Wie in Guantanamo

Selbstversuch: So grausam ist Zwangsernährung

Ausland
10.07.2013 11:40
45 Gefangene im US-Lager Guantanamo auf Kuba werden wegen eines Hungerstreiks zweimal täglich zwangsernährt - eine Praxis, die die US-Regierung immer wieder verteidigt. Was es aber tatsächlich heißt, gegen seinen Willen ernährt zu werden, zeigt nun der Selbstversuch des Rappers Mos Def für den britischen "Guardian" und die Menschenrechtsgruppe Reprieve: Er windet sich, sein ganzer Körper verkrampft, er schreit und weint und bettelt, mit der grausamen Prozedur aufzuhören.

Ein hell erleuchteter Raum, Mos Def - mit bürgerlichem Namen Yasiin Bey - läuft im orangen Gefangenenanzug und in Handschellen auf einen Stuhl zu. Sein Kopf wird mit einem Lederriemen fixiert, eine Frau im Arztkittel füllt eine Flüssigkeit in einen Plastikschlauch. Dieser wird dem Rapper im Selbstversuch durch das Nasenloch in die Speiseröhre und schließlich bis in den Magen geschoben - unter offensichtlichen Schmerzen, denn der ganze Körper des Musikers verkrampft sich.

Verstörende Szenen
Bey schüttelt den Kopf, muss trotz des Lederriemens von hinten festgehalten werden, er würgt und hustet, schreit und weint. Dennoch will er die Prozedur nicht nur einmal über sich ergehen lassen, um zu zeigen, wie es jenen 45 Guantanamo-Häftlingen ergeht, die zweimal pro Tag zwangsernährt werden.

Keine Kraft für zweiten Durchgang
Doch als es ein zweites Mal daran gehen soll, wehrt er sich mit Leibeskräften. Zwei muskulöse Männer sind nötig, um ihn auf dem Sessel zu halten, doch Yasiin Bey kann nicht mehr. "Bitte, bitte, bitte aufhören!" und "Stopp!", bettelt er. "Ich bin es. Ich kann es nicht tun." Erst da erklingt aus dem Off eine Stimme, die "Stopp" ruft und der grausamen Prozedur ein Ende setzt. Die Hände, die Bey eben noch fixierten, werden tröstend auf seine Schultern gelegt, doch er bricht weinend zusammen.

"Ich habe es nicht ausgehalten"
"Ich wusste wirklich nicht, was mich erwarten würde", erklärt Bey, offenbar kurz nach dem Selbstversuch, ein Taschentuch in Händen. Wenn der Schlauch in die Nase eingeführt werde, sei das noch nicht so schlimm, so Bey, doch direkt darauf folge ein Brennen und das Gefühl, etwas werde ins Gehirn geschoben. "Ich habe es nicht ausgehalten", wirkt der Musiker immer noch geschockt.

Streit um Zwangsernährung bisher ohne Konsens
Die Zwangsernährung von Gefangenen in Guantanamo ist seit Wochen im Fokus der US-Öffentlichkeit. Gerade erst hat die US-Regierung den Betroffenen nach einer Klage zugesprochen, im muslimischen Fastenmonat Ramadan nur nachts ernährt zu werden. Eine weiterführende Lösung konnte die Richterin allerdings wegen fehlender Zuständigkeit nicht finden - sie appellierte an US-Präsident Barack Obama, das Vorgehen zu überdenken.

Prozedur dauert zwei Stunden pro Person
Von 166 Gefangenen in Guantanamo befinden sich aktuell 106 im Hungerstreik, 45 werden laut eines Sprechers des US-Militärs zwangsernährt. Die volle Prozedur dauere in Guantanamo normalerweise zwei Stunden pro Gefangenem, erläutert der "Guardian" am Ende des schockierenden Videos.

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