zionistischen Entität“ und „Genozidales Monster“ antisemitisch diffamiert. (Bild: Screenshot I Instagram)

Enttäuschend sei, dass der VSStÖ das „Hassposting“ nicht selbstständig hätte einordnen können und sich von jenen antisemitischen Gruppen nicht klar distanziere. Der VSStÖ der Uni Wien habe daraufhin den jüdischen Hochschüler:innen mitgeteilt, dass es für die weitere Zusammenarbeit wichtig sei, dass zu den „schwer-rassistischen“ Chats Stellung bezogen werde und man Veranstaltungen bis auf Weiteres nicht bewerben werde. Um einen „Boykott“, wie die JöH es bezeichnen, würde es sich nicht handeln.

Damit wolle der VSStÖ ein öffentliches Statement der JöH gegenüber dem „antisemitischen Hassposting“ erzwingen, hieß es in der Presseaussendung weiter. Aber: „Dieses Statement wird es nie geben“. Wie JöH-Vorsitzender Alon Ishay betont, hätten die Moderatoren der WhatsApp-Gruppe die Inhalte zurückgewiesen, die antidiskriminatorischen Werte in Echtzeit sanktioniert bzw. gelöscht sowie persönliche Gespräche geführt. Die Moderationsarbeit sei korrekt und verantwortungsbewusst erledigt worden. Trotz der rassistischen Inhalte blieben ernsthafte Konsequenzen für die Verfasser aus.

Vorwurf der Teilnahme an Hamas-naher Demo 
Doch es bleibt nicht bei diesem einen Kritikpunkt: Die Entscheidung des VSStÖ reihe sich in „eine Serie von Vorfällen“, etwa hätten mehrere Vorsitzende kurz vor der ÖH-Wahl an einer Demonstration eben jener Gruppe teilgenommen, die wiederholt „Hasspostings“ gegen die JöH verbreite. Zahlreiche Hamas-nahe Gruppen nahmen laut Bericht von „Der Standard“ an der Kundgebung teil. „Offenbar hat der VSSTÖ die universitären Probleme mit dem Antisemitismus nicht im Griff“, sagte Präsident Alon Ishay.

Laut JöH werde der Account, der das „Hassposting“ veröffentlichte, von VSStÖ-Funktionären und -Funktionärinnen betrieben – ein Vorwurf, den diese auf Anfrage zurückwiesen. Die jüdischen Studierenden kritisieren außerdem, dass der VSStÖ weiterhin an einem umstrittenen Bündnis festhält, das bereits von allen anderen Studierendenfraktionen und mehreren namhaften antifaschistischen Gruppen verlassen wurde – mit Ausnahme des VSStÖ und KSV-KJÖ.

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Unsere Aktivist:innen sind politisch aktive Menschen, die sich auch gegen die Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung Netanjahus einsetzen.

VSStÖ-Bundesvorsitzende Miriam Amann weist die Vorwürfe zurück

„Kein Platz für Antisemitismus“
VSStÖ-Bundesvorsitzende Miriam Amann dementiert die Anschuldigungen und spricht von einer gänzlich anderen Darstellung der Vorgänge: „Im VSStÖ ist kein Platz für Antisemitismus“, betonte die 25-Jährige. „Unsere Aktivist:innen sind politisch aktive Menschen, die sich auch gegen die Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung Netanjahus einsetzen.“

Zur JöH pflege man eine „wertschätzende“ Beziehung, auch in der letzten ÖH-Periode habe man diverse Veranstaltungen gemeinsam organisiert. Die Zusammenarbeit mit der JöH wolle man fortführen, aber erst, sobald diese Stellung zu den genannten Chats bezieht und eine „Aufarbeitung im Sinne einer antirassistischen Arbeitsweise erfolgt ist“.

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