"Wollen abwarten"
Türkei: Erdogan lenkt im Streit um Gezi-Park ein
Sollte das Gericht im anhängigen Berufungsverfahren den Baustopp bestätigen, werde die Regierung dies akzeptieren, berichtete die Zeitung "Hürriyet". Sollte es hingegen grünes Licht für den Bau einer osmanischen Kaserne geben, wolle die Regierung die endgültige Entscheidung der Bevölkerung in einem Referendum überlassen. "Wir wollen wissen, was die Bürger Istanbuls denken. Ihre Entscheidung ist sehr wichtig für uns", betonte Celik.
Die Vertreter des Protestbündnisses "Taksim-Plattform" zeigten sich zufrieden, wollten aber die endgültige Entscheidung über ein Ende der wochenlangen Proteste den Demonstranten selbst überlassen. Der Unmut richtet sich nämlich mittlerweile nicht nur gegen das Bauprojekt im Gezi-Park, sondern die Poliltik der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP allgemein.
Treffen mit Protest-Delegation
Erdogan hatte am Donnerstagabend erstmals seit dem Ausbruch der Proteste direkt mit Vertretern der "Taksim-Plattform" diskutiert. Fast vier Stunden dauerte das Treffen mit der zehnköpfigen Delegation in der Residenz des Ministerpräsidenten, der wenige Stunden zuvor noch eine "letzte Warnung" an die Demonstranten ausgesprochen hatte, den Gezi-Park umgehend zu verlassen.
Präsident Gül: "Proteste ganz normal"
Staatspräsident Abdullah Gül spielte unterdessen die regierungskritischen Proteste herunter. Es sei "ganz normal" für Demonstranten, sich eine "besseres System" zu wünschen, sagte Gül am Donnerstag. Auch in New York oder London seien Menschen für "mehr Demokratie" auf die Straße gegangen, das gelte auch für Istanbul.
Die Regierung in Ankara sei "offen und transparent" in einem Votum mit 85 Prozent Beteiligung gewählt worden, sagte Gül. Wenn die Bevölkerung unzufrieden sei, könne sie im kommenden Jahr für eine andere Partei stimmen. Das Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten bewertete Gül als verhältnismäßig.
Spindelegger-Kritik an Polizeieinsatz
Dagegen kritisierte Außenminister Michael Spindelegger am Donnerstag in einer Aussendung, dass die türkischen Sicherheitskräfte "ein erschreckendes Maß an Gewalt und Einschüchterung an den Tag gelegt" hätten. Er schlug vor, in den Beitrittsgesprächen der EU mit der Türkei das Grundrechtskapitel zu eröffnen, um "den Finger auf die Wunde zu legen". Beim gewaltsamen Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten gab es bei den Protesten seit Ende Mai vier Tote und laut Ärzteorganisationen etwa 5.000 Verletzte.
Österreichische Delegation besucht Demonstranten
Indes reist eine österreichische Delegation noch am Freitag nach Istanbul, um sich dort am Samstag mit den Gezi-Park-Demonstranten zu treffen. Organisiert vom Innsbrucker Gemeinderat Mesut Onay von den Grünen werden sich Polit-, Kultur-, Gewerkschafts- und NGO-Vertreter ein Bild der aktuellen Lage machen. Der Delegation gehören unter anderen der Kabarettist Markus Koschuh sowie die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Alev Korun, Sed Jurak von der Österreichischen Gewerkschaftsjugend und Laura Kuttner von den Jungen Sozialdemokraten an.
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