Stadt der Morde

“Chaos” in Chicago: Politiker fordern Nationalgarde

Ausland
12.07.2013 17:00
"Jeden einzelnen Tag, wenn wir in der Stadt Chicago aufwachen, wurde ein Kind, ein Jugendlicher, ein Afroamerikaner ermordet." So beschreibt die Politikerin Monique Davis die Zustände in ihrer Heimatstadt. Letztes Jahr wurden dort die meisten Morde des Landes gezählt, immer wieder geraten Kinder in die Schusslinie von Gangs. Nun verlangt nicht nur Davis, die Nationalgarde zu Hilfe zu holen.

"Das ist nicht akzeptabel", kritisierte die Abgeordnete des Repräsentantenhauses des Bundesstaates Illinois bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. "Ich höre von Müttern, dass sie Angst haben, nach draußen zu gehen. Spitäler sind überlastet mit 70 Schusswunden an einem Tag. Die Krankenwagen sind so beschäftigt, dass die Leute Opfer in ihren eigenen Autos fahren."

Schon Babys sterben im Kugelhagel
Immer wieder sorgen Fälle unschuldig in die Schusslinie geratener Chicagoer, darunter zahlreiche Kinder, für einen Aufschrei. So wurde etwa am 11. März die erst sechs Monate alte Jonaylah Watkins (linkes Bild) erschossen - sie saß auf dem Schoß ihres Vaters, als der aus Rache für eine gestohlene Videospielkonsole von einem Gangmitglied mit mehreren Kugeln durchlöchert wurde. Der Vater überlebte, doch das kleine Mädchen hatte keine Chance.

15-Jährige als Gesicht für Anti-Waffen-Lobby
Traurige Berühmtheit erlangte auch Hadiya Pendleton (rechtes Bild): Die 15-Jährige wurde am 29. Jänner in Chicago erschossen - nur Tage, nachdem sie mit ihrer Band bei der Angelobung Barack Obamas zur zweiten Amtszeit aufgetreten war. Laut Polizei war sie Opfer einer Verwechslung - einer der Täter waren zuvor selbst angeschossen worden und soll bei seinem Rachefeldzug irrtümlich auf Pendleton und ihre Freunde gefeuert haben. Die 15-Jährige gibt der Anti-Waffen-Bewegung seither ein Gesicht, ihre Eltern kämpfen in ihrem Namen für strengere Gesetze.

Nationalgarde für unbeschwerte Kindheit
Viel Erfolg war ihnen bisher wegen der Blockadehaltung der Republikaner aber nicht vergönnt - und Schusswaffenzwischenfälle, oft mit tödlichem Ausgang, stehen in Chicago immer noch an der Tagesordnung. So könne es in der Stadt mit den drittmeisten Einwohnern der USA nicht weitergehen, drängt Davis nun einmal mehr. Sie verlange vom Gouverneur von Illinois, Pat Quinn, die Nationalgarde zu holen, um "unsere Kinder zu beschützen, sodass sie in den Park gehen und schwimmen und spielen und eine Kindheit haben können", so Davis.

"Epizentrum der Waffengewalt"
Sie ist mit ihren Forderungen nach einem härteren Durchgreifen nicht allein. Der Kongressabgeordnete Bobby Rush und zwei weitere Demokraten aus Illinois haben für 25. Juli ein "Notfall-Gipfeltreffen" an der Chicago State University angekündigt. Dabei gehe es zwar um Gewalt im ganzen Land, doch Chicago sei ausgewählt worden, da es sich um das "Epizentrum der Waffengewalt in der Nation" handle, so eine Sprecherin Rushs.

Polizei verweist auf Erfolge gegen Waffengewalt
Die Polizei allerdings sieht keine Notwendigkeit für ein Einschreiten der Nationalgarde. Die Strategien gegen Gangs und sonstige Kriminalität, die man nach Pendletons Tod eingeführt habe, seien effektiv, heißt es. Offizielle Statistiken belegen laut NBC News, dass die Mordrate im ersten halben Jahr um 28 Prozent gefallen ist, von 260 auf 188 Morde. Zwischenfälle mit Schusswaffen seien von 1.117 auf 849 zurückgegangen, das entspricht einem Minus von 24 Prozent.

"Es herrscht Chaos"
Doch seit am 4. Juli, dem US-Unabhängigkeitstag, in Chicago erneut zahlreiche Menschen angeschossen wurden - darunter zwei Buben in einem Park - fehlt vielen das Vertrauen in die Macht der Polizei. "Es herrscht Chaos", so Davis. "Und niemand scheint in der Lage zu sein, es aufzuhalten."

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