Die britische Autorin Jane Austen würde heuer 250 Jahre alt werden. Noch nie war ihr Werk so beliebt und bekannt wie jetzt. Sind wir so bieder wie der englische Landadel um 1810?
Vielleicht ist unsere Gegenwart doch biedermeierlicher als man denkt. Das könnte man zumindest vermuten, wenn man den Bekanntheitsgrad von Jane Austens Geschichten als Indikator nimmt. „Ihr Werk ist so beliebt wie nie“, sagt Julia Hoydis, Professorin für englische Literatur an der Uni Graz. Tausende pilgern zum Jane-Austen-Festival nach Bath, eine Verfilmung jagt die nächste, sogar Bollywood-Adaptionen gibt es.
Was ist es, das über 200 Jahre alte Bücher so modern macht? „Viele darin vermittelte Werte decken sich“, vermutet Hoydis. „Austens Frauenfiguren sind willensstark und treffen innerhalb ihrer Beschränkungen eigene Entscheidungen, aber niemand bricht aus dem System aus. Die Heirat aus Liebe gilt als das Rezept für Glück – mit ihr endet die Geschichte, was danach kommt, wird nicht erzählt.“ Ein reicher Mann als Retter: „Der Traum hält sich hartnäckig.“
Schreibende Frauen galten als „unmoralisch“
1813 mit 1500 Exemplaren erstmals aufgelegt, findet sich etwa „Stolz und Vorurteil“ heute millionenfach in Buchhandlungen auf der ganzen Welt. „Schreiben war damals für Frauen kein angesehener Beruf“, erklärt Hoydis. „Es war fast unmoralisch, sich so preiszugeben und den Ruhm zu suchen.“ Austen, die unverheiratet blieb, hatte Bildung genossen und konnte vom Schreiben einigermaßen leben.
Jane Austen wäre heute sicher überrascht, dass ihr Name in einem Atemzug mit William Shakespeare genannt wird. ,Stolz und Vorurteil’ hat sich nicht abgenutzt und kommt auch heute noch gut an.
Julia Hoydis, Professorin für englische Literaturwissenschaft an der Uni Graz
Bild: Jasmijn Visser
Heile Welt und Verklärung
Ihr Debüt „Verstand und Gefühl“ zeichnete sie nur mit „by a lady“ – von einer Dame. „Sie hat England und ihre dörfliche Existenz nie verlassen“, erinnert Hoydis. Der „Durchbruch“ kam erst nach Austens Tod 1817, über 100 Jahre dauerte es, bis sich ihr Werk weltweit verbreitete. Die Verfilmungen der 90er- und 2000er-Jahre legten den Grundstein für den Hype, der die Autorin sowie die gesamte Regency-Ära heute umgibt und damit Serien wie „Bridgerton“ inspiriert. „Die Mode und Architektur der Epoche sind ikonisch und sehr zugänglich, aber auch verklärt. Man sucht eine heile Welt und Stabilität, die napoleonischen Kriege und den Kolonialismus blendet man aus“, erklärt die Expertin. Gerade der österreichischen Kultur sei Austens Welt mit dem idealisierten Landleben und den prunkvollen Bällen sehr ähnlich.
Wer ins Werk der Autorin einsteigen möchte, dem empfiehlt Hoydis „Stolz und Vorurteil“ – als Buch und in der Verfilmung von 2005, die aktuell auch auf Netflix verfügbar ist.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.