Blackout-Szenarien auch für Wien scheinen nach dem Chaos in Spanien näher gerückt. Laut den Krisenplänen der Stadt wären vor allem die ersten Stunden heikel: Tausende Wiener in still stehenden Aufzügen und U-Bahnen wären nur die erste große Sorge von vielen bei einem Total-Stromausfall.
Der große Blackout in Spanien hat bei vielen auch in Wien die Sorge wachsen lassen: Was, wenn das uns passiert? Die kürzestmögliche Antwort: Es würde wohl glimpflicher ablaufen als in Spanien. Die längere Antwort beginnt mit: Zu Beginn wäre die Hölle los. Und der Ausfall der Kommunikation von Handy bis Computer wäre zuerst die geringste Sorge.
Im Notfall Info-Plakate aus der Rathausdruckerei
Die oberste Priorität der Helfer Wiens wäre die körperliche Sicherheit: Tausende wären von einem Augenblick auf den anderen in gestrandeten U-Bahnen im Tunnel und dunklen Aufzügen zwischen Stockwerken gefangen und müssten zuerst befreit werden. Am Tag eins eines Blackouts würden auch keine anderen Öffis fahren, für einen allfälligen Tag zwei gäbe es Ersatzverkehr mit Bussen.
Einen Blackout muss man sich vorstellen, wie wenn ein FI-Schalter fällt – es funktioniert eben nichts mehr. Dafür haben wir aber Krisenpläne.
Kurt Wurscher, Gruppe Krisenmanagement und Sicherheit, Wien
Bild: Andi Schiel
Nur Bürger, die Kurbel- oder zumindest Batterieradios daheim haben, würden fürs Erste wissen, was los ist: Der ORF-Sender Ö3 hat die Verpflichtung, im Krisenfall alle offiziellen Informationen an die Bürger zu senden, und auch die technischen Voraussetzungen dafür. Es gibt aber sogar einen Notfallplan für den Fall längerer totaler Stromausfälle: Dann würde die Druckerei im Rathaus, das mit Notstromaggregaten versorgt ist, ohne Pause Plakate mit Informationen für die Bevölkerung drucken, die dann in der ganzen Stadt affichiert werden.
Notfallplan für ganz Wien als „Strominsel“
Sicher wären auf jeden Fall alle Patienten in Wiens Krankenhäusern. Auch sie haben durch die Bank eine Notstromversorgung. Die Wahrscheinlichkeit eines länger dauernden Blackouts ist aber äußerst unwahrscheinlich: Wien kann sich im Notfall durch das Anwerfen zusätzlicher Kraftwerkskapazitäten allein als „Strominsel“ versorgen. Das sollte in fast allen denkbaren Szenarien innerhalb von 24 Stunden gelingen. Darauf sind die Pläne ausgerichtet.
8 Stunden lang würden die guten alten Telefonzellen im Fall eines Blackouts vermutlich noch funktionieren. Man soll sie im Krisenfall aber ausschließlich für Notrufe nützen, sonst sinkt die mögliche Nutzungsdauer.
Ein Blackout entsteht nicht durch „zu wenig Strom“, sondern durch abrupte Veränderungen in der Versorgung, die eine Kettenreaktion zur Folge haben. Unfreiwillig Gelegenheit zum Üben hatten die Wiener Netze am 8. Jänner 2021: Da hätte ein Brand in einem kroatischen Umspannwerk zu einem Blackout in Wien führen können, doch die Notfallpläne funktionierten: Innerhalb von 63 Sekunden wurden Strom-Großabnehmer, mit denen die Wiener Netze dazu vertragliche Vereinbarungen haben, vom Netz genommen und der Blackout konnte abgefangen werden. Nach 60 Minuten war das Stromnetz wieder stabilisiert.
Jeder weiß, wo er im Notfall hin muss
Die politisch Verantwortlichen in Bund und Land wüssten jedenfalls, was zu tun wäre: Jeder weiß, wo er im Notfall hin muss. Die Bundesregierung findet sich in der Stiftskaserne ein, wo es in einem Bunker Arbeitsräume und Unterkünfte gibt.
Der Bürgermeister würde sich – wie beim Hochwasser im Herbst – auf den Weg ins „Weltkugelhaus“ hinter dem Rathaus machen, wo in den Räumen der Magistratsdirektion im Notfall Vertreter von Militär und Blaulicht-Organisationen sowie von den Wiener Netzen, Wien Energie, Wiener Linien und dem Rathaus-Informationsdienst zusammentreffen. „Wir müssen denen nicht sagen, was sie zu tun haben, das wissen sie selbst am besten“, sagt Kurt Wurscher, für die Krisenkommunikation der Stadt verantwortlich. Es gehe beim Krisenstab vielmehr darum, dass alle jederzeit auf dem aktuellen Informationsstand sind.
Was in konkreten Krisensituationen jeweils zu tun ist, ist ohnehin unvorhersehbar, weshalb es bei der Wiener Berufsfeuerwehr gar keine genauen Blackout-Pläne gibt. Die wären im Ernstfall wohl sofort zu kübeln, heißt es: Die Anforderungen seien komplett unterschiedlich, ob etwa ein Blackout durch eine Naturkatastrophe oder durch einen Cyberangriff zustande komme – je nachdem seien ganz unterschiedliche Notfallszenarien zu erwarten. Man sei gezwungen zu „improvisieren“, weil es immer um Hilfe für die gehe, die sie gerade am dringendsten brauchen.
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