Ideologie-Kampagne
China: Präsident Xi will seine Macht mit “Hausputz” festigen
Geht es nach dem Willen des Präsidenten, sollen die Parteimitglieder "ein Bad nehmen", selbstkritisch in den Spiegel schauen, Fehlverhalten korrigieren und ihr Ohr wieder den Sorgen und Nöten der Massen schenken. Das Politbüro ging diese Woche mit gutem Beispiel voran: Über vier Tage unterzogen sich die 25 Mitglieder des obersten chinesischen Machtgremiums auf einer Sitzung der "Kritik und Selbstkritik", wie dem Milliardenvolk verkündet wurde.
Xi warnt vor den "vier Winden" des Niedergangs
Eine Kampagne von solchen Ausmaßen hat China schon lange nicht mehr erlebt. Aber Korruption, Machtmissbrauch oder auch im Internet dokumentierte Sexskandale um alte Funktionäre und ihre jungen Gespielinnen haben die Partei schwer in Misskredit gebracht. So warnte Xi Jinping auch vor den "vier Winden", die zum Niedergang führen - "Formalismus, Bürokratismus, Genusssucht und luxuriöse Verschwendung". Um gegenzusteuern, erweckt der Parteichef nun den alten ideologischen Begriff der "Massenlinie" zu neuem Leben. Das Konzept geht auf die Mao-Ära zurück und unterstreicht die Notwendigkeit der Kader, den Volksmassen nahe zu sein, um ihre Bedürfnisse zu erkennen.
"Hausputz" auch Zeichen für interne Machtkämpfe
Die Korruption sei "das größte Problem", erklärt Professor Zhang Ming von der Volksuniversität in Peking im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Wenn es keine Aufsichtsmechanismen gibt, wird die Partei in der gegenwärtigen Struktur letztendlich zusammenbrechen." Ein großer "Hausputz" war in der Geschichte der Kommunistischen Partei aber immer auch ein Zeichen für interne Machtkämpfe. "Die Kampagne könnte den Arbeitsstil der Funktionäre verbessern, aber das wichtigere Ziel ist eigentlich die Säuberung der Strukturen und die Sicherung der Macht und Kontrolle von Xi Jinping", so Zhang Ming. "Xi Jinping muss das Denken auf eine Linie bringen."
Partei weiterhin in der Identitätskrise
Die Partei stecke auch in einer Identitätskrise, ergänzt Professor Wu Qiang von der Tsinghua-Universität. Ist sie eine Volkspartei, eine Revolutionspartei oder eine Reformpartei? Soziale Spannungen steigen, der Kurs für die schwächelnde Wirtschaft ist unsicher. Wer Macht hat, bedient sich bei den Banken, was den Finanzmarkt zunehmend instabiler macht. Wie ein roter Faden zieht sich die Korruption durch alle Probleme. Da eine eigentlich nötige Reform des politischen Systems in Richtung Gewaltenteilung aber nicht gewollt ist, bleiben nur solche Kampagnen als letztes Mittel.
Sorge um Wiederkehr der Kulturrevolution
"Wenn die Probleme aber nicht gelöst werden, dann wartet ein viel schlimmerer Kampf auf uns", warnt der Professor. Er verweist auf ähnliche Kampagnen in den 1950er-Jahren. "Danach kam die Kulturrevolution", erinnert der Professor unheilschwanger an das Chaos von 1966 bis 1976. Schon der bisherige Regierungschef Wen Jiabao hatte vor seiner Pensionierung vor einer Wiederkehr der Kulturrevolution gewarnt. Ob so etwas wirklich wieder passieren könnte? "Es kann nicht ausgeschlossen werden", sagt Wu Qiang.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.