Richter Stefan Erdei lässt Steiner (Bild rechts) reden, der dieses Angebot auch annimmt und genau das tut - ausführlich, geschliffen und gespickt mit Bonmots. Am zweiten Tag des bis Ende August anberaumten Prozesses geht es um Erpressung, angezeigt von Konkurrenten, die sogar einmal unter den Fittichen Steiners zu finden waren. Wie etwa "Versace"...
"Ja, den hat's einmal gegeben am Gürtel, ein Angeberstrizzi mit einem halben Kilo Goldketten. Nicht mein Stil", erklärt Steiner. Angst hätte dieser gehabt, nicht wahrgenommen sei er worden, "und weil 'Rocky' (der ebenfalls angeklagte Dusko R., Anm.) ein gutes Wort für ihn eingelegt hat, hab ich ihn aufgenommen". "In die Familie?", fragt der Richter. "Herr Rat, Familie ist mir ein ernstes Wort. Meine Familie ist tot, ich hab keine!", antwortet Steiner.
"Schutzgeld" nimmt Steiner niemals in den Mund
Rausgeflogen sei "Versace" dann, weil er "ein Mädchen im 'Pour Platin' geschlagen hat. So etwas hab ich nicht geduldet, und 'Versace' hat den sprichwörtlichen Tritt in den Arsch gekriegt. Vor den Mädchen." Dann sei er "übergelaufen" zu Harald H., der rivalisierenden Gürtel-Größe. Und prompt sei die Anzeige gekommen wegen Schutzgeldzahlungen.
"Man bot mir zuvor an, freundlich zu reden. Ich bin keine Prostituierte, ich mache keine freundlichen Nasenlöcher, nicht einmal für 700.000 Euro. Man zahlte aus reiner Nachbarschaftshilfe oder gar nicht." Das Wort "Schutzgeld" nimmt Steiner niemals in den Mund: "Mein Produkt hab ich anständig gemacht. Keine Waffen, keine Drogen, wer sich nicht daran hielt, flog."
"Staat im Staat? Funktioniert hat's!"
Das Ergebnis der "Nachbarschaftshilfe Freies Wien" sei die ruhigste Zeit am Gürtel gewesen: "Mag sein, dass man das als Staat im Staat gesehen hat. Funktioniert hat's auf jeden Fall!" Und die Idee sei schließlich ausgerechnet von einem Gürtel-Urgestein gekommen.
Dass es "Einschüchterungen" gegeben hat, räumt der einstige Rotlichtboss aber doch ein. "Herr Steiner, wenn jemand erschrickt, wenn er sie sieht, ist das kein Unschuldsbeweis", lächelt Richter Erdei. "Aber ein gutes Gewissen ist das beste Mittel gegen Angst", kontert Steiner mit einer fernöstlichen Weisheit.
"Wir sind Dilettanten, was Verbrechen anbelangt"
Nahezu hemmungslos geständig ist der Hauptangeklagte dann für ein Stinkbombenattentat mit Buttersäure auf ein Lokal in Tulln in Niederösterreich: "Das geht nicht, dass ein junger Wilder einen Älteren so zusammenschlägt, dass der ausschaut wie der kleine Bruder von einem Gulasch."
Da musste eine adäquate Antwort sein, "eine milieubedingte Watschn". Also stellte man "ein großes Glas Buttersäure" ab. "Das ist ja nix, was so routinemäßig läuft bei Ihnen", staunt Richter Erdei. Steiner: "Ja, eigentlich eine Schande, eine blöde Tat. Wir sind eben Dilettanten, was Verbrechen anbelangt."
Dafür sei man "lupenreiner Dienstleister" gewesen, was den Schutz gegen Verbrechen anging - sofern man seinen Obulus an die "Nachbarschaftshilfe" leistete. "Das hat sogar das Bundeskriminalamt anerkannt", feixt Steiner. Als es nämlich gegen hereinströmende Russen einen "Kampf auf Leben und Tod" gab, bei dem "auf beiden Seiten viel Blut" floss, "gab es keine Anzeige. Das galt als Akt der Selbstverteidigung, der als 'Trautmann' verfilmt wurde".
Eng für Steiner könnte es nun aber bei den Finanzdelikten werden, denn Buchhaltung gab es bei der "Nachbarschaftshilfe" nämlich nicht.
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